Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Vor einem Berg von Aufgaben

Thema eins für den neuen "Chefberater" in Bangladesch: Korruptionsbekämpfung

Von Hilmar König *

Der neue »Chefberater« der Interimsregierung in Bangladesch, Dr. Fakhruddin Ahmed, hat Mitte der Woche sein Kabinett vervollständigt. Der frühere Gouverneur der Bangladesh Bank und einstige Beamte der Weltbank, seit 12. Januar im Amt, besetzte als erstes zwei Schaltstellen der Macht. Er nahm das Innenministerium, dem die gesamte Sicherheit untersteht, unter Kontrolle und stellte die nationale Wahlkommission unter seine Aufsicht.

Ahmed hat zehn Berater um sich geschart – ein Team aus Technokraten, Beamten, Diplomaten und Offizieren der Polizei und Armee. Angeblich hatte ihn Staatspräsident Iajuddin Ahmed auf Drängen des Militärs in das Amt des Quasi-Premiers gebracht. Das Staatsoberhaupt war am 11. Januar angesichts vehementen öffentlichen Widerstands gegen seinen politischen Kurs vom Posten des Chefberaters zurückgetreten und hatte zugleich den Ausnahmezustand über das Land verhängt. Dieser ist nach wie vor in Kraft. Über 4000 politische Aktivisten sollen inzwischen festgenommen worden sein.

Auf unbestimmte Zeit wurden die ursprünglich für den 22. Januar vorgesehenen Parlamentswahlen verschoben. Politische Beobachter rechnen mit einer Frist von mindestens drei Monaten bis zu einem Jahr. Das Paket zu bewältigender Aufgaben sei einfach zu umfangreich, argumentieren sie. Und es sei an der Zeit, endlich Nägel mit Köpfen zu machen, das politische und Verwaltungssystem zu reinigen, einen strikten Kurs gegen die auf allen Ebenen verbreitete Korruption einzuleiten. Reformen des Wahlsystems und die Umbildung der nationalen Wahlkommission zu einer autonomen Körperschaft stehen ebenso an wie die Entpolitisierung der Justiz. 90 Millionen Wählern sollen Ausweise ausgestellt und das nationale Wählerregister muß gründlich korrigiert werden.

Es bleibt abzuwarten, welche dieser Probleme Fakhruddin Ahmed zuerst in Angriff nimmt und wie konsequent er an deren Beseitigung geht. Viele sehen in ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger einen »unabhängigen, autonomen Chefberater«. Im Kontrast dazu steht freilich die Vermutung, das Miltär dirigiere ihn aus dem Hintergrund. Seine wichtigste Herausforderung bleibt, freie, faire und transparente Parlamentswahlen vorbereiten und durchführen zu lassen. Grundbedingung dafür ist, die beiden rivalisierenden Hauptparteien zur Kooperation zu gewinnen, die linksorientierte Awami-Liga und die konservative Bangladesh Nationalist Party (BNP). Mit beiden stehen Gespräche ganz oben auf der Prioritätenliste Ahmeds. Abdul Jalil, der Generalsekretär der Awami-Liga, die sich für den Boykott der Wahlen am 22. Januar ausgesprochen hatte, erklärte inzwischen: »Wir haben beschlossen, an den Wahlen teilzunehmen. Das ist ein neuer Beginn. Wir hoffen das Beste für die Zukunft.« Von der BNP gibt es bislang keine klare Stellungnahme.

* Aus: junge Welt, 18. Januar 2007


Zurück zur Bangladesch-Seite

Zurück zur Homepage