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Arktischer Rat zwischen Durchbruch und Konflikten

Neue Beobachter aufgenommen / Deklaration zur Zusammenarbeit gegen Verschmutzung durch Öl

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Der Abschluss des schwedischen Vorsitzes des Arktischen Rates ist von Erfolgen, aber auch Interessengegensätzen der Mitglieder gekennzeichnet.

Die fünf nordischen Länder sowie die USA, Kanada und Russland einigten sich im nordschwedischen Kiruna, sechs Ländern den Beobachterstatus zu gewähren. China, Indien, Japan, Südkorea, Singapur und Italien können in Zukunft die Arbeit des Rates verfolgen, ohne aber Stimme oder Redezeit bei Tagungen zu haben.

Die nordischen Länder hatten sich für einen Beobachterstatus stark gemacht, um potenziell wichtige Partner bei der wirtschaftlichen Erschließung und Nutzung künftiger Schifffahrtsrouten an die Einhaltung beschlossener Spielregeln zu binden. Offenheit bei der Beschlussfassung und die Positionen von Parteien außerhalb der Arktis zu kennen, lag ihnen am Herzen.

Gleichzeitig müssen sie aber eine Niederlage quittieren, denn ein ständiger Beobachterstatus der EU scheiterte insbesondere am Widerstand Kanadas. Es bleibt beim Status vorläufiger Beobachter. Immerhin beschloss der Rat einen Regelsatz, unter welchen Bedingungen ein Land oder eine Organisation Beobachter werden kann. Beim kanadischen Widerstand geht es nur zum Teil darum, einen möglichen Konkurrenten draußen zu halten. Hauptgrund ist das seit 2009 bestehende Einfuhrverbot von Robbenpelzen in die EU, das dem Jagdgewerbe des kanadischen Nordens einen Absatzmarkt nahm. Aus diesem Grunde gab es auch Vorbehalte Grönlands, das innerhalb der dänischen Delegation vertreten ist.

Die grönländischen Vertreter nahmen nicht an der Tagung teil. Damit wollten sie gegen die schwedische Praxis protestieren, die Vertreter der autonomen Färöer und Grönlands buchstäblich in die zweite Reihe statt wie üblich an den Verhandlungstisch zu setzen

Im Kern geht es darum, ob nur die Staaten oder auch die ursprünglichen Völker der Arktis Beschlüsse des Rates diskutieren sollen. Die grönländische Regierungschefin Alequa Hammond kündigte an, erst nach Aufhebung der neuen Praxis wieder an Tagungen teilnehmen zu wollen.

Die Autonomieregierung demonstrierte gewachsenes Selbstvertrauen. Sie hat in den letzten Jahren mit dem Einverständnis der dänischen Regierung direkt mit den asiatischen Wachstumsländern über Export- und Investitionsmöglichkeiten verhandelt und hochrangige Wirtschaftsdelegationen empfangen und ausgesandt.

Über die politischen Weichenstellungen der Zukunft hinaus beschloss der Arktische Rat seine zweite politisch bindende Deklaration. Darin geht es um die Bekämpfung von Ölverschmutzung im weitesten Sinne.

Die Mitglieder vereinbarten Informationspflicht zu Ölverunreinigungen jeglicher Art sowie Zusammenarbeit bei deren Bekämpfung. Dies ist ein wichtiger Schritt, der jedoch beispielsweise von Greenpeace als unzureichend kritisiert wird.

Der Arktische Rat entstand als Forum der Zusammenarbeit der arktischen Länder in Umweltfragen. Dazu waren hatte der Rat mehrere Untersuchungen in Auftrag gegeben. Hier ging es um den Status von Fauna und Flora der Arktis, den Einfluss von Umweltgiften wie Quecksilber oder Rußpartikeln, die beim Verbrennen von Schiffstreibstoff entstehen, sowie die Versäuerung des Meereswassers durch die Aufnahme von CO2. Diese Berichte sollen Grundlage internationaler Zusammenarbeit beim Schutz der empfindlichen arktischen Umwelt werden. Die Erteilung des Beobachterstatus für die asiatischen Industrienationen, deren Mitarbeit dabei notwendig ist, muss auch vor diesem Hintergrund gesehen werden.

Der Arktische Rat kann die diesjährige Tagung als seinen internationalen Durchbruch betrachten. Er muss aber konstatieren, dass seine Mitglieder unterschiedliche Positionen verfechten. Ihr gemeinsamer Wunsch, arktische Angelegenheiten allein regeln zu wollen, wird sich langfristig nicht durchsetzen lassen. Dies hat man in den nordischen Hauptstädten verstanden, was in Moskau, Washington und Ottawa noch auf sich warten lässt.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 17. Mai 2013


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