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Bundeswehr wieder in Gefechte verwickelt

Mehrere deutsche Soldaten in Kundus verletzt / Großoffensive in der Provinz angekündigt

Bei Gefechten mit Aufständischen in Nordafghanistan sind drei Bundeswehrsoldaten verletzt und mehrere Angreifer getötet worden. Die zwei Attacken auf deutsche Soldaten ereigneten sich am Mittwochnachmittag fast zeitgleich in der Nähe des Feldlagers in Kundus. Ein Aufklärungstrupp der Bundeswehr wurde nördlich von Kundus mit Handfeuerwaffen angegriffen. Bei dem Gefecht wurden nach ersten Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam »vermutlich mehrere Angreifer« getötet, die Bundeswehrsoldaten blieben unversehrt. Nur wenige Minuten später kam es westlich von Kundus zu einem weiteren Angriff auf einen Bundeswehrtrupp. Dabei wurden drei Soldaten leicht verletzt und im Feldlager medizinisch behandelt.

Nach Beginn der Großoffensive gegen die Taliban in Südafghanistan hat der Gouverneur der nördlichen Provinz Kundus eine entsprechende Operation auch für das Einsatzgebiet der Bundeswehr angekündigt. Die Offensive in Kundus und der benachbarten Provinz Baghlan werde »in naher Zukunft« beginnen und der Operation »Muschtarak« (Gemeinsam) in der südafghanischen Provinz Helmand gleichen, sagte Gouverneur Mohammad Omar am Mittwoch (17. Feb.) in Kundus. In Helmand gehen seit vergangenem Wochenende 15 000 ausländische und afghanische Soldaten gegen die Aufständischen vor. Die Offensive ist die größte seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001.

Omar rief die Taliban in der Region dazu auf, die Waffen niederzulegen. »Das ist ihre letzte Chance zu atmen, bevor sie aus ihren Gegenden vertrieben werden«, sagte der Gouverneur. »Die Regierung ist entschlossen, im Norden und Nordosten keinen Platz für die Feinde zu lassen.« Die Offensive werde so lange dauern, bis die Taliban vollständig besiegt seien.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Februar 2010


Erbitterter Kampf um Mardschah

Südafghanistan: NATO-Offensive gegen »Rebellenhochburg«. Erneut Luftangriffe **

Die militärische Großoffensive »Muschtarak« (»Gemeinsam«) in Südafghanistan, an der unter US-Führung auch afghanische Soldaten beteiligt sind, ging am Mittwoch (17. Feb.) unvermindert weiter. Dabei waren die Angreifer offensichtlich mit neuen Problemen konfrontiert. So wurde behauptet, »im Kampf um die Rebellenhochburg Mardschah« würden von den Taliban Zivilpersonen »als menschliche Schutzschilde mißbraucht«.

Soldaten würden in der 80000-Einwohner-Stadt immer wieder aus Häusern beschossen, auf deren Dächern und an deren Fenstern deutlich sichtbar Frauen und Kinder seien, sagte General Mohjudin Ghori am Mittwoch in Mardschah. »Besonders im Süden der Stadt kämpft der Feind von Gebäuden aus«, auf denen Zivilisten erkennbar seien. Mittlerweile habe der Widerstand der Rebellen nachgelassen, der Kampf sei aber noch nicht vorbei. Man habe trotzdem die afghanische Flagge gehißt. Die Zeremonie fand auf dem Marktplatz in Anwesenheit des Gouverneurs von Helmand und zahlreichen Würdenträgern statt.

Ein Taliban-Kommandeur, Mullah Abdul Rasak Achund, bezeichnete Mardschah auf einer Webseite als »militärisch unwichtig«. Er nannte die NATO-Behauptungen über die Lage dort »Propaganda«.

Im Osten des Landes forderten am Mittwoch Bodentruppen, die der NATO-Darstellung zufolge auf Aufständische gestoßen waren, Luftunterstützung an. Bei der anschließenden Attacke starben laut Agenturberichten mehr als ein Dutzend Menschen. Umgehend teilte die Zentrale der Besatzungstruppen in Kabul mit, es handele sich bei den Toten um »Extremisten«, Zivilisten seien nicht zu Schaden gekommen.

Bereits am Dienstag (16. Feb.) waren zwei NATO-Soldaten getötet worden. Die »Internationale Schutztruppe« (ISAF) erklärte am Mittwoch, ein Mann sei am Vortag bei einem Feuergefecht gestorben. Ein weiterer Soldat sei ebenfalls am Dienstag bei einem Sprengstoffanschlag ums Leben gekommen. Beide Soldaten seien an der »Muschtarak«-Operation beteiligt gewesen. Zur Nationalität der Toten machten die Besatzer keine Angaben.

An der bislang größten Offensive gegen die Taliban seit Kriegsbeginn 2001 sind 15000 afghanische und ausländische Soldaten in der Provinz Helmand eingesetzt. Die stärksten Kontingente unter den Besatzungsmächten stellen US-Amerikaner und Briten. (apn/AFP/jW)

** Aus: junge Welt, 18. Februar 2010


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