Russland rüstet sich für Kampf um die Arktis
Vizepremier Rogosin sieht Moskaus Souveränität in der Region bedroht
Von Irina Wolkowa, Moskau *
Verliert Moskau den Kampf um die
Arktis, drohe Russland schon zur Mitte
des 21. Jahrhunderts der Verlust
der staatlichen Souveränität. Russlands
Vizepremier Dmitri Rogosin beschwor
mit dieser Aussage am Dienstag
ein düsteres Szenario herauf.
Dmitri Rogosin war vor seiner Erhöhung
zum Vizepremier Russlands
Botschafter bei der NATO.
Und in dem westlichen Militärbündnis
sieht er auch den Hauptgegner
im Kampf um die Naturreichtümer
im Nördlichen Eismeer.
Dort werden mehr
als ein Viertel der weltweiten
Öl- und Gasvorkommen
vermutet. Sobald
die Nordostpassage
infolge der globalen Erwärmung
ganzjährig
eisfrei und damit schiffbar
wird, warnte Rogosin,
werde der Kampf um
die Bodenschätze »völlig
unzivilisierte Formen
annehmen«.
Ganz aus der Luft gegriffen
sind derartige
Befürchtungen nicht. Als
Antwort auf russische
Bemühungen um die
Ausdehnung seiner 200-
Meilen-Wirtschaftszone
im Nordpolarmeer
drohten auch die anderen Polanlieger
– allen voran die USA, Kanada
und Großbritannien – mit der
Formierung eigener Schiffskonvois
für Polfahrten. Auch die NATO will
Verbände in die Region entsenden,
»um die zivile Schifffahrt zu sichern
«. Die sollen sogar mit dem
Lenkwaffensystem Aegis bestückt
werden. Russische Militärs meldeten
bereits ihre Bedenken an: Damit,
so auch Rogosin, würden die
»derzeitigen internationalen Formate
von Sicherheit und Zusammenarbeit
in der Arktis« zerstört.
Für Russland sei es daher
»extrem wichtig«, seine nationalen
Interessen in der Region abzustecken.
Worten folgten bereits Taten.
Die russische Marine hielt im September
in der Kara-See – einem
Randgewässer des Nordpolarmeers
– Manöver ab, bei denen der
»Schutz der nationalen Interessen
Russlands in der Arktis« geübt
wurde. Bis 2015 soll zudem die
Aufstellung einer Arktischen Brigade
der Armee in der Region abgeschlossen
werden. Auch wurden
nach dem Ende der Sowjetunion
1991 stillgelegte Forschungs- und
Wetterstationen in der Arktis wieder
in Betrieb genommen. Und das
Ministerium für Katastrophenschutz
begann bereits mit dem Bau
mehrerer moderner Rettungszentren
in der extrem dünn besiedelten
und bisher kaum erschlossenen
Region. Dazu kommt ein
langfristiges Förderprogramm.
Allein bis 2020 wollen Staat
und Privatwirtschaft rund 1,3 Billionen
Rubel – 33,5 Milliarden Euro
– in die Entwicklung der Arktis
investieren. Schwerpunkt sind
neue Transportkorridore für die
Erschließung und Ausbeutung von
Energievorkommen.
* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 06. Dezember 2012
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