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Schöngelogen

Aufstand im US-Stützpunkt Bahrain. Der von Clinton behauptete "Fortschritt auf allen Gebieten" wird nun kenntlich

Von Knut Mellenthin *

Vor zwei Monaten war die Welt in Bahrain, einem der kleinsten Staaten der Welt, noch total in Ordnung. Zumindest aus Sicht von US-Außenministerin Hillary Clinton. Im Dezember pries sie in der Hauptstadt Manama den »Fortschritt auf allen Gebieten – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich«, den sie überall in Bahrain wahrzunehmen behauptete. Die US-amerikanische Propaganda war seit Jahren daran gewöhnt, die repressiven Verhältnisse in den Monarchien der Arabischen Halbinsel als große Erfolgsgeschichte einer vorbildlichen Demokratisierung schönzulügen.

Das ist seit dem Beginn der arabischen Aufstandswelle im Januar erheblich schwieriger geworden. In Bahrain nahmen am Freitag mehrere tausend Menschen an den Trauerfeiern für die Opfer der jüngsten Übergriffe der Sicherheitskräfte teil. In der Nacht zum Donnerstag war ein Zeltlager der Oppositionskräfte gewaltsam geräumt worden, wobei fünf Demonstranten getötet und mehr als 200 verletzt wurden. Seither sind im Zentrum von Manama Panzer auf zentralen Straßen und Plätzen postiert. Das Regime verhängte den Ausnahmezustand und verbot alle politischen Kundgebungen.

Mit nur 750 Quadratkilometern ist Bahrain kleiner als Berlin. Der Ministaat hat rund 1,3 Millionen Einwohner, von denen 70 Prozent dem schiitischen Zweig des Islam angehören. Die königliche Großfamilie ist dagegen sunnitisch. Die Sicherheitskräfte bestehen zu einem erheblichen Teil aus Söldnern, die in Pakistan und anderen sunnitischen Staaten angeworben werden. Bahrain hat ein Zweikammerparlament: Das Oberhaus wird vom König ernannt, das Unterhaus hingegen von der Bevölkerung gewählt. Es hat aber keinerlei Machtbefugnisse. Die Regierung wird vom König eingesetzt, Beschlüsse des Unterhauses können vom Oberhaus aufgehoben werden.

Von amerikanischer Seite wurde mit einer gewissen Erleichterung registriert, daß sich die Proteste in Bahrain bisher noch nicht gegen die USA und insbesondere deren starke militärische Präsenz richten. In Manama befinden sich das Hauptquartier und der wichtigste Stützpunkt der 5. Flotte der amerikanischen Kriegsmarine. Gleichzeitig beherbergt das 40000 Quadratmeter große Militärgelände auch das Hauptquartier der gesamten Seestreitkräfte des Kommandos Mitte. Zu diesen gehören neben der 5. Flotte auch noch einige kleinere Kampfgruppen (Task Forces), an denen zum Teil auch Kriegsschiffe anderer NATO-Staaten beteiligt sind. Der Befehlsbereich Mitte umfaßt derzeit das Gebiet von zwanzig Staaten: neben der Arabischen Halbinsel und dem Persischen Golf auch das postsowjetische Zentralasien, das Rote Meer und die Gewässer rund um das Horn von Afrika sowie neuerdings auch Libanon und Syrien. Irak, Iran, Afghanistan und Pakistan gehören ebenfalls dazu.

Einen Verlust ihrer Kriegsbasis am Persischen Golf muß die US-Regierung vorerst nicht fürchten: Bahrain, das aus einer Hauptinsel und einigen Dutzend kleiner Inseln besteht, ist kaum mehr als ein Anhängsel von Saudi-Arabien, mit dem es durch einen 26 Kilometer langen Damm verbunden ist. Für den Fall, daß die Proteste in Bahrain zunehmen sollten, wird allgemein mit einer Intervention der Saudis gerechnet, die selbst mit einer schiitischen Minderheit von zwei Millionen Menschen konfrontiert sind.

* Aus: junge Welt, 19. Februar 2011


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