OAU-Gründungsakte verabschiedet
Doch Afrikas Einheit ist in weiter Ferne
Die Organization of African Unity (OAU) hat auf ihrem 36. Gipfeltreffen in Togos Hauptstadt Lomé über weitere Schritte gesprochen, das Projekt einer Afrikanischen Union voran zu bringen. Immerhin verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs aus 33 afrikanischen Staten eine Art "Gründungsakte" der neuen Union.
Nach den bisher bekannte gewordenen Einzelheiten lehnt sich das Dokument eng an den Entwurf an, auf den sich die Außenminister der OAU an ihrem Sondertreffen in Tripolis Anfang Juni bereits geeinigt hatten. Darin war z.B. von der Einsetzung eines afrikanischen "Parlaments" die Rede, ohne dass allerdings konkrete Übereinkunft über Mandatsdauer, Wahlmodus oder Zahl der Parlamentssitze erzielt worden wäre. Auch die dem afrikanischen Parlament zugewiesenen Kompetenzen bleiben bescheiden und beschränken sich auf Empfehlungen. Gesetzgeberische Vollmachten sind offenbar bislang nicht vorgesehen.
Weiter war im Text der Außenminister die Schaffung eines Afrikanischen Gerichtshofes, einer Afrikanischen Zentralbank, eines Afrikanischen Währungsfonds und einer Afrikanischen Investitionsbank erwähnt worden.
Oberstes Entscheidungsorgan der Afrikanischen Union soll eine Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten sein. Für verbindliche Beschlüsse der Konferenz muss eine Zweidrittelmehrheit erzielt werden. Das ausführende Organ der Konferenz soll ein "Exekutivrat" sein, dessen Zusammensetzung aber auch nicht weiter erläutert wird. Der Exekutivrat soll die gemeinsame afrikanische Politik vor allem in den Bereichen Handel, Transport, Industrie, Erziehung und Umwelt formulieren. Neben dem Exekutivrat gibt es noch eine "Exekutivkommission", eine Art Sekretariat der Afrikanischen Union.
Die Gründungsakte der Afrikanischen Union tritt in Kraft, wenn sie von mindestens zwei Dritteln der Unterzeichnerstaaten ratifiziert worden ist. Nach dem Fahrplan, der am Sondergipfel der OAU im September 1999 in Sirte (Libyen) verabschiedet worden war, soll die Ratifizierung der Gründungsakte zügig durchgeführt werden, damit noch im Jahr 2001 die Gründungsversammlung der Afrikanischen Union stattfinden kann.
"Sofern die Gründungsakte nicht noch kräftig überarbeitet wird, läuft die Afrikanische Union auf kaum mehr als auf eine Neuauflage der OAU hinaus", schreibt die Neue Zürcher Zeitung (13.07.00) Die taz mokiert sich über das "relativ magere Ergebnis" des Gipfels. Damit habe die "treibende Kraft" des Projekts Afrikanische Einheit, Libyens Staatschef Gaddafi, einen "Dämpfer" erhalten. Die taz erinnert auch daran, dass die OAU bereits 1991 dir Gründung einer Afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft beschlossen habe, die aber bis heute nicht von einer ausreichenden Anzahl von Staaten ratifiziert worden sei und somit nur auf dem Papier existiere. Der Afrikanischen Union wird ein ähnliches Schicksal vorhergesagt. Auf keinen Fall dürften die optimistischen Pläne, die Afrikanische Union noch im Jahr 2001 auszurufen, Wirklichkeit werden.
Als Bremser der Afrikanischen Union gelten die so genannten "Schwergewichte" des Kontinents, das sind vor allem Ägypten, Südafrika, Nigeria und Kenya. Sie weigern sich, nationale Kompetenzen abzugeben und einer panafrikanischen Institution zu übertragen. In der von den OAU-Außenministern entworfenen Gründungsakte wurden denn auch die etablierten Prinzipien der OAU bekräftigt: Mitgliedstaaten sind gleich, souverän und unabhängig; keiner darf sich in die inneren Angelegenheiten eines andern Mitglieds einmischen. Südafrikas Präsident Thabo Mbeki wird mit den Worten zitiert: "Als wir begannen, die Details anzugucken, wurde es klar, dass man in Etappen vorgehen muss. Man kann nicht so vorgehen, als läge das Schicksal von Ländern einfach in der Gewalt von Staatschefs." Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich skeptisch über das Projekt und plädiert stattdessen für die wirtschaftliche Integration des Kontinents.
Bei so viel Skepsis und Häme erscheint es angebracht darauf hinzuweisen, dass Afrika eine größere politische Geschlossenheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit dringend braucht. Kein Interesse daran haben die entwickelten Industriestaaten, die lieber mit 53 schwachen afrikanischen Staaten handeln und verhandeln als mit einer Union, die z.B. in wichtigen entwicklungspolitischen Fragen mit einer Stimme zu sprechen begänne.
stru-13.07.00
Ergänzende Informationen zum OAU-Gipfel enthält ein Bericht in der Zeitung junge welt vom 14. Juli (Autorin: Roswitha Reich), den wir im Folgenden auszugsweise wiedergeben:
... Die Republik Togo war deshalb Gastgeberin, weil Präsident Gnassingbe Eyadema
turnusgemäß den Vorsitz der Organisation übernahm.
Die neue Afrikanische Union soll die Organisation der
Afrikanischen Einheit (OAU) ersetzen. Wann das allerdings
sein wird, steht noch in den Sternen, denn alle 53 afrikanischen
Staaten müssen das Abkommen darüber von ihren
Parlamenten ratifizieren lassen. Nur wenn zwei Drittel aller
OAU-Mitgliedsländer das getan haben, tritt es auch in Kraft.
...
Ghaddafi hatte zwecks Förderung dieser Idee seine Reise
nach Lomé mit dem Landrover angetreten und war 5.000
Kilometer durch verschiedene westafrikanische Länder
gefahren, wo er für die Union warb. Er hat alle diese Länder
großzügig mit einigen Millionen Dollar an Entwicklungshilfe
bedacht. Das erdölreiche Libyen, nach Südafrika das reichste
Land des Kontinents, hilft unter Ghaddafi schon seit
Jahrzehnten seinen ärmeren Nachbarn.
Die Afrikanische Union soll ein Pan-Afrikanisches
Parlament, einen Pan-Afrikanischen Gerichtshof und eine
Pan-Afrikanische Zentralbank bekommen. Nach dem Vorbild
von Weltbank und IWF sind eine Investitionsbank und ein
Entwicklungsfonds vorgesehen. Auch über den Namen für das
ständige Sekretariat hat man sich schon Gedanken gemacht.
Es soll sich Kommission nennen, wie bei der Europäischen
Union.
Nicht alle afrikanischen Länder sind jedoch nach Lomé
gekommen. Angola, die DR Kongo, Namibia und Simbabwe
haben die Konferenz boykottiert und erkennen Gnassingbe
Eyadema als neuen OAU-Vorsitzenden nicht an, da er ein
enger Freund von Jonas Savimbi ist und den jahrzehntelangen
schmutzigen Krieg der UNITA gegen die angolanische
Regierung unterstützt hat. Angola klagt ihn an, die Rebellen
mit Waffen zu versorgen und ihnen Hilfe beim illegalen
Diamantenhandel zu geben.
...
UN-Generalsekretär Kofi Annan (er stammt aus Ghana)
hatte auf dem Gipfel harte Worte für seine afrikanischen
Landsleute. Afrikas Schuldenberg ist in der Zeit von 1990 bis
1998 um 270 Prozent gewachsen. In 20 der 53 afrikanischen
Ländern gibt es militärische Konflikte, mehr als in jeder
anderen Region der Welt. Von den 48 ärmsten Staaten dieser
Erde liegen 33 auf dem afrikanischen Kontinent. »Nicht die
anderen haben uns das angetan. Das haben wir selbst zu
verantworten. Wir leiden heute unter der Mißwirtschaft, die
wir über Jahrzehnte geduldet haben«, meinte er.
Zurück zur Afrika-Seite
Zurück zur Seite "Regionen"
Zurück zur Homepage