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Was kommt nach der Ära Karsai? - Afghanistans ungewisse Zukunft

Thomas Ruttig im Gespräch mit Andreas Flocken, Moderator der NDR-Sendereihe "Streitkräfte und Strategien"


Andreas Flocken (Moderrator)
Wir kommen zur Präsidentenwahl in Afghanistan. Hamid Karsai durfte diesmal nach zwei Amtsperioden nicht erneut kandidieren. Das Land am Hindukusch steht vor einer ungewissen Zukunft. Denn am Ende des Jahres geht auch die NATO-geführte ISAF-Mission zu Ende.
Thomas Ruttig hat mehr als zehn Jahre in Afghanistan gelebt. Er ist Co-Direktor des Afghanistan Analysts Network, das die Entwicklung des Landes beobachtet. Mit ihm habe ich über die Perspektiven Afghanistans gesprochen.
Zunächst habe Thomas Ruttig gefragt, ob die Präsidentenwahl an diesem Wochenende eine Art Schicksalswahl gewesen ist:


Ruttig: Ich finde das Wort Schicksalswahl etwas zu groß dafür, aber die Wahl ist schon bemerkenswert, weil zum ersten Mal in der Geschichte Afghanistans ein Staatschef freiwillig aus dem Amt scheidet und es so aussieht, als wenn ihm danach auch nichts passiert. Viele der Amtsvorgänger Karsais sind ja umgebracht worden.

Flocken: Hamid Karsai stand mehr als 10 Jahre an der Spitze Afghanistans. Bei der Präsidentenwahl durfte er nicht mehr antreten. Hat er Afghanistan vorangebracht? Hat er für mehr Sicherheit und Stabilität gesorgt?

Ruttig: Afghanistan ist heute sicher nicht mehr das Afghanistan der Taliban-Zeit, das steht außer Frage. Und auch nicht das in den ersten Jahren nach der Taliban-Zeit. Es ist schon in vielen Bereichen Vorwärts gegangen. Aber die Bilanz ist doch widersprüchlich. Es gibt nicht mehr Sicherheit in Afghanistan. Sicherheit hat ja auch zwei Seiten: einmal die militärische Sicherheit - und die Taliban sind nach wie vor da. Der Krieg ist eher stärker geworden und er ist nicht beendet worden, was sich viele Afghanen erhofft haben, als die Internationale Gemeinschaft dort auch mit Truppen intervenierte. Und auch die menschliche Sicherheit hat sich nicht verbessert...

Flocken: ...Was meinen Sie mit menschlicher Sicherheit?

Ruttig: Menschliche Sicherheit meint den Zugang zu sozialen Diensten, die Möglichkeiten, Gesundheitsversorgung, Bildungssystem usw. zu nutzen. Da ist sehr viel aufgebaut worden. Aber durch die angespannte Sicherheitslage können viele Afghanen und vor allem Afghaninnen diese Möglichkeiten nicht nutzen, weil häufig Gesundheitsstationen nicht besetzt sind, weil die Schulen umkämpft sind, weil es in den ländlichen Gebieten keine Lehrer gibt, weil sie dort nicht arbeiten wollen und können. Erstens sind sie schlecht bezahlt und zweitens laufen sie immer Gefahr, erschossen zu werden. Solche Dinge gehören auch mit zur Gesamtrechnung. Und da hat Karsai nicht sehr viel getan.

Flocken: Wird die Macht des Präsidenten in Afghanistan nicht möglicherweise überschätzt? Es hat ja immer geheißen, Hamid Karsai sei als Präsident ja lediglich eine Art Bürgermeister von Kabul. Das soll eigentlich heißen, dass seine Macht nicht sehr weit reicht. Haben in Afghanistan nicht möglicherweise ganz andere Kräfte, und zwar auch weiterhin, das Sagen, also Clanchefs und Stammesführer in den jeweiligen Regionen?

Ruttig: Zum einen glaube ich nicht, dass diese Einschätzung Karsais als Bürgermeister Kabuls je gestimmt hat. Er hat seine innenpolitische Situation in den letzten Jahren zunehmend gefestigt. Er hat Zugriff auf den gesamten Staatsapparat, er ernennt und entlässt Gouverneure und Minister und hat da nicht mehr allzu viel Widerspruch zu gewärtigen. Allerdings hat sich das nicht auf die Regierungsführung ausgewirkt. Und das ist ja der zweite Teil, den man von einem Präsidenten erwartet oder von seiner Arbeit. Natürlich ist Afghanistan nicht ein in der Praxis sehr zentralisierter Staat, also es gibt schon rivalisierende Machtzentren. Von Stammesführern oder Clanchefs zu sprechen, geht ein bisschen an der Realität vorbei. Es handelt sich eher um Warlords. Das ist ein sehr guter Begriff. Die Warlords gehören keinesfalls zu den traditionellen Strukturen, sondern sie sind das Ergebnis der Bürgerkriege der letzten 30 Jahre - das ist ja historisch ein kurzer Zeitraum. Einige dieser Warlords hat Karsai in die Schranken gewiesen. Er hat einige in sein System und in seine Regierung kooptiert, es ist ja einiges an Geld ins Land gekommen. Die Amerikaner sprechen allein von 110 Milliarden Dollar, die sie für Afghanistan aufgewendet haben, für Aufbauleistungen, auch für das Militär. Da sind noch nicht mal die eigenen Kosten für das Personal mit drin. Da sind einige Leute sehr reich geworden und das hat sie an die Seite Karsais geführt, weil der ja den Zugang zu diesen Töpfen hatte. Und da haben sich dann doch einige der alten Warlords um ihn herum positioniert, andere sind geschwächt worden, andere hat er nach oben weggelobt. Also das Ganze ist nicht ganz so einseitig.

Flocken: Mancher befürchtet, dass es nach dem Abzug der ISAF-Truppe zu einem offenen Bürgerkrieg kommen könnte, dass das Land quasi im Chaos versinkt. Ist das ein mögliches Szenario?

Ruttig: Es ist ein mögliches Szenario. Aber ich glaube nicht, dass es sehr wahrscheinlich ist. Ich glaube eher, dass es ein „Weiter-so-wie-bisher“ geben wird. Das ist, ehrlich gesagt, schon schlimm genug. Afghanistan als weltweit viertheftigster Konflikt ist eine erhebliche Belastung für die afghanische Zivilbevölkerung - und mit über 3.000 zivilen Opfern pro Jahr, mit der Zerstörung von Infrastruktur, die man gerade versucht hat, aufzubauen. Das Chaos-Szenario ist sicher ziemlich zugespitzt. Aber auch wenn das Chaos nicht eintritt, sollten wir nicht zufrieden sein. Denn für die afghanische Bevölkerung ist es schon jetzt schwer genug.

Flocken: Manche Kritiker werfen US-Präsident Obama vor, es sei vor einigen Jahren ein Fehler gewesen, ein festes Abzugsdatum zu nennen. Die Taliban bräuchten dann nur noch zu warten. Ist die Ankündigung, die Kampfmission Ende des Jahres zu beenden, ein Fehler gewesen?

Ruttig: Es war sicher ein Fehler, ein Datum zu nennen. Die Taliban haben wirklich versucht, diese Zeit auszusitzen und zu überleben. Die Amerikaner haben ihre Truppen in Afghanistan verstärkt, auch andere Länder. Aber es ist nicht gelungen, die Taliban zu zerschlagen. Sie sind geschwächt worden, haben viele ihrer Führer verloren, vor allem auf mittlerer Ebene, zum Teil auch auf hoher Ebene. Aber sie sind immer noch da. Sie können rekrutieren, sie sind immer noch sehr stark. Und je näher dieses Datum, Ende 2014, für den Abzug der NATO-Kampftruppen rückte, desto mehr hat sich auch die radikalere „Fraktion“ bei den Taliban wieder in den Vordergrund rücken können. Also die Kräfte, die gesagt haben, der militärische Sieg ist nah, wir warten das jetzt ab, wir können das überleben. Als ich während des Taliban-Regimes in Kabul war, hatte ich eine interessante Begegnung mit dem damaligen Geheimdienstchef...

Flocken: ... Wann war das?

Ruttig: Das war im Jahr 2000. Ein ganz junger Mann, der laut Anti-Terror-Liste bei einem Luftangriff getötet worden sein soll. Aber das ist nicht ganz sicher. Vielleicht lebt er noch. Dieser Mann hatte damals jedenfalls gesagt: sieh dich um, unter welchen Bedingungen wir leben. In seinem sogenannten Büro lag er auf einer Matratze in der Ecke und trank Tee aus dreckigen Gläsern und hat gesagt: „Wir können so leben, ihr könnt so nicht leben.“ Die haben ein unheimliches Behauungsvermögen, und das hat die westliche Allianz unterschätzt.

Flocken: Nach dem Abzug der ISAF-Truppe Ende des Jahres soll es ja eine wesentlich kleinere Ausbildungsmission der NATO für Afghanistan geben. Die NATO und vor allem die USA sagen, ohne Unterzeichnung des bereits ausgehandelten Truppen-Stationierungsabkommens oder des sogenannten bilateralen Sicherheitsabkommens, werde es keine Anschluss-Mission geben, keine Ausbildungsmission. Aber Präsident Karsai hat sich ja bisher beharrlich geweigert, dieses Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen. U.a., weil die USA zu wenig gegen die Taliban im benachbarten Pakistan unternähmen. So ist jedenfalls eine dieser Begründungen von ihm. Ist die Unterschriftsverweigerung von Karsai nachvollziehbar?

Ruttig: Aus seiner Sicht ist sie nachvollziehbar. Er ist jahrelang von den Amerikanern gegängelt worden und zum Teil aus wichtigen politischen Entscheidungen rausgehalten worden. U.a. eben auch aus den ersten direkten Gesprächen, die es zwischen den Amerikanern und den Taliban in Katar am Persischen Golf gegeben hat. Und jetzt schlägt er zurück. Das ist sicher aus unserer Sicht nicht sehr logisch und wird auch von vielen Afghanen abgelehnt...

Flocken: ... Ist das verletzter Stolz?

Ruttig: Das ist natürlich auch verletzter Stolz. Und unsere Regierungen haben Karsai ja immer wieder gesagt, Afghanistan ist ein souveränes Land. Sie haben ihn aber nicht so behandelt und jetzt schlägt er halt zurück. Man muss dazu aber auch noch sagen, dass es nicht nur um diese Ausbildungsmission geht, die natürlich im Moment noch nicht klar ist, solange Karsai die Unterschrift nicht leistet. Denn ohne US-Truppen und die ganze Logistik, die die Amerikaner haben, können die anderen Länder keine Ausbildungs-Mission in Afghanistan unterhalten. Es muss ja Sicherheitsmaßnahmen geben usw. Und die hängen von den Amerikanern ab. Was aber im Grunde viel wichtiger ist: es wird eine zweite Mission geben, eine Mission der Special Forces, also von Spezialeinheiten, die weiter den Anti-Terrorismuskampf führen sollen, möglicherweise auch über die Grenzen hinweg Richtung Pakistan. Dort gibt es ja auch eine eigenständige Taliban-Bewegung. Sie [die Special Forces] sind auch schon im Land. Und sie sind das eigentliche Problem. Über sie ist dieser Krieg gegen den Terror geführt worden, der ja im Grunde eher zum Erstarken der Taliban geführt hat. Auch wenn sich Al Qaida zersplittert und zerstreut hat: Aus rein afghanischer Sicht war das kein großer Erfolg. Insofern halte ich das für ein Problem. Und ich denke, dass bis zu einem gewissen Maße diese geplante Ausbildungsmission auch so ein Mäntelchen ist, unter dem man diese Spezialtruppen-Mission dann verstecken kann.

Flocken: Es gibt ja bis heute in Afghanistan keine politische Lösung unter Einbeziehung der Aufständischen. Bis Ende des Jahres werden die NATO-geführten Kampftruppen abziehen. Könnte es nicht danach eine Lösung geben? Denn der Abzug dieser ausländischen Soldaten war ja auch immer eine Forderung der Taliban.

Ruttig: Das ist richtig. Aber sie kämpfen auch gegen die Regierung, die von den sogenannten Invasoren eingesetzt worden ist, und die sie als Ungläubige bezeichnen - obwohl natürlich Karsai und seine Leute auch Moslems sind. Da ist bei den Taliban eine ziemliche Ideologisierung eingetreten. Ich glaube nicht, dass eine größere Zahl von ihnen den Kampf jetzt aufgeben wird, wenn die NATO-Kampftruppen weg sind. Und schon gar nicht, wenn Spezialkräfte bleiben. Dann wird da gekämpft werden. Daher ist eine politische Lösung mit den Taliban zwar eigentlich eine gute Idee. Sie liegt aber noch in weiter Ferne.

Flocken: Warum?

Ruttig: Unglücklicherweise haben diese Bemühungen erst sehr spät eingesetzt - um 2007/2008. Die Bush-Regierung hat über zwei Amtsperioden, wie sie es nannte, Gespräche mit Terroristen ausgeschlossen. Die Taliban hatten anfangs kapituliert. Sie hatten einen Brief an Karsai geschrieben, dass sie bereit sind, seine Regierung anzuerkennen. Man hat ihnen am Anfang des politischen Prozesses die Tür vor der Nase zugeschlagen. Und auch spätere Gesprächsangebote von Seiten der Taliban sind in den Wind geschlagen worden. Es gab da durchaus interne Auseinandersetzungen. Es gab einen etwas politischer gesonnenen Flügel, ich will nicht von moderaten Taliban sprechen, und es sah so aus, als ob er die Oberhand gewinnen würde. Aber das war leider noch zu früh. Jetzt muss man sich sicherlich noch auf einen jahrelangen Prozess einstellen. Wir haben gerade eine Friedensregelung, ein Abkommen auf den Süd-Philippinen. Der Prozess hat 17 Jahre gedauert, bis man dahin kam. Statistik sagt natürlich nicht viel aus. Aber man muss damit rechnen, dass es noch sehr sehr lange dauern wird. Aber das heißt natürlich nicht, dass man jetzt warten muss, sich auf eine politische Lösung vorzubereiten. Man muss Karsai und seinen Nachfolger dazu bringen, zu akzeptieren, dass wahrscheinlich doch ein Vermittler von Nöten ist. Direktgespräche sind schwierig. Die Taliban haben es bisher abgelehnt, mit Karsai zu reden. Ob sie mit seinem Nachfolger reden werden, wird sich erst noch herausstellen. Und auch der Gesprächskanal zwischen den USA und den Taliban ist seit Anfang 2012 im Grunde genommen tot.

Flocken: Bisher ist Afghanistan ja in erster Linie von den USA massiv finanziell unterstützt worden, auch von anderen westlichen Staaten. Es soll auch nach dem ISAF-Abzug finanzielle Hilfen geben. Aber droht nicht trotzdem nach dem Ende der NATO-Mission auch der wirtschaftliche Niedergang Afghanistans?

Ruttig: Ja, es gibt die Zusagen der Internationalen Staatengemeinschaften an Afghanistan, auch nach 2014 weiter finanzielle Hilfe zu leisten, auch Budgethilfe für die nächsten 10 Jahre, also für die sogenannte Transformationsperiode. Afghanistan soll von einem vom Krieg geschüttelten Land in ein friedliches Land umgewandelt werden. Das sind die Perspektiven, die Kabul sich selbst gesetzt hat. Aber selbst wenn all diese Zusagen eingehalten werden, hat Afghanistan immer noch eine Budgetlücke von 20%. Das sagt die Weltbank. Dazu kommen halt jetzt die Streitigkeiten zwischen den USA und Karsai. Und im amerikanischen Kongress drohen einige sehr mächtige Senatoren damit, im Grunde den Geldhahn zuzudrehen, wenn Karsai das bilaterale strategische Abkommen nicht unterzeichnet. Das hieße, diese Lücke wäre noch größer. Und dann wäre die afghanische Wirtschaft tatsächlich in argen Schwierigkeiten. Das ist auch eines der großen Probleme, vor denen der neue Präsident stehen wird. Und deswegen ist der Druck auch aus der afghanischen Gesellschaft so groß, dieses Abkommen nun endlich zu unterzeichnen und damit zumindest die finanziellen Zuflüsse sicherzustellen. Man muss aber auch noch hinzufügen, dass natürlich viele der Gelder, die schon geflossen sind, in korrupte Kanäle versickert sind. Also, der nächste Präsident muss auch wirklich mit Reformen durchgreifen und dafür sorgen, dass das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird. Afghanistan ist immer noch eines der ärmsten Länder der Welt. Nach offiziellen afghanischen Angaben leben 34% der Bevölkerung in Armut. Über die Hälfte der Kinder sind unter- oder mangelernährt. Das sind Zahlen, die nicht gerade wirklich eine tolle Bilanz sind und für die Geld gebraucht wird. Hierfür muss Afghanistan Geld mobilisieren. Die Leute müssen Steuern bezahlen, vor allem die Mächtigen in Afghanistan müssen Steuern bezahlen.

Flocken: Die NATO und auch die Bundeswehr sprechen in Afghanistan in der Regel vom Comprehensive approach, also der Nutzung militärischer und ziviler Instrumente, die sich dann ergänzen. Man spricht auch von der vernetzten Sicherheit. Hat dieser Ansatz in Afghanistan funktioniert?

Ruttig: Wenn man diesen Terminus hört, dann denkt man ja, es werde umfassend und ausgewogen koordiniert. Dagegen kann man ja gar nichts sagen. Aber die Realität in Afghanistan sieht ganz anders aus. Es gibt zwar eine Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Organisationen. Nicht alle zivilen Organisationen wollen das. Die Militärs haben das Ganze dominiert - vom Kräfte- und Mitteleinsatz. Sowohl was Deutschland betrifft, als auch was den Gesamtansatz der internationalen Staatengemeinschaft betrifft, ist diese politische Mission Afghanistan in eine militärische Mission umgeschlagen. Ich halte diese Begriffe von vernetzter Sicherheit und Comprehensive approach für einen Propagandatrick, um diese Mission den Wählern zu Hause schmackhaft zu machen, die ja auch zunehmend nur auf den militärischen Teil dieser ganzen Geschichte gestarrt haben. Sicher auch nicht ohne Grund. Es sind ja ihre Söhne und Töchter gewesen, die mit der Bundeswehr und anderen Armeen nach Afghanistan gegangen sind. Wir wollen aber auch die Entwicklungshelfer und Diplomaten etc. nicht vergessen. Aber ich denke, Afghanistan ist wirklich ein Lehrstück dafür, wie das Militär die Dominanz über diesen Ansatz gewonnen hat. Ich zitiere gerne eine Studie eines Institutes in Berlin: Die Stiftung Wissenschaft und Politik, bei der ich mal gearbeitet habe. Ein Kollege hat eine Studie geschrieben mit der Überschrift: „Strategielos in Afghanistan“. Ich denke, das sagt es in nur drei Worten.

Flocken: Strategielos in Afghanistan – das heißt, die Afghanistan-Mission ist gescheitert?

Ruttig: Sie hat zumindest nicht die Ziele erreicht, die – und das ist für mich am Wichtigsten – die Afghanen sich gesetzt haben, nämlich das Ende des Krieges, Stabilisierung und einen Aufschwung in der Wirtschaft, der ihnen ein Leben in Würde geben würde. Das ist nicht eingetreten. Der Krieg ist weiterhin da. Sie leiden darunter. Und deshalb ist auch die Stimmung umgeschlagen, die sich jetzt sehr stark auch gegen den Westen richtet. Das hat sehr viel mit Fehlern zu tun, mit einer mangelnden oder fehlerhaften Strategie unserer Länder.

* Aus: NDR Info: Das Forum STREITKRÄFTE UND STRATEGIEN, 5. April 2014; www.ndr.de/info


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