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Rohstoffsicherung mit "Africom"

Das US-Oberkommando in Afrika ist im September funktionsbereit

Von Werner Ruf *

Das Pentagon ist dabei, in Afrika einen Standort für das US-Oberkommando »Africom« festzulegen. Es soll im September operationsfähig sein.


Kurzfristig schienen die mörderischen Anschläge im April auf den Regierungssitz und eine Polizeistation mit über 30 Toten und weit über 100 Verletzten die innige Verbundenheit der US-Regierung mit den Machthabern in Algier erheblich gestört zu haben: Algerien protestierte scharf gegen einen Hinweis auf der Website der US-Botschaft, die weitere schwere Attentate ankündigte. Der Geschäftsträger der Washingtoner Botschaft wurde ins Außenministerium einbestellt, Premierminister Belkhadem, der auch Generalsekretär der früheren Einheitspartei FLN ist, sprach öffentlich von einer »unzulässigen Einmischung in die inneren Angelegenheiten« Algeriens und von »Manipulation«. Die Vorsitzende der (trotzkistischen) Partei der Arbeit, Louisa Hanoun, erklärte, die Attentate seien vom Ausland gesteuert gewesen, und gab zu verstehen, dass dahinter nur die USA stecken könnten. Die angekündigten Anschläge ereigneten sich nicht.

Dennoch bestand in einem Punkt Einigkeit: Die im Januar als Nachfolgerin der dubiosen »Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf« (GSPC) proklamierte »Al Qaida im Islamischen Maghreb« wurde flugs als Urheberin der Anschläge in der algerischen Hauptstadt ausgemacht. Ihre Existenz rechtfertigt weiterhin den Schulterschluss zwischen Algier und Washington im »Antiterrorkampf«.

Zugleich dient sie den USA als Begründung für die beschleunigte Einrichtung des direkt dem Pentagon unterstellten US-Oberkommandos »Africom«, das nicht mehr vom US-Oberkommando in Stuttgart abhängig sein soll, wie Verteidigungsminister Robert Gates im Februar dieses Jahres erklärte. Nun hat Ryan Henri, stellvertretender Unterstaatssekretär für politische Angelegenheiten des Pentagon, sechs afrikanische Länder bereist, um den Ort für die Etablierung dieses Oberkommandos festzulegen, das im September operationsfähig sein soll.

Die relative Distanzierung Algiers von den USA mag als Signal gewertet werden und muss nicht dauerhaft sein. Sie ordnet sich aber in die regionale Großmachtstrategie Algeriens ein: Nachdem Russland im vergangenen Jahr zu verstehen gegeben hat, es könne seine Energieressourcen auch als politisches Druckmittel einsetzen, stieg das Interesse der Europäer am Erdgasexporteur Algerien. Bereits jetzt beziehen die EU-Staaten über Pipelines via Tunesien nach Italien und via Marokko nach Spanien, aber auch durch Flüssiggas-Transporte zwölf Prozent ihrer Erdgasimporte aus Algerien. Aus Russland sind es derzeit 28 Prozent. Im Januar 2007 beschlossen die algerische SONATRACH und die russische Gasprom eine enge Zusammenarbeit bei der Förderung und Vermarktung von Erdgas, die Presse spekulierte über die bevorstehende Bildung einer »Gas-OPEC«. Und es dürfte kein Zufall sein, dass Ende 2006 bzw. Anfang 2007 Bundesaußenminister Steinmeier und Bundeswirtschaftsminister Glos Algier offizielle Besuche abstatteten. Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen auf ihrem Gipfeltreffen im März eine Energiepartnerschaft mit Afrika.

Im Wettlauf der Großen um die Energiesicherung zeigt sich ein gefährliches Spiel: So brauchen die USA zur Rechtfertigung ihrer militärischen Strategie im – auch den Sahel umfassenden – »Greater Middle East« eine reale Bedrohung durch den Terrorismus, der sich als Folge der brachialen Außenpolitik der Bush-Administration letztlich wohl einstellen wird. Ob demgegenüber eine »zivilere« Strategie der EU die Oberhand gewinnen kann, bleibt zweifelhaft – wenn dies denn überhaupt gewollt wird. Die Hinweise in der Europäischen Sicherheitsstrategie, aber auch im deutschen Verteidigungsweißbuch auf die Notwendigkeit der, notfalls auch militärischen, Ressourcensicherung sind deutlich genug. Das Dilemma ist: Sind terroristische Gruppen erst einmal aktiv, werden sie die feinen Unterschiede ausländischer Dominanz nicht immer beachten, und die EU läuft Gefahr, wie in den Kriegen im Mittleren Osten zur Geisel der USA und ihrer mittels des »Krieges gegen den Terror« betriebenen Ressourcensicherung zu werden.

* Aus: Neues Deutschland, 4. Mai 2007


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