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Massaker in Algerien 1998

Das Bekanntwerden der fürchterlichen Massaker in Algerien, denen zu Beginn des Jahres teilweise mehrere hundert Menschen zum Opfer fielen, schreckte die Weltöffentlichkeit ein wenig auf. Hatte doch das putschistische Militärregime, das im Januar 1992 die ersten demokratischen Wahlen in Algerien abgebrochen hatte, immer wieder erklärt, den verbleibenden "Restterrorismus" ausrotten zu wollen. Sowohl die EU-Troika als auch das Europa-Parlament entsandten Delegationen nach Algier, die jedoch schon im Vorfeld ihres Besuchs auf eigene Recherchen nach den Urhebern der Massaker verzichteten und sich die Sprachregelung der Militärs weitgehend zu eigen machten, wonach "die Islamisten" die Alleinschuld für die Massenmorde hätten. Etwas kritischer, in der Tendenz jedoch ähnlich fiel der Bericht der vom Generalsekretär der Vereinten Nationen im Juli nach Algier entsandten Delegation aus. - Die Lage im Land selbst wird immer undurchsichtiger: Das Regime hat das staatliche Gewaltmonopol aufgelöst und ca. 200.000 "Patrioten" zur Selbstverteidigung bewaffnet. Diese führen nun auf eigene Rechnung Krieg, bisweilen stehen sie im Solde von Größen des Regimes. Der Terror selbst macht durchaus auch ökonomisch Sinn: Aufgrund der Auflagen des Internationalen Währungsfonds sind Industrie und Landwirtschaft zu privatisieren. Die Vertreibung der Landarbeiter und die Zerstörung der Fabriken machen es möglich, dass die staatstragenden Figuren das Land, von dem die Landarbeiter vertrieben sind, und die z.T. niedergebrannten Fabriken billig vom Staat erwerben. Dabei verschärfen sich die Kämpfe, die die Barone des Regimes hinter den Kulissen austragen. Darauf lassen der für Februar 1999 angekündigte vorzeitige Rücktritt des Präsidenten-Generals Zeroual ebenso schließen wie die Entmachtung seines wichtigsten Ratgebers, des früheren Geheimdienstchefs General Betchine.

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