Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Das Geschäft mit den Diamanten

De Beers legt blendende Bilanz vor

Im ersten Halbjahr 2000 Diamanten im Wert von einer Milliarde Dollar verkauft - die Zwischenbilanz von De Beers, diese Woche in Johannesburg verkündet, kann sich sehen lassen: So viel hat der südafrikanische Diamantenmulti noch nie in seiner bald hundertjährigen Geschichte verdient.

Doch nicht nur die Konkurrenz fragt argwöhnisch, ob es bei den Geschäften so koscher zugegangen ist, wie die Manager von De Beers vorgeben. Der Monopolist - seine Aufkauforganisation kontrolliert zwei Drittel des Welthandels - muss sich gegen den Vorwurf wehren, durch die lukrativen Deals mit Edelsteinen drei der schlimmsten Kriege in Afrika zu verlängern. Zum Beispiel in Sierra Leone: Die Banditen der Revolutionary United Front (RUF), die seit neun Jahren die Bevölkerung terrorisieren, finanzieren ihren Feldzug ausschließlich durch den Verkauf von Diamanten. Ihr Gewinn betrage bis zu 120 Millionen Dollar pro Jahr.

Schätzt jedenfalls Richard Holbrooke, der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. De Beers hält diese Zahl für übertrieben: Nur zwei Prozent der global gehandelten Diamanten stamme aus Konfliktgebieten.

Verständlich, dass der mächtige Konzern Statistiken über die so genannten "Blutdiamanten" herunterspielt: Er war durch seine undurchsichtigen Operationen immer wieder ins Zwielicht geraten. In Angola kauften seine Agenten klammheimlich bei Jonas Savimbi und seiner Unita ein. So konnte eine ebenso grausame wie gierige Rebellenhorde ihren vermeintlichen Befreiungskampf gegen das Regime in Luanda jahrzehntelang fortsetzen.

US-Diamantenkönig

Den Kontakt zu Savimbi haben vermutlich die Mittelsmänner von Maurice Tempelsmann hergestellt, dem schillernden Diamantenkönig aus den USA. Das geht jedenfalls aus einem jüngst veröffentlichten Dokument hervor, das dem südafrikanischen Diamantenverband zugespielt wurde. Tempelsman ist einer von De Beers 125 "sightholders", einer jener ausgewählten Großhändler mit exklusiven Zugang zur edlen Ware. In seinen Diensten stand ein gewisser John Stockwell, ein CIA-Mann, der die Unita regelmäßig mit Waffen versorgte. Auch Larry Devlin, Tempelsmans Vertreter in rohstoffreichen Zaire (dem heutigen Kongo), arbeitete für den US-Geheimdienst; er soll die Ermordung von Staatschef Patrick Lumumba geplant und dem Großkleptokraten Mobutu Sese Seko zur Macht verholfen haben.

Mit derartigen Geschäfte will De Beers fortan nichts mehr zu tun haben: Der Marktführer hat sich unlängst eine neue Firmenethik verpasst und will künftig nur noch mit "clean stones" handeln, also mit sauberen, zertifizierten Steinen, deren Herkunft bekannt ist. Einen Kriegsverbrecher wie Jonas Savimbi beunruhigt das nicht. Seine Geschäfte laufen trotz der Boykottaufrufe der Vereinten Nationen buchstäblich glänzend, denn aus den unübersichtlichen Kampfzonen führen zahllose Schmuggelpfade, die keine Macht der Welt kontrollieren kann und will.

Bislang sind alle ehrenwerten Versuche, den Handel mit Edelsteinen aus Konfliktgebieten zu unterbinden, gescheitert. Die Profite der Rebellen in Sierra Leone haben sich nach dem offiziellen Abzug von De Beer keineswegs verringt. Dafür sorgt Charles Taylor, der Präsident des Nachbarlandes Liberia; er gilt als klandestiner Financier der RUF. Motto: Klunker gegen Kalaschnikovs. Dann ist da auch noch die Ehefrau des inhaftierten Rebellenführers Fodah Sankoh - der sich durch die Methode des Handabhackens seiner Gegner einen Platz im Olymp der Schwerverbrecher gesichert hat - die in den Vereinigten Staaten einen ebenso regen wie unanständigen Handel mit Blutdiamanten betreibt.

Unlängst wurde die feine Dame sogar in Johannesburg gesehen, obwohl sie in Südafrika Einreiseverbot hat. Es hieß, hochvermögende Herren aus der Wirtschaft hätten ihr zu dem Entree verholfen. Böse Zungen mutmaßen, es könne sich nur um Vertreter von De Beers gehandelt haben.
Aus: Der Stadard, 18.08.2000

Zurück zur Afrika-Seite

Zurück zur Seite "Regionen"

Zurück zur Homepage