Afghanistan: "Bringt die Kinder durch den Winter"
Eine UNICEF-Nothilfeaktion - unterstützt von Günter Grass und Vanessa Redgrave. Oskar Negt und Eugen Drewermann zu Krieg und Terror
Die Kinder und Frauen in Afghanistan sind
Gefangene von Krieg, Hunger und Dürre.
Bereits vor den Terroranschlägen in den
USA am 11. September lebten eine Million
Menschen in Flüchtlingslagern.
Hunderttausende sind seither
hinzugekommen. Die militärische
Auseinandersetzung sowie wachsende
Unsicherheit und Anarchie haben die Lage
weiter verschärft. Für dringend notwendige
Hilfe vor dem nahenden Winter bleibt nur
noch wenig Zeit.
Die Ministerpräsidentin von
Schleswig-Holstein, Heide Simonis, startete
deshalb am 20.10.2001 gemeinsam mit
UNICEF-Botschafterin Sabine
Christiansen und dem Vorsitzenden von
UNICEF Deutschland, Reinhard
Schlagintweit, die Aktion "Bringt die Kinder
durch den Winter". Sie rufen zum Schutz
der Zivilbevölkerung und zur Unterstützung
der UNICEF-Nothilfeaktion in Afghanistan
auf.
Als erste Unterstützer der Aktion konnten
der Literatur-Nobelpreisträger Günter
Grass, die Schauspielerin Corinna
Harfouch und die internationale
UNICEF-Botschafterin Vanessa Redgrave
gewonnen werden. Schauspielerin Vanessa Redgrave forderte die Einstellung der Bombardierung Afghanistans. Sonst sei es kaum möglich den Kindern zu helfen.
UNICEF ruft dringend zu Spenden für die
notleidenden Kinder in Afghanistan auf:
Spendenkonto 300.000
Bank für Sozialwirtschaft BLZ 370 205 00
Stichwort: Flüchtlingshilfe Afghanistan
Kritik von Drewermann
Der katholische Theologe und Buchautour Eugen Drewermann
sprach sich am 20. Oktober gegen jegliche Militäraktionen aus. Er verwies darauf,
dass hunderttausende Menschen im nahenden Winter zu erfrieren
oder zu verhungern drohten. Von den USA hätte er gehofft, dass sie
nach den furchtbaren Anschlägen "Größe" durch Gewaltlosigkeit
gezeigt hätten. Offenbar wollten die Industrienationen durch den Krieg
einen Freibrief erhalten, um weiterhin gegen Länder der Dritten Welt
vorzugehen und sich "Ressourcen, Handelswege, Einflusszonen und
Militärbasen" zu sichern, sagte Drewermann laut der Internet-Zeitung "www.ngo-online.de".
Den deutschen Politikern warf der Paderborner Theologe eine
bewusste "Militarisierung der Außenpolitik" vor. Bundeskanzler
Gerhard Schröder (SPD) diene sich den USA förmlich an, damit sie
einem deutschen Militäreinsatz zustimmten. Er verurteilte auch die
Haltung der Katholischen Kirche, die sie sich nicht klar von der
Militäraktion distanziert hat.
Oskar Negt: Dem Terror den Nährboden entziehen
In einem Interview mit der in Kassel erscheinenden Sonntagszeitung "HNA-Sonntagszeit" äußerte sich der Soziologe und Philosoph Oskar Negt (Universität Hannover) kritisch über den US-Krieg gegen Afghanistan und weist auf die verheerende Signalwirkung hin, die der Tempelbergbesuch Ariel Scharons vor einem Jahr auf die Eskalation der Gewalt in Form von Selbstmordattentaten gehabt hat: "Hier ist das islamische Selbtgefühl zutiefst verletzt worden". Wenn auch die Attentäter des 11. September nicht zu den Armen und Verzweifelten gehören, so verstehen sie sich nach Negts Ansicht doch als deren "Stellvertreter", "die den Ohnmächtigen Macht und den Unterdrückten einen Weg aus ihrer Not versprechen." Im weiteren Verlauf des Interviews kommt Negt auf die Wurzeln des Terrorismus zu sprechen:
"Die eigentlichen Herde des Terrorismus sind die wachsenden Flüchtlingslager der Welt. Und wenn man diese Flüchtlingslager, also dieses Elend in diesen islamischen Staaten niht beseitigt, dann erscheint der Fundamentalismus wie eine sinnvolle Antwort, als Rache an den reichen Nationen, und er gewinnt daduch eine ungeheure Attraktivität bei den ausgebeuteten, verelendeten Massen."
Afghanistans Zukunftsaussichten werden in düsteren Farben gemalt:
"In Afghanistam entsteht jetzt eine gesellschaftliche Wüste. Wenn die USA noch vier Wochen weiter bombardieren, nach zehn Jahren Bürgerkrieg, dann ist Afghanistan menschenleer, und alles an Infrastruktur ist zerstört. bDann hat Aftghanistan aufgehört zu existieren. Es existiert nur noch in Gestalt von Flüchtlingslagern in Pakistan. Man müsste Abermilliarden reinstecken, um so ein Land wieder lebensfähig zu machen."
Eine "Rechtfertigung" für die US-Militärschläge könne es laut Negt nur dann geben, wenn sie ergänzt würden durch einen "Entwicklungsplan nach dem Modell jener solidarischen Hilfe des amerikanischen Außenministers Mershall, der erkannte, dass nur die Wiederherstellung der Autonomie des besiegten Kriegsgegners Frieden schaffen kann. Dann kann man sagen, wir stecken den größten Teil der Mittel nicht in die militärische Aktion, sondern in die Entwicklung des Landes." (Alle Zitate nach: HNA-Sonntagszeit, 21. Oktober 2001)
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