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Obama toppt Bush

Von Knut Mellenthin *

Friedensnobelpreisträger Barack Obama hat in Afghanistan und Irak insgesamt mehr Truppen im Einsatz als sein Vorgänger im Amt des US-Präsidenten, George W. Bush. Während der von Obama im Wahlkampf versprochene Abzug aus dem Irak bisher kaum in Gang kam, ist die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan höher als bisher offiziell zugegeben wurde. Das geht aus einem Bericht der Washington Post vom Dienstag (13. Okt.) hervor. Gleichzeitig fordern führende Militärs weitere 40000 bis 60000 Soldaten für den Kriegsschauplatz am Hindukusch.

Im März hatte Präsident Obama angekündigt, die Truppen in Afghanistan im Laufe dieses Jahres um 21000 Mann zu verstärken. Der Washington Post zufolge bezieht sich das aber nur auf die Zahl der Kampfeinheiten. Verschwiegen wurde von der US-Regierung, daß mindestens 13000 Mann Unterstützungskräfte – so unter anderem medizinisches Personal, Bautrupps, Geheimdienstexperten und Militärpolizei – hinzukommen. Zur Zeit befinden sich etwa 65000 US-Soldaten in Afghanistan und 124000 im Irak, zusammen 189000. Unter Bush waren es im Maximum, das Ende 2007/Anfang 2008 erreicht wurde, 26000 Soldaten am Hindukusch und 160000 im Zweistromland. Zusammen 186000.

Beachten Sie auch die Meldungen vom 11. bis 14. Oktober in unserer tagesaktuellen Afghanistan-Chronik



Seit Obama im Januar sein Amt antrat, hat er die Zahl der US-Militärs in Afghanistan mehr als verdoppelt. Im selben Zeitraum wurden aber nur 23000 Soldaten aus dem Irak abgezogen. Die nächste größere Verringerung der dort stationierten US-Truppen soll erst nach den Parlamentswahlen im Januar 2010 stattfinden. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Vereinbart ist nur, daß bis zum August 2010 alle US-Kampfeinheiten den Irak räumen sollen. Danach bleiben immerhin noch 50000 amerikanische Soldaten zurück, deren Aufgaben angeblich ausschließlich in Ausbildung und Beratung der irakischen Streitkräfte bestehen sollen. Erst Ende 2011 würden nach der bisherigen Planung die letzten US-Truppen den Irak verlassen. »Unvorhergesehene Zwischenfälle«, wie etwa ein Krieg der USA gegen Iraks Nachbarland Iran, könnten allerdings die Abzugspläne über den Haufen werfen.

Unterdessen hat die neue Regierung Japans, die nach der Augustwahl von der Demokratischen Partei gestellt wird, angekündigt, daß sie das im Januar 2010 endende Mandat für die Beteiligung am Afghanistan-Krieg nicht verlängern wird. Japan hat Marineeinheiten in den Indischen Ozean entsandt, die dort Kriegsschiffe der von den USA geführten Interventionsallianz betanken. Der angekündigte japanische Rückzug ist militärisch und technisch bedeutungslos, wiegt aber als politisches Signal für die sinkende Kriegsbereitschaft einiger US-Verbündeter schwer.

Am Dienstag voriger Woche (6. Okt.) hatte das niederländische Parlament mit großer Mehrheit beschlossen, den Truppeneinsatz in Afghanistan nicht über das Jahr 2010 hinaus zu verlängern. Die Niederlande sind in Afghanistan mit 1400 Soldaten vertreten, die im Süden des Landes auch an Kampfeinsätzen teilnehmen. Schon zuvor hatte die kanadische Regierung angekündigt, daß sie ihr Kontingent bis zum Jahresende 2011 abziehen will. Ottawas 2500 Soldaten sind überwiegend in der Provinz Kandahar stationiert, die als Hochburg der Taliban gilt.

* Aus: junge Welt, 14. Oktober 2009


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