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Hoffen auf Asien

Afrikagipfel in Tokio. Staatschefs des Kontinents setzen auf Zunahme von Wirtschaftsallianzen

Von Suvendrini Kakuchi (IPS)

Der diesjährige Afrika-Gipfel in Tokio hat unter den angereisten Spitzenpolitikern aus 50 afrikanischen Staaten, darunter 23 Präsidenten, für Aufbruchstimmung gesorgt. Angesichts des wachsenden Unwillens westlicher Länder Hilfe zu leisten und gleichberechtigte Wirtschaftsbeziehungen zu etablieren, setzen zahlreiche Regierungen des schwarzen Kontinents jetzt ihre Hoffnungen auf eine Zunahme der Wirtschaftsallianzen im asiatischen Raum und eine Ausweitung der afrikanisch-asiatischen Zusammenarbeit.

Der Erfolg der Internationalen Tokio-Konferenz über Afrikas Entwicklung (TICAD) vom 29. September bis 1. Oktober werde nun, wie Südafrikas Staatspräsident Thabo Mbeki erklärte, daran zu messen sein, »wie weit es uns in den nächsten fünf Jahren gelingt, mehr Hilfe zu erhalten und unsere Handelsbeziehungen mit Japan auszuweiten«.

An dem Treffen, das seit 1983 alle fünf Jahre stattfindet, nahmen außerdem Vertreter von 39 sogenannten Geberländern sowie von multilateralen Organisationen wie Weltbank, UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) und Global Coalition of Africa teil.

»Obgleich die statistischen Trends auf eine dunkle Zukunft Afrikas hindeuten, hat uns TICAD zu neuen Impulsen verholfen« beschrieb Gabuns Staatsoberhaupt Omar Bongo die zuversichtliche Stimmung der afrikanischen Konferenzteilnehmer. Ibrahim Gambari, Stellvertreter des UN-Generalsekretärs und Sonderbeauftragter für Afrika, betonte: »Auch wenn hier nicht alle Wünsche der Afrikaner erfüllt wurden, ist es wichtig, daß die internationale Gemeinschaft uns auf solchen großen Konferenzen ihre Unterstützung bekräftigt.«

Besonders beeindruckt zeigten sich die Vertreter Asiens von der afrikanischen Selbsthilfe-Initiative »Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung« (NEPAD). Da westliche Länder in jüngster Zeit ihre Entwicklungshilfe für Afrika deutlich zurückgefahren haben – nach Angaben der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sank sie von 969 Millionen US-Dollar im Jahr 2000 auf 851 Millionen in 2001 – setzen nun die Afrikaner große Hoffnungen auf eine verstärkte Investitionsbereitschaft und auf mehr Technologietransfer aus dem asiatischen Raum.

Auf einer Sondersitzung der Konferenz diskutierten Delegierte aus China, Pakistan, Thailand und Vietnam bereits mit Vertretern Afrikas über Handel und Investitionen. NEPAD, so Nitya Pibulsonggram vom thailändischen Außenministerium, werde es asiatischen Ländern leichter machen, in Afrika zu investieren. Für Anfang nächsten Jahres kündigte er in diesem Zusammenhang einen Afrika-Besuch des thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra an.

Japan, das weltweit zweitwichtigste Geberland von Entwicklungshilfe, hatte seine, die zur Hälfte immer noch anderen asiatischen Ländern zugute kamen, zwischen den Jahren 2000 und 2001 von 10,1 auf 11,4 Prozent aufgestockt. In Tokio sagte Japan für die nächsten fünf Jahre Entwicklungshilfe im Gesamtumfang von rund einer Milliarde US-Dollar zu. Für Investitionen in Afrika und für eine im nächsten Jahr geplante Konferenz über afrikanische Investitionen sind 300 Millionen US-Dollar vorgesehen.

Die Asien-Exporte afrikanischer Länder südlich der Sahara haben einer Weltbank-Studie zufolge zwischen 1990 und 2001 im Durchschnitt um jährlich 11,06 Prozent zugelegt, während der Export nach Europa lediglich um durchschnittlich 1,24 Prozent anstieg. Geliefert wurden überwiegend Agrarprodukte und Rohstoffe.

An einer Entwicklung der Agrarwirtschaft sind Afrika und Asien gleichermaßen interessiert. »Es ist wichtig, den Bauern zu helfen«, betonte der Direktor des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, Mohamed Beavogui. »Sie stellen 70 Prozent der in ländlichen Gebieten lebenden Bevölkerung.«

Der Afrika-Gipfel in Tokio hatte erstmals auch Vertreter von zehn afrikanischen und japanischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) eingeladen. Sie kamen zu Wort, als sich die Konferenz mit der Lösung afrikanischer Konflikte, einer verbesserten Sicherheitslage der Bevölkerung und der epidemischen Ausbreitung von HIV/AIDs befaßte. Die Delegierten bekräftigten immerhin den wichtigen Beitrag, den die Aktivisten bislang schon geleistet haben. Eine so wichtige Frage aber wie die stärkere Unterstützung der Kleinbauern und deren verbesserter Marktzugang sei bislang noch nicht diskutiert worden, kritisierte Nuno Miguel von der NGO »KULIMA«, die sich für die ländliche Entwicklung in Moçambique engagiert. Diese existentielle Frage, hervorgerufen und verstärkt durch die Subventionierung der eigenen Landwirte in den entwickelten kapitalistischen Staaten, war bereits eine der Ursachen für das Scheitern der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im September im mexikanischen Cancún. Auch so akute Probleme wie Hunger und Flüchtlingselend vermißte der Aktivist auf der TICAD-Agenda.

Aus: junge Welt, 06.10.2003


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