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Todesfalle Textilfabrik

Erneut Unglück in Bangladesch: Acht Menschen sterben durch Feuer / Opferzahl durch Einsturz vor zwei Wochen nun über 1000 *

In Bangladeschs Hauptstadt Dhaka ist es in der Nacht zum Donnerstag erneut zu einem Brandunglück in einem Textilunternehmen gekommen. Die Zahl der Opfer durch den Gebäudeeinsturz vor gut zwei Wochen stieg derweil auf über 1000.

Noch waren in Dhaka nicht alle Leichen aus der im April eingestürzten Textilfabrik geborgen, da ereignete sich am späten Mittwochabend ein neues Unglück in einem Textilwerk. Nach Angaben der Feuerwehr kamen bei dem Brand in einem elfstöckigen Gebäude in Bangladeschs Hauptstadt acht Menschen ums Leben.

Das Feuer soll in einem unteren Stockwerk des Gebäudes in einem Textilbetrieb ausgebrochen sein. Die Opfer starben, als sie durch das Treppenhaus flüchten wollten an giftigen Dämpfen verbrennender Acrylfasern. Darunter war nach Angaben der Polizei der Besitzer der von der Firma Tung Hai betriebenen Fabrik, vier seiner Mitarbeiter und zwei Polizisten. Arbeiter und Arbeiterinnen waren nicht betroffen, da zum Zeitpunkt des Feuers nicht produziert wurde. »Es war ein großer Brand, aber wir konnten ihn auf eine Etage begrenzen«, so der Einsatzleiter der Feuerwehr, Mahbubur Rahman. Die Brandursache war noch unklar.

Zu den Kunden von Tung Hai zählen laut der Homepage des Unternehmens auch die britische Billigmode-Kette Primark und die spanische Marke Inditex, der Mutterkonzern der Kette Zara. Inditex bestätigte, in der Vergangenheit Aufträge an Tung Hai vergeben zu haben. Die Geschäftsbeziehungen seien jedoch abgebrochen worden, nachdem Tung Hais Geschäftsleitung nicht angemessen auf einen Aktionsplan zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen reagiert habe.

Unterdessen wurde die Suche in dem am 24. April eingestürzten Fabrikgebäude Rana Plaza fortgesetzt. Bislang konnten insgesamt 1034 Leichen geborgen werden. Allein in der Nacht zum Donnerstag seien mehr als hundert Leichen entdeckt worden, sagte Brigadegeneral Siddiqul Alam Sikder. Die Bergungsarbeiten sollen laut Sikder heute abgeschlossen werden. Knapp 2500 Menschen konnten lebend geborgen werden. Mittlerweile wurden zwölf mutmaßliche Verantwortliche festgenommen, darunter der Besitzer des Gebäudes.

Bereits am Montag hatte ein Gericht in Dhaka eine zweite Anklage wegen Mordes gegen gegen diesen angenommen. Nach der Polizei hatte auch die Witwe eines beim Einsturz getöteten Arbeiters Klage gegen ihn sowie gegen den Eigentümer der Bekleidungsfirma »New Wave Style« und den Chefingenieur der Kommunalverwaltung von Savar eingereicht. Weitere Klagen waren nach dem geltenden Arbeitsrecht eingereicht worden. Die Ursache des Einsturzes dürften erhebliche bauliche Mängel sein. Die oberen Stockwerke des Rana Plaza waren illegal aufgestockt worden.

In der Fabrik hatte auch der deutsche Textildiscounter Kik Kleidung fertigen lassen. Das Unternehmen räumte den Bezug von Kleidung aus der Fabrik bis kurz vor der Katastrophe ein. Das Unternehmen erklärte nach Medienberichten über Funde von Kik-Kleidung in den Trümmern, dass ein Importeur des Unternehmens bis Jahresanfang dort produziert habe.

»Die Textilfunde stammen aus dieser Zeit«, erklärte KiK am Mittwoch zu einem Bericht des NDR-Magazins »Panorama«. Das Magazin hatte in einem Beitrag das Foto einer Bluse aus der aktuellen Kollektion des Unternehmens gezeigt. Kik blieb bei seiner Darstellung, die Firma habe seit 2008 keine direkten Geschäftsbeziehungen zu der Produktionsstätte gehabt. Die Textilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftszweig in Bangladesch, sie macht 79 Prozent der Exporteinnahmen aus.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 10. Mai 2013


Weitere Textilfabrik ausgebrannt

Wieder Tote in Bangladesch. Protest gegen islamistische Gewalt **

Nach dem verheerenden Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch, bei dem im April knapp 950 Menschen getötet worden waren, hat es in dem südasiatischen Land erneut ein tödliches Unglück in einem Textilwerk gegeben. Bei einem Brand in der Fabrik in der Hauptstadt Dhaka kamen mindestens acht Menschen ums Leben, wie die Behörden mitteilten. Das Feuer brach nach Behördenangaben in der Nacht zum Donnerstag im dritten Stock eines elfstöckigen Gebäudes im Bezirk Darussalam aus, in dem zwei Textilwerke untergebracht waren. Unter den Toten waren laut Polizei keine Arbeiter, da der Brand in der Nacht ausbrach, als die Produktion ruhte. Zu den Opfern zählen demnach der Besitzer der von der Firma Tung Hai betriebenen Fabrik, vier seiner Mitarbeiter sowie zwei Polizisten. Ein achtes Opfer konnte bislang nicht identifiziert werden.

Bangladesch ist der zweitgrößte Bekleidungsproduzent der Welt, im vergangenen Jahr machte der Industriezweig 80 Prozent der Exporte des Landes aus. Die Sicherheitsvorkehrungen in den Textilfabriken sind jedoch mangelhaft – immer wieder gibt es verheerende Katastrophen. Am 24. April war ein Hochhaus, das mehrere Textilfabriken beherbergte, eingestürzt. Zum Zeitpunkt des Unglücks sollen sich etwa 3000 Menschen darin aufgehalten haben. Bislang wurden 947 Leichen aus den Trümmern geborgen, wie die Armee am Donnerstag mitteilte. 2437 Menschen wurden nach offiziellen Angaben lebend geborgen. Zwölf mutmaßliche Verantwortliche wurden festgenommen, darunter der Besitzer des Gebäudes.

Unterdessen hat die Kommunistische Partei des Landes gegen die zunehmende Gewalt durch islamistische Organisationen protestiert. Am vergangenen Wochenende war der Sitz der CPB in Dhaka von Anhängern der religiösen Parteien Hefajote Islam und Dschamaat-e-Islami attackiert worden.Während die in dem Gebäude tätigen Politiker in Sicherheit gebracht werden konnten, setzten die Angreifer das Gebäude sowie mehrere Fahrzeuge in Brand. Am Dienstag verurteilte die Partei bei einer Pressekonferenz vor dem zerstörten Gebäude den Angriff, der eine Antwort der Islamisten auf das Eintreten der Kommunisten für eine säkulare Gesellschaft und für die Bestrafung der Kriegsverbrecher von 1971 gewesen sei.

Im damaligen Unabhängigkeitskrieg hatten islamistische Todesschwadronen, die eine Loslösung Bangladeschs von Pakistan verhindern wollten, Jagd auf Aktivisten gemacht und Tausende ermordet. Am Donnerstag hat nun ein Sondertribunal in Dhaka einen weiteren damaligen Anführer zum Tode verurteilt. Muhammad Kamaruzzaman, der heute stellvertretender Generalsekretär der Dschamaat-e-Islami ist, wurde des Mordes und der Vergewaltigung für schuldig gesprochen. Es war das vierte Urteil des Tribunals, in drei Fällen erhielten führende Köpfe der Partei dabei die Todesstrafe. Mindestens neun Urteil stehen noch aus.

** Aus: junge Welt, Freitag, 10. Mai 2013


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