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Afrikas große Freihandelszone rückt näher

Innerafrikanischer Handel soll gestärkt werden

Von Armin Osmanovic *

Nach mehr als 50 Jahren Unabhängigkeit dominiert der Handel mit Europa und den USA Afrikas Wirtschaft weiter. Nun wollen 26 Staaten eine Freihandelszone gründen.

Von Kairo bis zum Kap soll die Freihandelszone reichen, die 570 Millionen Menschen sowie ein BIP von 450 Milliarden Euro einschließen soll. Beschlossen werden soll die Freihandelszone Mitte des Jahres auf einem Dreier-Gipfel der Wirtschaftsgemeinschaften SADC (Südafrikanische Entwicklungs- und Wirtschaftsgemeinschaft), EAC (Ostafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) und Comesa (Gemeinsamer Markt für Ost- und Südafrika) in Südafrika. Damit endlich der Wirtschaftsaustausch innerhalb Afrikas wächst, will die SADC sogar eine Zollunion auf den Weg bringen, um die Ein- und Ausfuhren zu erleichtern. Im August diesen Jahres soll in Luanda, Angola, auf dem Gipfel der SADC der Beschluss darüber fallen.

Die westliche Dominanz hat sich durch die neuen Mächte China, Indien und Brasilien in den vergangenen Jahren zwar abgeschwächt, dennoch ist es den afrikanischen Ländern kaum gelungen den Handel zwischen ihnen zu intensivieren. Die Ursachen reichen von der schlechten Verkehrsinfrastruktur bis zu den langwierigen Grenzkontrollen. Vor allem ist aber die einseitige Wirtschaftsstruktur der einzelnen Länder verantwortlich. Ihre Exporte sind von wenigen Rohstoffen geprägt. Land- und forstwirtschaftliche Produkte und Mineralien, die Hauptexportgüter Afrikas, werden zumeist ohne Weiterverarbeitung nach Europa, den USA und Asien transportiert. Industriellen Austausch und innerafrikanische Produktionsketten findet man so gut wie nicht.

So exportiert Burkina Faso, dessen überwiegende Mehrheit von Subsistenzwirtschaft lebt, im Wesentlichen nur drei Produkte: Baumwolle, tierische Erzeugnisse und Gold. Auch hier sind die Abnehmer vor allem Europa, die USA und Asien und zu einem geringeren Teil die benachbarten Staaten, die Fleisch abnehmen.

Im einzigen Industrieland auf dem Kontinent sieht es nur wenig anders aus. Südafrikas Handel mit Afrika hat seit dem Ende der Apartheid zwar zugenommen, umfasst aber noch immer nur zwölf Prozent. Auch am Kap dominiert die Handelsverflechtung mit Europa, den USA und Asien.

Zurückzuführen ist die gewachsene Handelsverflechtung mit den anderen afrikanischen Ländern vor allem auf Südafrikas wachsende Industrie- und Landwirtschaftsgüterexporte in die Region. Auf der Importseite dominieren hingegen vor allem die Ölimporte. Südafrikas wichtigste Handelspartner innerhalb des Kontinents sind denn auch die Ölförderländer Angola und Nigeria.

Südafrikas Wirtschaft erhofft sich von den neuen Handelsvereinbarungen, der großen Freihandelszone und der Zollunion, neue lukrative Geschäfte. Auch Südafrikas Gewerkschaften, die einer Liberalisierung des Handels kritisch gegenüber stehen, da sie durch die billige Konkurrenz aus Asien weitere Arbeitsplatzverluste in der Textilindustrie befürchten, stehen dem Projekt nicht ablehnend gegenüber. Auch hier erwartet man sich von einer engeren wirtschaftlichen Verknüpfung mehr Wachstum und Beschäftigung.

In vielen afrikanischen Ländern wird dies anders gesehen. Hier fürchtet man schon heute die wirtschaftliche Übermacht südafrikanischer Konzerne, allen voran Südafrikas Supermarktketten Shoprite, Pick and Pay und Massmart, die an vielen Orten neue Supermärkte eröffnen und mit Südafrikas Produkten bestückt die lokalen Anbieter verdrängen.

* Aus: Neues Deutschland, 23. März 2011


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