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Eine Mauer um Australien

Down Under will seine restriktive Flüchtlingspolitik weiter verschärfen

Von Thomas Berger *

Australien will seine Asylpolitik weiter verschärfen. Wie Einwanderungsminister Scott Morrison ankündigte, sollen die Voraussetzungen für ein Asylantragsverfahren deutlich verschärft werden. Nur Flüchtlinge, deren Leben zu Hause eindeutig in Gefahr sei, könnte dann Asyl gewährt werden. Am deutlichsten brachte in der parlamentarischen Debatte die Grünen-Senatorin Sarah Hanson-Young, die sich als flüchtlingspolitische Sprecherin ihrer Partei einen Namen gemacht hat, die Kritik an Morrisons Plänen auf den Punkt. Solange ein Flüchtling nicht nachweisen könne, daß er in seiner Heimat eher erschossen als nicht erschossen würde, könne er keinen Asylantrag stellen, faßte sie die brutale Logik hinter dem Vorstoß zusammen. Ähnlich dramatisch sehen viele Menschenrechtsaktivisten die Lage. Daniel Webb, Direktor des Human Rights Law Centre, wird in den australischen Medien mit der Aussage zitiert, daß somit auch die 49-Prozent-Wahrscheinlichkeit, daheim ermordet oder gefoltert zu werden, keine Schutzbedürftigkeit mehr bedeute, sollte die Gesetzesergänzung beschlossen werden. Auch die sozialdemokratische Labor Party als wichtigste Oppositionskraft sieht in Morrisons Plänen einen gefährlichen Kurs, international geltende Mindeststandards im Umgang mit Flüchtlingen zu untergraben.

Der Minister allerdings gibt sich unbeeindruckt und selbstbewußt. Der Spitzenpolitiker der regierenden Konservativen von Premier Tony Abbott brüstet sich mit dem Umstand, daß es seit sechs Monaten keinem Flüchtlingsboot mehr gelungen sei, an australischen Gestaden zu landen. Die in der Regel vom nördlich benachbarten Indonesien aus startenden, oft überladenen und nur noch bedingt seetüchtigen Fahrzeuge werden schon auf dem Meer gestoppt und zur Umkehr gezwungen. Mehrfach sind die Australier dabei auch in indonesische Hoheitsgewässer eingedrungen, was neben einer Abhöraffäre zu einer zusätzlichen Verstimmung zwischen beiden Ländern geführt hatte.

Der Patrouillengürtel rund um Down Unders Küsten wird jetzt anscheinend noch ausgeweitet. Denn offenbar ist ein aus südindischen Gewässern stammendes Boot mit srilankischen Flüchtlingen an Bord kurz vor Erreichen Australiens der Marine Sri Lankas übergeben worden. 153 Menschen sollen an Bord gewesen sein, darunter etliche Frauen und Kinder in teils bedenklichem Gesundheitszustand, hatten die Zeitungen der unabhängig-liberalen Verlagsgruppe Fairfax in Erfahrung gebracht.

* Aus: junge Welt, Samstag 5. Juli 2014


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