Oppositionsführerin Sheik Hasina in Haft
Ex-Premierministerin und Chefin der Awami-Liga in Bangladesch festgenommen
Von Hilmar König, Delhi *
Die Vorsitzende der Awami-Liga Bangladeschs, Sheikh Hasina Wajed, wurde am Montag in Dhaka
von der Polizei festgenommen. Am Sonntag hatte Chefwahlkommissar Shamsul Huda vor der
Presse einen »Wahlfahrplan« erläutert.
Gründe für die Verhaftung der prominenten Politikerin teilten die Behörden zunächst nicht mit. Doch
erklärten sie, Frau Wajed würde vorerst für einen Monat in »polizeilichen Gewahrsam« genommen.
Einen Protestversuch von Studenten der Dhaka University würgte die Polizei umgehend ab. Ihr in
den USA lebender Sohn Sajib Wajed äußerte nach einem Telefonat mit seiner Mutter, es handele
sich um eine »Verschwörung«, mit der die Politikerin kaltgestellt werden soll. In den vergangenen
Monaten war ihr Erpressung und Korruption während ihrer Amtszeit von 1996 bis 2001 als
Ministerpräsidentin sowie Schuld am Tod von Demonstranten bei Unruhen im Herbst 2006
vorgeworfen worden.
Sheikh Hasina Wajed wie auch ihre Kontrahentin Begum Khaleda Zia, Präsidentin der Bangladesh
Nationalist Party (BNP) und ebenfalls Ex-Premierministerin, werden von der Interimsregierung unter
»Chefberater« Fakhrudin Ahmed hauptverantwortlich für die politische Krise gemacht. Diese hatte
im Januar zur Bildung der vom Militär unterstützten Interimsregierung, zur Ausrufung des noch
immer bestehenden Ausnahmezustands und zur Verschiebung der eigentlich für den 22. Januar
vorgesehenen Parlamentswahlen geführt. Ahmed hatte beiden Frauen »empfohlen«, ins Exil zu
gehen, und ihre Bewegungsfreiheit einschränken lassen. Im Zuge der von ihm initiierten Kampagne
gegen Korruption sitzen 170 Politiker der Liga und der BNP sowie anderer Parteien in
Untersuchungshaft.
Der mit den Vollmachten eines Premiers ausgestattete »Chefberater« argumentiert, alle diese
Maßnahmen seien unabdingbar für Vorbereitung und Durchführung wirklich freier und fairer
Parlamentswahlen. Zu seinem Konzept gehört auch der »Ratschlag«, die politischen Parteien sollten
sich reformieren. Dieser Prozess hat bereits begonnen und droht sowohl die Awami-Liga als auch
die BNP zu spalten. Chefwahlkommissar Shamsul Huda versicherte am Sonntag, die verschobenen
Wahlen würden »definitiv« vor Dezember 2008 stattfinden. Die Registrierung der Wähler soll noch in
diesem Monat im nördlichen Distrikt Rajshahi erfolgen und dann schrittweise das ganze Land
erfassen.
Laut »Wahlfahrplan« will die Wahlkommission zwischen September und November 2007 einen
Dialog mit den politischen Parteien über Wahlreformen führen. Zuvor jedoch müssten die
innerparteilichen Reformen abgeschlossen sein. Ab Januar 2008 sieht der Fahrplan lokale Wahlen
in den ländlichen und städtischen Gebieten vor. Bis zum Juni 2008 müssen sich alle politischen
Parteien, die sich an den Wahlen beteiligen wollen, bei der Wahlkommission registrieren lassen.
Und bis Oktober 2008 soll ein nationales digitales Wählerverzeichnis mit Foto-Identifikation fertig
sein. Dafür werden 200 000 Helfer in den kommenden Monaten zur Datenerfassung von Haus zu
Haus geschickt. Schließlich kündigte Huda einen neuen Zuschnitt der Wahlbezirke sowie Reformen
der Wahlkommission an. Die Interimsregierung, so betonte er, unterstützte den Fahrplan und werde
sich dazu in den nächsten Tagen äußern.
* Aus: Neues Deutschland, 17. Juli 2007
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