USA starten erneut Offensive
Besatzer eskalieren Krieg am Hindukusch. Jung sieht sich auf der Gewinnerseite
Gut eine Woche vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat die US-Armee den Krieg am Hindukusch erneut ausgeweitet. Der Einsatz »Östliche Entschlossenheit II« habe Mittwoch früh (12. Aug.) im Bezirk Naw Sad in der Provinz Helmand begonnen, teilte die US-Armee in einer Erklärung mit. Neben 400 US-Soldaten seien auch 100 afghanische Soldaten beteiligt. Mit der Offensive gegen die Stadt Dahaneh im Norden der Provinz sollen nach Angaben der Militärs die Taliban daran gehindert werden, die Wahlen am 20. August zu stören und afghanische Bürger durch Einschüchterungen von der Stimmabgabe abzuhalten. Durch die Einnahme der Ortschaft sollen die Aufständischen im Hinterland von den Nachschubrouten abgeschnitten werden. Die Stadt wird seit Jahren von den Taliban kontrolliert. Die Gefechte dauerten mehr als acht Stunden, wie AP-Reporter berichteten, die die US-Truppen begleiteten. Die Taliban hätten »erbitterten Widerstand« geleistet und »Schußwaffen, Mörsergranaten und Panzerabwehrraketen« eingesetzt. Nach US-Angaben wurden mindestens sieben Afghanen getötet.
Verwundet wurden zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AP. Sie waren als sogenannte eingebettete Journalisten mit den US-Streitkräften unterwegs, als ihr Fahrzeug von einer Bombe getroffen wurde.
Trotz der stetigen Eskalation des Krieges am Hindukusch durch die Besatzungstruppen ist der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) guter Dinge. Aus seiner Sicht haben die Taliban keinesfalls die Oberhand gewonnen. Damit widersprach Jung der Einschätzung des neuen NATO-Befehlshaber der Besatzungstruppen US-General Stanley McChrystal. »Ich will nichts verharmlosen, aber diese Einschätzung teile ich nicht«, so Jung gegenüber der Osnabrücker Zeitung (Mittwochausgabe). Im Norden Afghanistans, »wo wir die Verantwortung tragen«, seien zwar zwölf Prozent der Distrikte »als kritisch einzustufen« und auch in den anderen Landesteilen habe sich die Sicherheitslage verschärft, gestand Jung. Das heiße aber nicht, daß die Taliban die Oberhand gewonnen hätten. Gerade die letzten Tage und Wochen hätten gezeigt, »daß unsere Soldatinnen und Soldaten, etwa von der Quick Reaction Force, in der Lage sind, Sicherheit herzustellen«, prahlte Jung. »Zusammen mit den Afghanen sind sie im Raum präsent und stellen die Taliban.«(AP/jW)
* Aus: junge Welt, 13. August 2009
Düstere Wahlaussichten
UN-Gesandter für Afghanistan: Ernste Probleme / Neue Angriffe **
Während die UNO wegen der Gewalt in Afghanistan eine niedrige
Wahlbeteiligung befürchtet, warnt
der Chef der internationalen Truppen in Afghanistan, US-General
McChrystal, vor wachsender Stärke der Taliban.
Zehn Tage vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben die
radikalislamischen Taliban erneut Regierungs- und Polizeigebäude
angegriffen. Bei den Attacken in
der Provinz Logar nahe Kabul starben am Montag (10. August) nach
Behördenangaben mindestens ein Polizist und ein Selbstmordattentäter.
Die Aufständischen eröffneten von nahe gelegenen Hochhäusern aus das
Feuer auf ein
Polizeigebäude und den Sitz der Provinzregierung in Pul-i-Alam, wie ein
Regierungssprecher sagte.
Im Anschluss sei es in der etwa 50 Kilometer südlich von Kabul gelegenen
Stadt zu
Schusswechseln zwischen Taliban-Kämpfern und afghanischen
Sicherheitskräften gekommen.
Einem Selbstmordattentäter sei es gelungen, sich in dem Regierungssitz
in die Luft zu sprengen.
Die Taliban selbst sprachen von sechs Selbstmordattentätern und 21 Toten.
In Kundus sprengte sich ein Attentäter neben einem belgischen
Militärkonvoi in die Luft. Nach
Polizeiangaben kamen dabei jedoch weder Soldaten noch Zivilisten zu
Schaden. Die Bundeswehr
teilte mit, in dem Konvoi seien keine Deutschen mitgefahren.
Der neue US-Befehlshaber Stanley McChrystal sagte dem »Wall Street
Journal« vom Montag, die
Taliban hätten die Oberhand in Afghanistan gewonnen. Sie seien nun auch
zunehmend im Norden
und Westen des Landes eine Bedrohung. Daher würden die USA ihre
Strategie ändern und mehr
Soldaten in den bevölkerungsreichen Gebieten einsetzen. Der Schutz der
afghanischen
Bevölkerung habe Vorrang vor der Verfolgung der Aufständischen. Nach der
von Präsident Barack
Obama initiierten Truppenaufstockung sollen bis Ende des Jahres 68 000
USA-Soldaten in dem
Land stationiert sein.
Die afghanische Wahlbehörde teilte mit, dass die Abstimmung in mehreren
Gebieten aufgrund der
anhaltenden Gewalt unter Umständen verschoben werden müsse. Wo die
Sicherheit nicht garantiert
werden könne, werde es »ernsthafte Probleme« geben, sagte der Vizechef
der Wahlbehörde, Zekria
Baraksai, vor Journalisten in Kabul. In 35 Distrikten seien afghanische
und internationale Truppen
derzeit in Kämpfe mit Aufständischen verwickelt, neun Distrikte würden
von den Aufständischen
kontrolliert. Er rechne damit, dass insgesamt 93 von etwa 7000
Wahllokalen am 20. August
geschlossen bleiben werden.
** Aus: Neues Deutschland, 11. August 2009
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