Déjà-vu auf dem schwarzen Kontinent
Bilanz der Afrikareise von Hillary Clinton - Analysten sehen strategische Interessen im Vordergrund
Von Hans-Georg Schleicher *
In Washington werden die Ergebnisse der Afrikareise von
US-Außenministerin Hillary Clinton bilanziert. Die elftägige Tour führte
sie nach Kenia, Südafrika, Angola, in die Demokratische Republik Kongo,
nach Nigeria, Liberia und den Kapverden.
Im Township bei Kapstadt legte Hillary Clinton Hand an bei einem
Wohnungsbauprojekt, im ostkongolesischen Goma besuchte sie ein
Flüchtlingscamp, sie diskutierte mit afrikanischen Studenten und traf
Nelson Mandela. Da gab es manches Déjà-vu-Erlebnis für die
US-amerikanische Außenministerin. Bereits vor zwölfJahren hatte sie -
damals als First Lady - eine solche Tour unternommen und das
Afrika-Engagement der Clinton-Administration demonstriert, das dann 1998
in einer Reise des Präsidenten und mit seiner Afrika-Initiative ihren
Höhepunkt fand.
Diesmal unterstrich die US-amerikanische Außenministerin zum Beginn
ihrer Tour in Nairobi auf einer Afrika-Konferenz das enorme Potenzial
des Kontinents, eine Aussage, auf die sie immer wieder zurückkam.
US-Präsident Obama hatte bei einem Kurzbesuch in Ghana verkündet, die
Menschen in Afrika verdienten bessere Lebensbedingungen. Hillary Clinton
vertiefte diese Botschaft. In politischen Spitzengesprächen eher
diplomatisch und konziliant, aber auch dort schon mal mit einer klaren
Sprache, übte sie Kritik vor allem in öffentlichen Veranstaltungen. Sie
geißelte Korruption und schlechte Regierungsführung, mahnte
demokratische Reformen und Einhaltung der Menschenrechte an und lobte
Fortschritte, wo sie solche registrierte. Als Maßstab legte sie
westliche Wertvorstellungen an, vor allem »Gute Regierungsführung«. Da
war es schon erfrischend, wie Südafrikas Außenministerin Maite
Nkoana-Mashabane reagierte. Sie demonstrierte afrikanisches
Selbstbewusstsein und sprach von Erwartungen an die USA - Unterstützung
von Reformen in der internationalen Arena, sie nannte die überfällige
UN-Reform und eine Transformation von Weltbank und Währungsfonds,
erwähnte die Zwei-Staaten-Lösung in Nahost und wies auf Abrüstung,
Wirtschaftskrise und Klimawandel hin.
Die wirtschaftlichen und politischen Interessen Washingtons wurden durch
die Auswahl der Reiseländer unterstrichen - unter ihnen die größten
Ölproduzenten des Kontinents, wichtige Rohstofflieferanten und einige
Staaten im Prozess der Konfliktbewältigung. Das alles vor dem
Hintergrund einer für Afrika veränderten geostrategischen Lage - China
bemüht sich in einer »neuen strategischen Partnerschaft« vor allem um
Rohstoffe und Energieträger Afrikas, Staatschef Hu besuchte bereits vor
zwei Jahren den Kontinent. Auch Russland meldete sich mit der jüngsten
Reise seines Präsidenten Medwedjew dort zurück. Damit vergrößert sich
der politische und ökonomische Handlungsspielraum afrikanischer Staaten.
Also war es nur logisch, dass Hillary Clinton sich vor allem um die
Stabilisierung der US-Beziehungen zu politischen und wirtschaftlichen
Schwergewichten wie Südafrika, Angola und Nigeria bemühte - mit
Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl. Mit Südafrikas neuem Staatschef
Jacob Zuma soll es eine enge Zusammenarbeit geben. Wichtig war Angola,
wo die USA im Bürgerkrieg die Rebellen der UNITA unterstützt hatten.
Hier gab es konkrete wirtschaftliche Vereinbarungen. Wenig war bei
dieser Reise über militärstrategische Interessen der USA zu erfahren.
Immerhin sagte Clinton dem somalischen Präsidenten Sheikh Sharif Achmed
in Nairobi eine Verdoppelung der Waffenlieferungen im Kampf gegen
islamische Fundamentalisten zu.
Clintons Afrikareise war eine Tour des guten Willens mit viel
Atmosphäre, dagegen gab es wenig Handfestes, einige Abkommen wurden
unterzeichnet, einige Hilfszusagen gemacht. Eine große Afrikainitiative,
wie von manchem erwartet, blieb aus - zunächst. Die Reise selbst so kurz
nach Clintons Amtsantritt war die eigentliche Botschaft - Afrika steht
oben auf der Tagesordnung in Washington, der Kontinent wird ernst
genommen. Aus Eigeninteresse und nicht aus Altruismus, wie es der
kenianische Beobachter Gitau Warigi auf den Punkt bringt: »Es geht um
strategische Interessen«.
* Aus: Neues Deutschland, 18. August 2009
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