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Chronik Afghanistan

September 2010


Mittwoch, 1. September, bis Sonntag, 5. September
  • Bei einem Angriff gegen mutmaßliche Aufständische hat die pakistanische Luftwaffe mindestens 55 Menschen getötet. Der Einsatz von Kampjets in den an Afghanistan angrenzenden Stammensgebieten sei am 31. Aug. geflogen worden, um bevorstehende Selbstmordattentate zu verhindern sowie Basen und Trainingslager von Aufständischen zu zerstören, sagten pakistanische Sicherheitsvertreter am 1. Sep. Am 31. Aug. hatten die Sicherheitskräfte zunächst von 30 Toten bei dem Angriff im Nordwesten des Landes gesprochen.
  • Die afghanischen Behörden haben offenbar eine unter Bestechungsverdacht stehende Großbank in Kabul unter ihre Kontrolle gestellt, um deren Zusammenbruch zu verhindern. Wie die "Washington Post" in ihrer Online-Ausgabe am 1. Sep. berichtete, entschied Präsident Hamid Karsai auf Druck der USA, die Kabul Bank, die zu den größten Kreditinstituten des Landes gehört, unter die Aufsicht der afghanischen Zentralbank zu stellen. Washington habe für den Fall eines Zusammenbruchs der Bank einen Anstieg der Gewalt für möglich gehalten habe.
    Die Kabul Bank ist dem Bericht zufolge für die Auszahlung der Gehälter von afghanischen Soldaten, Polizisten und Lehrern verantwortlich und hält Spareinlagen in Höhe von einer Milliarde Dollar von zahlreichen afghanischen Bürgern. Karsai seien bei einem Treffen, an dem auch der Oberkommandierende der internationalen Truppen in Afghanistan, US-General David Petraeus, teilgenommen habe, Beweise für unlautere Geschäfte der Bank vorgelegt worden. Petraeus habe Karsai daraufhin zum Handeln aufgefordert, schreibt das Blatt unter Berufung auf Regierungsbeamte.
  • Vertreter westlicher Geheimdienste befürchten bei den Parlamentswahlen in Afghanistan am 18. September "chaotische Verhältnisse". Vor allem die Frauen, die sich mittlerweile "einige wenige Rechte" erkämpft hatten, seien in Lebensgefahr, hieß es am 1. Sep. in Geheimdienstkreisen in Kabul. Die Taliban hätten Kandidatinnen für das Parlament offen mit "Entführung, Folter und Ermordung" gedroht. Unter den mehr als 2500 Kandidaten, die sich um eines der 249 Mandate bewerben, sind 406 Frauen. Ihre Wahlplakate werden überall im Land beschmiert oder zerfetzt.
    Die bevorstehende Parlamentswahl sei "genauso eine Farce wie die Präsidentenwahl im vergangenen Jahr", erklärte ein CIA-Mann der Nachrichtenagentur ddp in Kabul. Es werde keinen neuen "wirklichen Anfang für geordnete und friedliche Verhältnisse am Hindukusch geben". Zu befürchten sei ein weiterer Rückfall in alte Zeiten. Schon jetzt stehe fest, dass eine "beachtliche Zahl von Warlords und Opiumbaronen in das Parlament einziehen werden und damit Immunität erhalten". Die Taliban würden Gelegenheit bekommen, das Parlament "zu infiltrieren" und auch auf diesem Weg die Rückkehr an die Macht in Kabul "Schritt für Schritt vorbereiten". Die allgemeine Lage in Afghanistan sei so schlecht, "dass trotz aller militärischen Anstrengungen des Westens Afghanistan wie ein reifer Apfel in die Hände der Taliban fallen wird", meinte der CIA-Vertreter. Ähnliche Einschätzungen waren auch von anderen Geheimdienstlern, darunter Vertretern des Bundesnachrichtendienstes, zu hören.
  • Als eine "geradezu unglaubliche Provokation" für den Westen werteten Geheimdienstler und ISAF-Militärs die Äußerungen, die Karsai bei einem Treffen am letzten Sonntag (29. Aug.) mit Bundestagspräsident Norbert Lammert in Kabul gemacht hat. "Der Kampf der NATO-Soldaten hat außer zivilen Opfern nichts gebracht", hatte Karsai erklärt. Er forderte eine neue Strategie für den Einsatz gegen die Taliban. Die Strategie bei der Bekämpfung des Terrorismus müsse überprüft werden. CIA-Vertreter deuteten am 1. Sept. die Aussagen Karsais als einen "möglichen Frontenwechsel" in Richtung Taliban. Karsai wolle wahrscheinlich "moderater gegen die Islamisten vorgehen, um sie letztlich in sein Boot zu holen", meinte ein CIA-Experte. Der afghanische Präsident setze offenbar "nicht mehr auf den Westen, insbesondere nicht mehr auf die Amerikaner".
  • Seltsames Hin und Her um den Internet-Aktivisten Julian Assange: Schwedens Justiz ermittelt nun doch wieder gegen den Gründer des Enthüllungsportals Wikileaks wegen Verdachts der Vergewaltigung. Die neu zuständige Oberstaatsanwältin Marianne Ny teilte am 1. Sept. mit, dass erneut eine Voruntersuchung gegen den 39-jährigen Australier eingeleitet wird. Es geht um den Verdacht auf Vergewaltigung in einem Fall sowie sexuellen Zwang und sexuelle Belästigung in einem zweiten Fall.
    Assange bestreitet alle Vorwürfe und hält sie für ein Komplott, um ihn mundtot zu machen.
  • Die USA halten in Afghanistan einen deutschen Staatsbürger fest, der offenbar unter Terrorismusverdacht steht. "Es ist in der Tat so, dass eine Person deutscher Staatsangehörigkeit derzeit durch US-Stellen in Afghanistan festgehalten wird", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am 1. Sep. in Berlin. Die Bundesregierung bemühe sich bei der US-Regierung um konsularische Betreuung des Inhaftierten. Zu den Gründen und Umständen der Festnahme wollte das Auswärtige Amt keine Angaben machen.
    Die in Berlin erscheinende "tageszeitung" berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, es handele sich bei dem inhaftierten Deutschen um einen Terrorverdächtigen. Er sei Teil einer Gruppe von Hamburger Islamisten gewesen, die im März 2009 in das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet aufgebrochen seien, um sich dort in Terrorcamps ausbilden zu lassen.
  • Bei drei Selbstmordanschlägen in der ostpakistanischen Stadt Lahore sind mindestens 25 Menschen getötet worden. Mindestens 180 weitere Menschen wurden nach Angaben der Behörden verletzt. Die Attentäter sprengten sich demnach inmitten von gläubigen Schiiten in die Luft, die an einer Prozession teilgenommen hatten. Ein Vertreter der Stadtverwaltung in Lahore bestätigte, dass es sich bei den Explosionen um Selbstmordanschläge handelte. "Wir haben die Leichen von allen drei Attentätern gefunden", sagte Sajjad Bhutta der Nachrichtenagentur AFP am 1. Sep.
  • Die US-Bundesjustiz wirft dem pakistanischen Taliban-Chef Hakimullah Mehsud eine "terroristische Verschwörung" zur Ermordung von sieben CIA-Agenten im Dezember 2009 in Afghanistan vor, wie das Justizministerium in Washington am 1. Sep. mitteilte. Für Hinweise zu Mehsuds Ergreifung setzte die US-Justiz fünf Millionen Dollar (3,9 Millionen Euro) aus. Vor einem Bundesgericht in Washington wurde Klage gegen Mehsud eingereicht. Die sieben Mitarbeiter des US-Geheimdiensts CIA waren am 30. Dezember 2009 im afghanischen Chost getötet worden, als ein Selbstmordattentäter einen Sprengsatz zündete.
    Die vom US-Außenministerium bekannt gegebene Aufnahme der pakistanischen Taliban in die Schwarze Liste belegt die Gruppe mit einer Serie von Strafmaßnahmen. Dazu zählen das Einfrieren aller Guthaben in den USA, Einreiseverbote für ihre Mitglieder sowie Strafmaßnahmen für jeden, der materielle Hilfe für die Vereinigung leistet.
  • Die afghanische Regierung hat ihren langjährigen Botschafter in den USA abberufen. Said Dschawad, der zum 22. September seinen Posten räumen muss, sagte dem US-Sender CNN am 1. Sep., er vermute eine "Verleumdungskampagne" hinter der Entscheidung. Er sehe sich Vorwürfen ausgesetzt, während des Fastenmonats Ramadan in der afghanischen Botschaft in Washington rauschende Feste organisiert zu haben. Fotos, die dies angeblich beweisen, seien gefälscht, sagte Dschawad. Er selbst habe sich während der vermeintlichen Partys in Kolumbien und Brasilien aufgehalten.
  • Bei einem Luftangriff der NATO sind im Norden Afghanistans nach Angaben der Regierung in Kabul zehn Zivilisten getötet worden. Wie der afghanische Präsident Hamid Karsai erklärte, traf der Luftangriff drei Fahrzeuge mit Anhängern eines Kandidaten für die Parlamentswahl am 18. September. Der Präsident verurteilte den Angriff scharf. Der Angriff erfolgte in der nordafghanischen Provinz Tachar, die im Kommandogebiet der Bundeswehr liegt. Ein Sprecher der Provinzregierung von Tachar sagte am 2. Sept., der Angriff sei im Bezirk Rustak erfolgt. Zwei weitere Menschen, unter ihnen der Kandidat für die Parlamentswahl, seien dabei verletzt worden. Laut Karsai wurden drei Fahrzeuge des Konvois des Kandidaten angegriffen.
    Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin war die Bundeswehr an dem Angriff nicht beteiligt. Die NATO-geführte Schutztruppe ISAF erklärte, der Einsatz habe auf Fahrzeuge gezielt, die Mitglieder der Islamischen Bewegung Usbekistans (IMU) transportiert hätten. Die Gruppe ist im usbekischen Fergana-Tal ansässig und arbeitet mit dem Terrornetzwerk El Kaida zusammen.
    "Wir sind überzeugt, dass dieser Angriff nur das anvisierte Fahrzeug getroffen hat", sagte der stellvertretende Generalstabschef für gemeinsame Einsätze im ISAF-Kommando, General David Garza. Laut ISAF galt der Angriff dem IMU-Mitglied und "stellvertretenden Schattengouverneur" der von den Taliban in Tachar aufgebauten Parallelverwaltung.
    "Im Zuge des Kampfes gegen den Terrorismus müssen die Anhänger der Demokratie von Kämpfern unterschieden werden", forderte Karsai. Luftangriffe "über afghanischen Dörfern werden im Krieg gegen den Terrorismus nichts bringen, außer die Tötung von afghanischen Zivilisten".
  • Angesichts des Kampfs der NATO-Truppen gegen den Drogenhandel in Afghanistan droht den dortigen Taliban-Rebellen offenbar Geldnot. Die Aufständischen müssten derzeit mit weniger als der Hälfte der Geldmittel auskommen, die ihnen vor einem Jahr zur Verfügung gestanden hätten, sagte US-General Richard Mills in einer Videokonferenz aus Afghanistan. Mills befehligt die internationalen Truppen in der südlichen Provinz Helmand, die für die Taliban eine der Hauptanbauregionen von Mohn ist. "Wir haben Informationen, die darauf schließen lassen, dass die Aufständischen in einer Finanzkrise stecken", sagte der US-General laut AFP vom 3. Sep.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeistation im Norden von Tadschikistan sind am 3. Sep. mindestens zwei Polizisten getötet und 25 weitere verletzt worden. Die beiden Selbstmordattentäter rasten in einem mit Sprengstoff beladenen Auto in das Gebäude in der Stadt Chujand, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Er machte eine Gruppe des Terrornetzwerks um El Kaida für den Anschlag verantwortlich.
    Die angegriffene Polizeistation beherbergte eine Einheit für die Bekämpfung organisierter Kriminalität. Ein ranghoher Polizist sagte der Nachrichtenagentur AFP, 25 Beamte seien verletzt und in Krankenhäuser gebracht worden. Einem Arzt in einem Krankenhaus zufolge schweben einige der Polizisten in Lebensgefahr. Aus dem Innenministerium hieß es zudem, dass unter den Trümmern des eingestürzten Gebäudeteils möglicherweise weitere Tote lägen.
    Der Ministeriumssprecher machte Mitglieder der Islamischen Bewegung Usbekistans (IMU) für den Anschlag verantwortlich. Die Gruppe ist im usbekischen Fergana-Tal ansässig und arbeitet mit El Kaida zusammen.
    Der Anschlag ereignete sich einen Tag, nachdem der Staatschef des zentralasiatischen Landes, Emomali Rachmon, wegen des Gefängnisausbruchs von 25 Islamisten seinen Sicherheitschef entlassen hatte. Die Häftlinge waren Ende August aus einem Gefängnis in der Hauptstadt Duschanbe ausgebrochen und hatten sechs Wärter getötet. Die Häftlinge, unter ihnen Afghanen und Russen aus dem muslimisch geprägten Nordkaukasus, hätten wegen Terrorismus oder Drogenhandels lange Haftstrafen verbüßen sollen. Vermutet wird, dass sie sich in die bergige Region des Rascht-Tals nahe der Grenze zu Afghanistan geflüchtet haben.
    Die Grenztruppen der früheren Sowjetrepublik waren nach dem Ausbruch der Häftlinge in Alarmbereitschaft versetzt worden, um eine Flucht ins Ausland zu verhindern. Allerdings gilt vor allem die 1300 Kilometer lange Grenze zu Afghanistan als schwer zu kontrollieren.
  • Ein Selbstmordattentäter hat in Pakistan ein Blutbad unter Schiiten angerichtet. Bei dem Anschlag in der Stadt Quetta im Südwesten Pakistans wurden mindestens 58 Menschen getötet. Wie die Polizei mitteilte, wurden mehr als 100 weitere Menschen verletzt, als sich der Täter in der Menge in die Luft sprengte. Den Angaben zufolge hatten sich tausende Schiiten versammelt, um anlässlich des sogenannten Al-Kuds-Tages gegen Israel und die Besetzung der palästinischen Gebiete zu protestieren. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Die Polizei entdeckte Stunden nach dem Anschlag den abgerissenen Kopf des Attentäters. «Der Mann ist zwischen 35 und 40 Jahre alt», sagte ein Polizeisprecher, machte aber keine weiteren Angaben.
  • Die US-Söldnerfirma Blackwater hat nach Informationen der «New York Times» 31 Firmen gegründet, um unter anderen Namen Aufträge der US-Streitkräfte und -Geheimdienste zu erhalten. Das habe der Streitkräfteausschuss des Senats ermittelt, schreibt das Blatt am 4. Sep.
    Blackwater hat sich in XE Services umbenannt, nachdem das Unternehmen wegen der Erschießung von 17 Zivilisten in Bagdad 2007 in die Kritik geraten war. Das US-Außenministerium hatte damals Blackwater Aufträge zum Schutz von Mitarbeitern und Konvois im Irak entzogen. Mindestens drei Blackwater-Töchter hätten vom Geheimdienst CIA Aufträge erhalten, schreibt die Zeitung.
    Alleine die CIA hat Blackwater und seinen Töchtern seit 2001 Aufträge für 600 Millionen Dollar erteilt. Darunter ist ein neuer Auftrag über 100 Millionen Dollar für Einsätze in Afghanistan. Der Vorsitzende des Senatsausschusses, Carl Levin (Demokraten), rief das Justizministerium auf, zu untersuchen, ob Blackwater mit dem Auftritt unter Dutzenden Namen die US-Behörden bei Aufträgen getäuscht habe. Blackwater war auch wegen illegalen Waffenexports im Visier der Behörden.
  • Angesichts der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan zögern mehrere Bundesländer, Polizisten als Ausbilder an den Hindukusch zu schicken. Wie das Magazin "Spiegel" am 4. Sep. vorab berichtete, weigert sich Brandenburg als erstes Land, weiterhin Beamte nach Afghanistan zu schicken. In Bayern, das erst seit Ende 2009 Beamte bereitstellt, heißt es demnach, die Sicherheitslage werde sehr genau beobachtet. Manche Bundesländer, allen voran Nordrhein-Westfalen, hätten zunehmend Schwierigkeiten, genügend Freiwillige für den Einsatz zu finden.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Einsetzung eines Rates für Friedensverhandlungen mit den Taliban verkündet. Das Gremium sei ein "bedeutender Schritt auf dem Weg zu Friedensverhandlungen" mit den Islamisten, erklärte Karsai am 4. Sep. in Kabul. Ziel sei die Beendigung des fast neunjährigen Aufstands in dem Land am Hindukusch. Berater Karsais arbeiteten an einer Teilnehmerliste, heißt es in der Erklärung. Dem Rat für Friedensverhandlungen sollten "Dschihadführer, einflussreiche Persönlichkeiten und Frauen" angehören. Die Einladungsliste sollte nach dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der mit dem Fest des Fastenbrechens endet, in der kommenden Woche veröffentlicht werden.
    Karsais Plan für einen Rat für Friedensverhandlungen war im Juni von einer großen Friedensdschirga in Kabul gebilligt worden. In dieser Dschirga saßen religiöse Würdenträger, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft.
  • Bei einem neuen US-Luftangriff im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind mindestens sieben militante Kämpfer ums Leben gekommen. Zwei von einem unbemannten Flugzeug abgefeuerte Raketen zerstörten Lehmhütten und ein Fahrzeug. So berichten pakistanische Sicherheitskreise am 4. Sep. Es war der dritte Drohnenangriff in der Region in dieser Woche.
  • Bei Kämpfen und Anschlägen sind am Wochenende in Afghanistan zwei weitere NATO-Soldaten getötet worden. Wie die Internationale Afghanistantruppe ISAF mitteilte, kam ein Soldat bei einem Rebellenangriff am 5. Sep. ums Leben. Seine Nationalität wurde nicht mitgeteilt. Am 4. Sep. starb ein US-Soldat durch einen vermutlich von den Taliban gelegten Sprengsatz. Beide Vorfälle ereignete sich im Süden des Landes. Insgesamt wurden in Afghanistan seit Januar 497 ausländische Soldaten getötet, nach 521 im gesamten Vorjahr.
  • Ein vor fünf Monaten in Afghanistan mutmaßlich von den Taliban entführter japanischer Journalist ist wieder frei. Kosuke Tsuneoka sei am Abend des 4. Sep.freigelassen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am 5. Sep. unter Berufung auf Regierungskreise. Tsuneoka sei bei guter Gesundheit und befinde sich in der japanischen Botschaft in Kabul.
  • Ein Jahr nach dem verheerenden Tanklastwagen-Bombardement von Kundus hat ein erstes Opfer laut «Spiegel Online» die Bundeswehr auf Schadensersatz verklagt. Ein Fahrer der von Taliban entführten Lastwagen habe am 3. Sep. seine Klage über deutsche Rechtsanwälte beim Landgericht Bonn eingereicht. Darin verlange jener Abdul Malek Schmerzensgeld, weil er bei dem von der Bundeswehr angeordneten NATO-Bombardement am 4. September 2009 schwer verletzt worden sei. Zudem sei der Fahrer bei den deutschen Entschädigungszahlungen für die Opfer nicht berücksichtigt worden, berichtete «Spiegel Online» am 5. Sep.
Montag, 6. September, bis Sonntag, 12 September
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 6. Sep. bei einem Anschlag auf eine Polizeistation im unruhigen Nordwesten Pakistans mindestens 19 Menschen mit in den Tod gerissen. 45 weitere Menschen verletzt, als der Täter in einem mit Sprengstoff beladenen Auto in das Gebäude raste. Unter den Toten seien neun Sicherheitskräfte und vier Schülerinnen, teilte die Polizei am Montag mit. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag im Distrikt Lakki Marwat, der an das Stammesgebiet Süd-Waziristan grenzt.
  • Die stockende Versorgung der deutschen Truppen in Afghanistan mit teilweise lebenswichtiger Ausrüstung beruht nach Einschätzung des Wehrbeauftragten der Bundeseregierung, Hellmuth Königshaus, auch auf einer falschen Wahrnehmung der Einsatzsituation. Der Nachrichtenagentur dapd sagte Königshaus am 6. Sep., die Soldaten in Afghanistan seien durch Kalaschnikows, Panzerfäuste, selbstgebaute Bomben und Minenfallen bedroht. Da könnten bei der Materialbeschaffung nicht länger alle deutschen zivilen Normen und Bedenken berücksichtigt werden. Als Beispiel nannte er fehlende Minenräumtechnik. Von den US-Truppen benutzte Ausrüstung dürften die deutschen Soldate derzeit nicht nutzen. Der Grund: "Sie können nicht nach zivilen deutschen Normen, wie der Straßenverkehrszulassung, ausgestattet werden", sagte Königshaus. Die Folgen seien gravierend. Die deutschen Soldaten müssten "aus den geschützten Fahrzeugen raus, um Sprengkörper zu suchen und von Hand zu beseitigen".
  • Die NATO erwägt die Entsendung von 2000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan. Damit würde das Nordatlantik-Bündnis einer Anfrage seines Afghanistan-Kommandeurs David Petraeus entsprechen, sagte ein NATO-Vertreter, der anonym bleiben wollte, am 6. Sep. der Nachrichtenagentur AFP. Zu den neuen Truppen würden demnach unter anderem 750 Ausbilder zählen, die die afghanischen Sicherheitskräfte unterweisen sollen. Die Anfrage von US-General Petraeus sei an die 28 Mitgliedstaaten der NATO weitergeleitet worden; diese müssten nun einzeln antworten, ob und welche Zusagen sie machen könnten.
  • Die überraschende Ankündigung Brandenburgs, keine Polizisten mehr als Ausbilder nach Afghanistan zu schicken, findet in den übrigen Ländern offenbar keine Nachahmer. Niedersachsen, Thüringen, Sachsen,t Mecklenburg-Vorpommern sowie Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz wollen auch künfig Beamte an den Hindukusch entsenden, wie am 6. Sep. eine Länderumfrage der Nachrichtenagentur dapd ergab. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann äußerte deutliche Kritik am Rückzug Brandenburgs aus der Polizeimission. Damit verlasse die Potsdamer Landesregierung die klare Linie der Innenministerkonferenz, erklärte der CDU-Politiker in Hannover. "Niedersachsen verurteilt dieses Vorgehen scharf, weil es die Mission am Hindukusch schwächt und die Arbeit der verbleibenden Polizeibeamten erschwert", sagte er.
  • Mit einem Drohnenangriff hat die US-Armee in Pakistan erneut fünf mutmaßliche Aufständische getötet. Ein unbemanntes Flugzeug habe am 6. Sep. zwei Raketen auf ein fahrendes Auto in der Unruheprovinz Nord-Waziristan abgefeuert, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP von einem Vertreter der pakistanischen Sicherheitskräfte, der nicht namentlich genannt werden wollte. Dabei seien fünf Rebellen in dem Auto getötet worden. Geheimdienstkreise bestätigten die Angaben über den Vorfall nahe der Grenze zu Afghanistan.
  • US-Präsident Barack Obama empfängt am 7. Sep. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, um unter anderem über den internationalen Afghanistan-Einsatz zu beraten. Bei dem Treffen im Weißen Haus in Washington geht es laut Obamas Sprecher "um die Rolle der NATO beim Vorantreiben unserer gemeinsamen Interessen in Europa und darüber hinaus", wie etwa den Einsatz der NATO-Truppe ISAF in Afghanistan.
  • Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert scharf, dass die brandenburgische Landesregierung keine Polizisten mehr als Ausbilder nach Afghanistan schickt. Der Polizeieinsatz am Hindukusch sei eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg am 7. Sep. der RBB-Welle Radioeins. "Da kann sich nicht einer sozusagen einen weißen Fuß machen nach dem Motto, ich bin der Gute, ich gehe da raus, und die anderen haben die Last zu tragen." Freiberg regte allerdings an, dass die Innenminister sich zusammensetzen sollten, um zu sehen, ob die deutsche Polizei am Hindukusch überhaupt "einen wesentlichen Beitrag leistet". Er wies in diesem Zusammenhang auf viele Defizite des Einsatzes hin.
  • Der Westen stößt nach Einschätzung des renommierten Londoner Instituts für Strategische Studien (IISS) in Afghanistan "politisch und militärisch" an seine Grenzen. In seinem jährlichen Bericht zur globalen Sicherheit schreibt das Institut am 7. Sep., dass es "zunehmend zweifelhaft" werde, ob die Ziele, die Taliban zu besiegen, eine afghanische Regierung und afghanische Sicherheitkräfte aufzubauen und die Korruption zu unterbinden, erreichbar seien.
    Es sei für die internationalen Truppen in Afghanistan womöglich notwendig und empfehlenswert, zu einer Politik der "Abschreckung und Eindämmung" der terroristischen Bedrohung in dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet überzugehen, heißt es in dem Bericht. Die Zukunft liege "eindeutig" in Verhandlungen zwischen den Beteiligten des Konflikts. Eine starke Präsenz ausländischer Truppen verstärke hingegen Befürchtungen, dass die Taliban dadurch gestärkt und angeheizt werden könnten. Ein zu rascher Abzug der Truppen könne andererseits einen "Zusammenbruch Afghanistans" verursachen, warnt das Londoner Institut. Auf der gegenwärtigen Strategie zu beharren berge wiederum die Gefahr, durch "überholte Vorstellungen" in ein "langwieriges Desaster" hineingezogen zu werden. Vor allem Pakistan kommt nach Auffassung des IISS langfristig eine besondere Rolle zu, da dort ansässige Islamisten Anschläge und Gewalt in Afghanistan organisierten. Der Westen müsse deshalb eine neue Strategie für Pakistan ausarbeiten.
  • Die afghanischen Sicherheitskräfte können nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen voraussichtlich ab kommendem Jahr damit beginnen, die Verantwortung für ihr Land zu übernehmen. Die NATO werde bei einem Treffen in Lissabon im November Pläne für eine schrittweisen Übergabe der Sicherheitsverantwortung bekanntgeben, sagte Rasmussen am 7. Sep. vor einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama in Washington. Das von Obama genannte Datum für einen Beginn des Rückzugs der US-Soldaten aus Afghanistan, der Juli 2011, entspreche den bisherigen Plänen. Einige NATO-Vertreter und europäische Regierungen hatten angedeutet, mit der Übergabe der Verantwortung könne noch in diesem Jahr begonnen werden.
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich besorgt über einen möglichen Zusammenbruch des Finanzsystems in Afghanistans gezeigt. Westerwelle sagte der "Passauer Neuen Presse" vom 8. Sep: "Wir erwarten von der afghanischen Regierung ein entschiedenes Vorgehen gegen Korruption." Die jüngsten Nachrichten müssten "sehr ernst" genommen werden. In den vergangenen Tagen hatten Berichte für Unruhe gesorgt, die unter Korruptionsverdacht stehende Kabul Bank habe Liquiditätsprobleme und stehe vor der Pleite.
  • Der Mitbegründer der Enthüllungs-Website Wikileaks, Julian Assange, erachtet die Vergewaltigungsvorwürfe der schwedischen Justiz gegen ihn als haltlos. Der "abgekartete" Fall sei von den ihn beschuldigenden Frauen und möglicherweise von der schwedischen Boulevardpresse inszeniert worden, sagte Assange der Nachrichtenagentur AFP in einem Telefoninterview am 8. Sep. Er sei das "Opfer" eines "persönlichen Rachefeldzugs".
  • Bei einem mutmaßlichen Sprengstoffanschlag in den Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans sind neun Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Im Dorf Dol Ragha im Bezirk Kurram unweit der Grenze zu Afghanistan sei am 9. Sep. eine am Straßenrand platzierte Landmine explodiert, als ein Kleinbus vorbeigefahren sei, teilte ein örtlicher Behördenvertreter mit. Dabei habe es sich um "einen Vorfall sektiererischer Gewalt" zwischen Sunniten und Schiiten gehandelt. Auch ein Geheimdienstmitarbeiter schätzte die Explosion so ein. Die Opfer des Anschlags seien allesamt Sunniten gewesen.
  • Beim vierten US-Drohnenangriff in Pakistan binnen 24 Stunden sind am 9. Sep. im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan mindestens sechs Menschen getötet worden. Ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte, sagte, drei weitere Menschen seien verletzt worden. Ziel des Raketenbeschusses sei ein Haus im Stammesgebiet Nord-Waziristan gewesen, das von Anhängern des regierungsfreundlichen Taliban-Kommandeurs Hafiz Gul Bahadur genutzt worden sei. Bahadur hat ein Friedensabkommen mit der pakistanischen Regierung unterzeichnet. Seine Anhänger greifen - anders als andere Taliban-Gruppen - keine pakistanischen Regierungsmitarbeiter oder Sicherheitskräfte an. Sie verüben vor allem Anschläge auf ausländische Truppen auf der afghanischen Seite der Grenze.
  • Die zunehmende Gewalt in Afghanistan gefährdet nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Gültigkeit des Ergebnisses der in eineinhalb Wochen geplanten Parlamentswahl. In einem am 9. Sep. in Kabul vorgestellten Bericht heißt es, Kandidaten und ihre Mitarbeiter würden eingeschüchtert und drohten von den radikalislamischen Taliban oder Konkurrenten ermordet oder entführt zu werden. Weibliche Kandidatinnen seien davon besonders betroffen. "Die Angriffe der Taliban und der große Mangel an Vertrauen in die Fähigkeit der afghanischen Regierung, die Sicherheit bei den Wahlen zu garantieren, stellen die Gültigkeit des Urnengangs in Frage."
  • Entsetzen über die eigenen Truppen in den USA: Amerikanische Soldaten sollen afghanische Zivilisten getötet und dann deren Körperteile als Trophäen mitgenommen haben - Finger- und Beinknochen, einen Zahn und einen Schädel. Das geht nach Medienberichten aus Anklagepapieren hervor, die das US-Militär in Seattle (Bundesstaat Washington) veröffentlichte. Danach sollen Infanteristen im Januar, Februar und Mai drei Afghanen mit Gewehren und Granaten getötet haben, ohne dass die Zivilisten für sie eine Bedrohung darstellten.
    Die mutmaßliche Mordserie an afghanischen Zivilisten lässt das Pentagon um den Rückhalt seiner Streitkräfte in der Region fürchten. Die Vorwürfe seien zwar noch unbewiesen, aber "trotzdem ernst", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am 10. Sep. mit Blick auf die verheerende Außenwirkung des Falls. Insgesamt fünf Soldaten, so berichtete die «Seattle Times», sollen sich wegen vorsätzlichen Mordes verantworten, im Fall eines Schuldspruches drohe ihnen lebenslange Haft oder in einigen Fällen auch die Todesstrafe. Die Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück. Die Soldaten seien in der Provinz Kandahar eingesetzt gewesen und hätten sich ein Jahr lang in Afghanistan aufgehalten, hieß es weiter.
  • Aus Wut vor der von einem radikalen US-Pastor angedrohten Koran-Verbrennung sind im afghanischen Faisabad tausende Menschen auf die Straße gegangen und haben Steine auf den dortigen Bundeswehrstützpunkt geworfen. Die Demonstranten seien am 10. Sep. nach dem Freitagsgebet zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan aus den Moscheen gekommen und hätten sich zu den Protesten versammelt, sagte der Vizechef der Polizei in der Provinz Badachschan, Sajed Hassan Dschafari, der Nachrichtenagentur AFP. Einige Menschen, darunter auch Polizisten, seien verletzt worden. Die Menge skandierte demnach "Tod den USA".
    Später wurde berichtet, ein Demonstrant sei erschossen worden. Der Sprecher der Regierung der Provinz Badachschan, Mohammad Amin Sohail, sagte, afghanische Polizisten hätten das Feuer eröffnet, nachdem ein Mob Steine auf das Camp geworfen habe. Fünf weitere seien verwundet worden. Auch fünf Polizisten seien verletzt worden. - Weder die Bundeswehr noch Provinz-Polizeichef Agha Nur Kentus bestätigten, dass es ein Todesopfer gegeben habe.
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die Mitgliedstaaten des Militärbündnisses aufgerufen, mehr Truppen zur Ausbildung der afghanischen Streitkräfte bereitzustellen. "Ich dränge alle Verbündeten und Partner, die Lücken in unserer Ausbildungsmission zu füllen", sagte Rasmussen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Spaniens Ministerpräsident José Luis Zapatero am 10. Sep. in Madrid. Die Ausbildung der afghanischen Armee sei zentrales Element der Strategie der NATO-Truppe ISAF zur Übergabe der Sicherheitsverantwortung. Die Ausbildungsmission sei "der Weg zum Abzug unserer Truppe," sagte Rasmussen.
  • Die auf Enthüllungen spezialisierte Internetplattform Wikileaks wird einem Medienbericht zufolge in Kürze zahlreiche geheime US-Dokumente zum Irak-Krieg veröffentlichen. Das US-Magazin "Newsweek" zitierte den Chefredakteur der in London ansässigen Journalistenorganisation Büro für investigativen Journalismus, Iain Overton, am 10. Sep. mit den Worten, es werde sich dabei um die "größte Veröffentlichung von Geheimdokumenten" überhaupt handeln. Das Material über den Irak-Krieg werde dreimal so umfangreich sein wie das Material, das Wikileaks Ende Juli über den Einsatz in Afghanistan veröffentlicht hatte.
  • Bei Protesten gegen die von einem radikalen US-Pastor zwischenzeitlich angedrohte Koran-Verbrennung sind in Afghanistan zwei Menschen getötet worden. "Wir haben versucht, die Demonstranten davon zu überzeugen, dass keine Koran-Exemplare mehr verbrannt werden", sagte der Gouverneur des Distrikts Baraki Barak in der östlichen Provinz Logar, Mohammad Amin Rahim, am 12. Sep. der Nachrichtenagentur AFP. Dennoch hätten etwa 200 bis 300 Demonstranten drei Polizeiabsperrungen in Brand gesteckt.
  • Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, hat die jüngste Beförderung von Oberst Georg Klein kritisiert. "Die militärische und politische Führung handeln hier sehr populistisch gegenüber den Soldaten", sagte er laut einem Vorbericht vom 12. Sep. der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 13. Sep.). "Ich gönne dem Herrn Klein persönlich seinen Frieden und dass er wieder zur Ruhe kommt. Aber was er getan hat, war falsch. Und das muss auch klar gesagt werden. Da sehe ich Defizite beim Minister." In der Bundeswehr bestehe "das Risiko, dass viele dies falsch verstehen und am Ende auch noch meinen, der Einsatz wäre gut gewesen."
Montag, 13. September, bis Sonntag, 19. September
  • Die NATO-Truppe ISAF hat mit Luftangriffen nach eigenen Angaben 14 Aufständische im umkämpften Süden Afghanistans getötet. Eine ISAF-Patrouille geriet am 12. Sep.g in der Provinz Orusgan unter Beschuss und forderte daraufhin Unterstützung aus der Luft an, wie das ISAF-Kommando am 13. Sep. in Kabul mitteilte. Nach ersten Informationen seien durch den Einsatz keine Zivilisten ums Leben gekommen.
  • Die Parlamentswahl in Afghanistan wird weder frei noch fair über die Bühne gehen - davon geht der Wahlbeobachter Thomas Ruttig aus. Für eine freie und faire Wahl nach internationalen Maßstäben seien die institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen nicht ausreichend, sagte er. Der Afghanistan-Experte begleitet die Wahl am 18. Sep. als offizieller Beobachter im Südosten des Landes. Bundesaußenminister Guido Westerwelle appellierte an die afghanische Führung, für freie Parlamentswahlen zu sorgen. (dpa, 13. Sep.)
  • Die afghanische Parlamentswahl am 18. September droht ähnlich chaotisch und umstritten abzulaufen wie die Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des "Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction", einer Überwachungsbehörde der US-Regierung. Fast ein Drittel der Stimmen des ersten Wahlgangs im August 2009 wurde später von einer UN-gestützten Beobachtergruppe wegen Betrugs für ungültig erklärt. In dem am 14. Sep. vorgelegten Bericht wurde vermerkt, dass durchaus einige logistische Probleme angegangen worden seien, die zu dem Wahlbetrug 2009 beigetragen haben, darunter verbesserte Möglichkeiten, um Stimmzettel zurückzuverfolgen. Allerdings werde der Wahlprozess in Afghanistan noch immer von tiefergehenden Problemen heimgesucht. So mangele es an glaubwürdigen Listen registrierter Wähler, die Sicherheitsüberprüfung von Kandidaten sei unzulänglich und Wahlorganisationen seien befangen. Dies sind "langfristige Fragen, die zu behandeln Jahre dauern wird", heißt es weiter. Der Bericht erläutert, dass die afghanische Beschwerdekommission seit der Präsidentschaftswahl an Unabhängigkeit verloren hat. Mittlerweile werden sämtliche Mitglieder von Präsident Hamid Karsai berufen. Dieser wählte zwei internationale Bevollmächtigte für das Gremium aus. Zuvor gehörten diesem drei internationale Mitglieder an, die von den UN ausgewählt wurden.
  • Im Norden Afghanistans ist ein Bundeswehr-Soldat durch einen Anschlag verletzt worden. Er habe am Morgen durch die Explosion einer Sprengfalle elf Kilometer nordwestlich des Bundeswehrstützpunktes Kundus eine "mittelschwere Verwundung" erlitten, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am 14. Sep. mit.
  • Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in Afghanistan haben die Behörden in der Unruheprovinz Ghasni tausende gefälschte Wahlzettel beschlagnahmt. Der Leiter der unabhängigen Wahlkommission in der Provinz sagte am 14. Sep. der Nachrichtenagentur AFP, Geheimdienstmitarbeiter hätten 3000 gefälschte Wahlkarten beschlagnahmt, die in Pakistan gedruckt worden seien. Der Chef der Wahlkommission, Fasel Ahmed Manawi, sagte in Kabul, gefälschte Wahlzettel könnten keinen negativen Einfluss auf den Verlauf der Wahl haben. Weil die Finger der Wähler nach ihrer Stimmabgabe mit nicht abwaschbarer Tinte markiert würden, würden die Fälscher "nur ihr Geld und ihre Zeit verschwenden".
  • Bei einem Bombenanschlag während eines Konzerts des afghanischen Stars Farhad Darya sind am 14. Sep. mindestens 13 Zuschauer verletzt worden. Die Explosion ereignete sich am Ende des Konzerts in einem Sportstadion in der westafghanischen Stadt Herat, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Zum Zeitpunkt der Explosion machten sich die tausenden Fans gerade auf den Heimweg. Die Bombe befand sich anscheinend an einem am Stadion geparkten Motorrad. Nach Angaben eines Krankenhauses wurden 13 Verletzte eingeliefert.
  • Trotz der zunehmenden Gewalt im Land zeigt sich der UN-Sondergesandte in Afghanistan, Staffan de Mistura, im Vorfeld der Parlamentswahlen am Hindukusch optimistisch: Das Votum am 18. Sep. werde den kriegsmüden Afghanen zeigen, dass "Wahlen besser sind als Waffen", wenn es um die Bewältigung der Konflikte im Land gehe, sagte der UN-Vertreter in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP am 14. Sep. Eine Annulierung der bereits zweimal verschobenen Abstimmung hätte einen Sieg für die Taliban bedeutet, warnte der UN-Vertreter.
  • Mindestens zehn Menschen sind bei Luftangriffen im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan getötet worden. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen vom 15. Sep. wurden sieben US-Drohnen auf zwei Gebäude abgefeuert. Über die Identität, der in Nord-Waziristan Getöteten, gibt es noch keine Informationen. Bereits gestern waren bei Luftangriffen in der Region 15 Menschen ums Leben gekommen. Das Gebiet gilt als Hochburg der radikalislamischen Taliban und des Terrornetzwerks Al Kaida.
  • Drei Tage vor der Parlamentswahl in Afghanistan haben hunderte Menschen in der Hauptstadt Kabul gewaltsam protestiert. Nach Angaben des Innenministeriums verhinderten Sicherheitskräfte den Marsch der Demonstranten ins Zentrum von Kabul. Auf beiden Seiten gab es demnach mehrere Verletzte.
    Nach Angaben des Sprechers des afghanischen Innenministeriums, Semarai Baschari, beteiligten sich rund 600 Menschen an der Kundgebung am 15. Sep. Die Demonstranten schleuderten demnach Steine auf die Anti-Aufruhr-Einheiten und blockierten eine Straße mit brennenden Reifen. Mindestens drei Sicherheitsbeamte und rund ein Dutzend Demonstranten seien verletzt worden. Baschari sagte, die Sicherheitskräfte hätten Warnschüsse in die Luft abgegeben. Er versicherte, die Lage sei unter Kontrolle.
    Unter den Demonstranten waren laut Vize-Polizeichef Chalilullah Dastjar auch Anhänger der radikalislamischen Taliban. Sie hätten auf Polizisten geschossen. Ein AFP-Fotograf berichtete von einer Gruppe Männer, die mit großen weißen Fahnen, dem Symbol der Taliban, um ein Feuer standen. Der Fotograf berichtete ebenfalls von Schüssen. Die Polizei habe die Straße zum Zentrum abgeriegelt.
    Nach Angaben von Ministeriumssprecher Baschari protestierten die Demonstranten erneut gegen die ursprünglich von einem fundamentalistischen US-Pastor geplante Koran-Verbrennung anlässlich des Jahrestags der Terroranschläge vom 11. September 2001.
  • Am 15. Sep. griffen NATO-Kampfflugzeuge in der nordafghanischen Provinz Kundus im Einsatzgebiet der Bundeswehr Stellungen der Taliban an und töteten acht Aufständische. Wie die Schutztruppe mitteilte, galt der Angriff einer Gruppe, die während der Parlamentswahlen am 18. Sep. Anschläge verüben wollte. Die Taliban haben angekündigt, die Wahlen zu stören und die Afghanen davor gewarnt, ihre Stimme abzugeben.
  • Die Taliban haben die Afghanen erneut zum Boykott der Parlamentswahl aufgerufen. "Wir rufen die muslimische Nation zum Boykott auf", hieß es in einer am 16. Sep. veröffentlichten Erklärung der Taliban. Alle Einmischungen aus dem Ausland müssten bekämpft und die Angreifer müssten "im Einklang mit dem Dschihad und dem islamischen Widerstand aus dem Land gejagt" werden. "Eine Wahl unter amerikanischer Besatzung dient nur den Interessen der Angreifer und hat schwer wiegende Konsequenzen für unser Volk und unser Land und verlängert die Tragödie, die unser Volk durchlebt", hieß es in der Erklärung.
  • Zwei Tage vor den Parlamentswahlen in Afghanistan hat es bei gewaltsamen Protesten weitere Tote gegeben. Wie die Polizei am 16. Sep. mitteilte, demonstrierten in der südlichen Provinz Urusgan ungeachtet der Absage der geplanten Koran-Verbrennung in den USA erneut hunderte Menschen vor einen Stützpunkt der Internationalen Schutztruppe ISAF. Als Steine geflogen seien, hätten Soldaten in die Menge gefeuert und zwei Männer getötet. Die ISAF erklärte, ein bewaffneter Demonstrant habe versucht, in das Gelände einzudringen und sei erschossen worden.
  • Bei einem Angriff von Aufständischen im Süden des Landes starb nach ISAF-Angaben vom 16. Sep. ein ausländischer Soldat. Einzelheiten wurden nicht bekannt.
  • In der Provinz Kandahar seien bei einem Gefecht mit Sicherheitskräften vier Extremisten getötet worden, teilte die Provinzregierung am 16. Sep. mit. Zudem seien zwei Kinder bei der Explosion eines Sprengsatzes ums Leben gekommen.
  • In Afghanistan haben die Taliban kurz vor der Parlamentswahl versucht, den Urnengang mit Gewaltaktionen zu sabotieren. Einen Tag vor der Wahl entführten die Taliban-Rebellen einen Kandidaten sowie mehrere Wahlhelfer, wie Vertreter der Wahlkommission mitteilten. Der Kandidat Abdul Rahman Hajat wurde in der westlich von der Hauptstadt Kabul gelegenen Provinz Laghman verschleppt, wie der Vertreter der Wahlkommission in der Provinz am 17. Sep. mitteilte. Ein Taliban-Sprecher bestätigte gegenüber AFP die Angaben und übernahm im Namen der Radikalislamisten die Verantwortung für die Tat.
    Zuvor hatten mutmaßliche Mitglieder der Taliban zehn Helfer eines Kandidaten sowie acht Mitarbeiter der Wahlorganisatoren in der nordwestlichen Provinz Badghis verschleppt, wie der Chef der Wahlkommission in der Provinz, Abdul Rahman, sagte. Nach Angaben von Bezirks-Gouverneur Mohammed Schah Hansala wurden sie in einem von den Taliban kontrollierten Gebiet entführt. Insgesamt treten mehr als 2500 Kandidaten an, um einen der 249 Sitze im Abgeordnetenhaus in Kabul zu erhalten
  • Afghanistans Präsident Karsai rief die Wahlberechtigten auf, den Gewaltdrohungen zum Trotz ihre Stimme abzugeben. "Wir hoffen, dass die Menschen in allen Ecken unseres Landes, in jeder Stadt unseres Landes und jeder Provinz zu den Wahllokalen gehen werden und für den von ihnen bevorzugten Kandidaten ihre Stimme abgeben und dadurch unser Land zu weiterer Stabilität bringen werden", sagte er am 17. Sep. Vor der Wahl war jedoch bereits klar, dass etwa 15 Prozent der Wahllokale geschlossen bleiben, weil sie in umkämpften Regionen liegen.
  • EU-Außenministerin Catherine Ashton hat die am 18. Sep. anstehenden Parlamentswahlen in Afghanistan als "wichtiges und sichtbares Zeichen der Souveränität Afghanistans" gewürdigt. Die Wahlen würden in einem "sehr schwierigen Sicherheitsumfeld" stattfinden, erklärte Ashton am 17. Sep. in Brüssel. Sie sende dem afghanischen Volk, den Kandidaten, Wählern und für die Wahl Verantwortlichen daher eine "Botschaft der Unterstützung". Sie alle würden mit ihrem Einsatz die Zukunft ihres Landes gestalten.
  • Wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale in Afghanistan ist das NATO-Hauptquartier in Kabul mit einer Rakete beschossen worden. Bei der schweren Explosion in den frühen Morgenstunden habe es sich um einen Angriff auf die NATO in der afghanischen Hauptstadt gehandelt, sagte eine Sprecherin der NATO-Truppe ISAF, Katie Kendrick, der Nachrichtenagentur AFP am 18. Sep. Das Geschoss habe in der Nähe des Hauptquartiers eingeschlagen.
  • Überschattet von Gewalt hat am 18. Sep. in Afghanistan die Parlamentswahl begonnen. In der Hauptstadt Kabul und in weiteren Städten im Osten des Landes wurde der Wahlauftakt von Anschlägen begleitet, bei denen mindestens zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt wurden.
    In einem Haus in der östlichen Provinz Nangarhar schlug laut Polizei ein Sprengsatz ein; zwei Menschen wurden dabei getötet. In der Region ereigneten sich demnach auch zwei Explosionen in der Nähe von Wahlbüros. In der südlichen Provinz Kandahar, die als eine Hochburg der radikalislamischen Taliban gilt, wurde zudem ein Anschlag auf den Konvoi des Gouverneurs Torjalai Wesa verübt. Niemand sei verletzt worden, sagte Wesa der Nachrichtenagentur AFP.
    Bei einem Anschlag auf ein weiteres Wahllokal im Osten des Landes wurden nach Klinikangaben drei Menschen verletzt. Bei zwei der Verletzten handelt es sich nach Angaben der Provinzregierung um Wahlbeobachter. Einer davon schwebe in Lebensgefahr. Nur wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale war das NATO-Hauptquartier der Hauptstadt mit einer Rakete beschossen worden. Niemand wurde verletzt.
  • Zum zweiten Mal seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 sind die Afghanen am 18. Sep. dazu aufgerufen, ein Parlament zu wählen. Auf die 249 Sitze im Unterhaus (Wolesi Dschirga) bewerben sich 2556 Kandidaten. 68 Sitze sind für Frauen reserviert.
    407 Kandidatinnen stehen zur Abstimmung, bei der Parlamentswahl 2005 lag diese Zahl mit 328 Frauen niedriger. Parteien stehen nicht zur Wahl. Nur einzelne Kandidaten dürfen mit einfacher, nicht übertragbarer Stimme gewählt werden.
    Nach Angaben der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) sind 17,5 Millionen Wähler registriert. Tatsächlich rechnet die IEC aber nur mit 12,5 Millionen Wahlberechtigten. Bei vergangenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen waren teilweise mehrere Wahlausweise an einzelne Afghanen ausgegeben worden, die immer noch gültig sind. Ein Wählerregister, das zur Vermeidung von Wahlbetrug immer wieder geplant worden war, existiert bis heute nicht.
    Die meisten unabhängigen Wahlbeobachter stellt die «Free and Fair Election Foundation of Afghanistan» (FEFA). Sie will am Wahltag mit 7000 Beobachtern für Transparenz sorgen. Außerdem sind zahlreiche sogenannte Kandidaten-Agenten eingesetzt, die für bestimmte Bewerber die Wahl beobachten und damit nicht unabhängig sind.
    Ausländische Wahlbeobachter sind schwächer vertreten als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr, die von massivem Betrug überschattet worden war. Wahlbeobachter rechnen auch bei der bevorstehenden Abstimmung mit Unregelmäßigkeiten. Vor Verkündung eines amtlichen Endergebnisses durch die IEC muss die Wahlbeschwerdekommission (ECC) Vorwürfe über Wahlbetrug prüfen.
    Die IEC will nach eigenen Angaben am 30. Oktober ein amtliches Endergebnis mitteilen. Bei der Präsidentschaftswahl hatte sich das Endergebnis um Wochen verzögert.
    Am Wahltag sollen nach IEC-Angaben 5897 Wahllokale mit rund 18 000 Wahlkabinen geöffnet werden. Wegen der schlechten Sicherheitslage bleiben weitere 1119 Wahllokale in gefährlichen Gegenden geschlossen.
  • Die Parlamentswahl in Afghanistan wird nach Einschätzung des deutschen Wahlbeobachters Thomas Ruttig weder frei noch fair über die Bühne gehen. «Für eine freie und faire Wahl nach internationalen Maßstäben sind die institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen nicht ausreichend», sagte der Ko-Direktor des Afghanistan Analysts Network (AAN) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa am 18. Sep. Ruttig sagte, man müsse diskutieren, wie groß die Abstriche sein dürften, damit das Ergebnis für Wähler und Kandidaten noch akzeptabel bleibe. «Viele Kandidaten trauen der Regierung nicht zu, glaubwürdige Wahlen zu organisieren.» Kritiker meinten, Präsident Hamid Karsai habe inzwischen hundertprozentige Kontrolle über die Unabhängige Wahlkommission (IEC) und die Wahlbeschwerdekommission (ECC). Aufgabe der ECC ist die Untersuchung von Vorwürfen des Wahlbetrugs. Ohne sie darf die IEC kein amtliches Endergebnis verkünden. Ruttig sagte, ECC-Mitarbeiter seien oft nicht ausreichend ausgestattet, um ihre Arbeit zu tun. In manchen Provinzen säßen sie in leeren Büros ohne Computer. Die schlechte Sicherheitslage verhindere zudem in bestimmten Regionen, dass sie Betrugsvorwürfen am Ort des Geschehens nachgehen könnten. Der Afghanistan-Experte kritisierte, trotz massiven Betrugs bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr gebe es weiterhin kein funktionierendes Wählerregister. Lücken im Wahlgesetz führten dazu, dass die Wahlkommission des Landes nur dem Namen nach unabhängig sei. Ruttig machte die internationale Gemeinschaft mitverantwortlich für die Versäumnisse. Sie hätte mehr Einfluss auf die afghanische Regierung ausüben müssen, die erstmals eine Wahl alleine organisiert. Ruttig sagte, Karsai wolle eine starke Mehrheit seiner Anhänger im neuen Parlament etablieren. Dann könnte er eine Änderung der Verfassung in die Wege leiten, die ihm bislang eine dritte Amtszeit verbietet. «Ich sage nicht, dass das passieren wird. Aber man muss ein Auge darauf haben.» Der Betrug bei der Präsidentschaftswahl im August 2009 war vor allem dem Karsai-Lager angelastet worden.
  • Die Bundeswehr will die bislang in Afghanistan eingesetzten sechs deutschen Tornado-Kampfjets offenbar abziehen. Generalinspekteur Volker Wieker habe Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine entsprechende militärische Empfehlung zur Entscheidung vorgelegt, berichtete das Magazin "Spiegel" am 18. Sep. Der Abzug der Aufklärer, die seit 2007 für die internationale Schutztruppe ISAF über Afghanistan mit einer hochauflösenden Kamera Lagebilder liefern, gehe auf einen Vorschlag des ISAF-Oberkommandierenden David Petraeus zurück.
  • Wegen der Gewalt bei der Parlamentswahl in Afghanistan hat die Bundeswehr in Kundus am 18. Sep. nach offiziellen afghanischen Angaben ihre Panzerhaubitzen eingesetzt. Der Gouverneur der nördlichen Provinz Kundus, Mohammad Omar, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die deutschen Truppen hätten Ziele im Unruhedistrikt Char Darah mit schwerer Artillerie beschossen. Über Opfer lagen keine Angaben vor. Omar sagte, bei mehr als einem Dutzend Anschlägen und Angriffen in der Provinz seien 15 Zivilisten und ein Polizist verletzt worden. Betroffen seien Kundus-Stadt, Char Darah und der Distrikt Ali Abad.
    Auch deutsche Soldaten in Kundus wurden am Wahltag zum Angriffsziel. Die Bundeswehr teilte auf ihrer Homepage mit, deutsche Soldaten seien am 18. Sep. rund elf Kilometer nordwestlich des Feldlagers beschossen worden. Die Truppen hätten das Feuer erwidert. Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen. Die Bundeswehr teilte weiter mit, im Bereich des Feldlagers seien am 18. Sep. sieben Raketen eingeschlagen. Das Camp selber sei nicht getroffen worden. Eine Rakete sei in der Nähe des Flughafens Kundus detoniert. Bei keinem der Einschläge seien Soldaten verwundet worden.
    Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos sagte, bei Gefechten in der an Kundus angrenzenden Provinz Baghlan unterstütze die Bundeswehr afghanische Sicherheitskräfte. Deutsche Soldaten seien bei den Kämpfen nicht zu Schaden gekommen.
  • Den Haftbefehl der schwedischen Justiz gegen den Mitbegründer der Enthüllungs-Website Wikileaks, Julian Assange, ist nach Angaben seines Anwalts aufgehoben worden. Das habe ihm die Stockholmer Staatsanwaltschaft mitgeteilt, sagte Anwalt Björn Hurtig am 18. Sep. Damit könne Assange Schweden verlassen, obwohl die Justiz weiter gegen ihn ermittelt.
  • An den Parlamentswahlen in Afghanistan haben sich nach Angaben der Wahlkommission 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Damit lag die Beteiligung deutlich höher als bei den Präsidentschaftswahlen im August, als etwa dreißig Prozent an die Urnen gegangen waren. [Aber wesentlich niedriger, wenn man die Parlamentswahl von 2005 zum Vergleich heranzieht. Damals gingen rund 54 % zur Wahl. Anmerk. AGF.] Nun steht eine langwierige Auszählung der Wahlzettel bevor, das offizielle Endergebnis wird für den 31. Oktober erwartet. Die Wahlen waren erneut von Gewalttaten der radikalislamischen Taliban überschattet. Bei zahlreichen Anschlägen und Raketenangriffen kamen nach afghanischen Polizeiangaben mindestens sieben Menschen ums Leben.
    Bei der Parlamentswahl in Afghanistan haben die Taliban nach Angaben der Regierung deutlich weniger Anschläge verübt als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Es seien 305 Gewaltakte verzeichnet worden, sagte Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak. Bei der Wahl im August 2009 seien 422 Anschläge verübt worden.
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die Parlamentswahlen in Afghanistan am 18. Sept. als "Bekenntnis vieler Afghanen zur Demokratisierung ihres Landes" gewürdigt. "Die Afghaninnen und Afghanen, die sich trotz der angespannten Situation zur Wahl gestellt haben, aber auch die, die zur Wahl gegangen sind, haben einen Mut zur Demokratie bewiesen, den wir gerade in Mitteleuropa, wo wir in sehr viel sichererem Umfeld leben, nur mit größtem Respekt würdigen können", sagte Westerwelle vor Journalisten in Berlin.
  • Nach den Parlamentswahlen in Afghanistan hat NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen dem Land weitere Unterstützung zugesagt. Er sprach den Afghanen seinen Respekt aus, dass sie trotz der Gewalt zur Wahl gegangen seien.
  • Bei den Parlamentswahlen in Afghanistan ist es nach Angaben einer afghanischen Nichtregierungsorganisation am 18. Sep. zu "umfassenden Unregelmäßigkeiten" gekommen. In den meisten Provinzen habe es unrechtmäßige Stimmabgaben gegeben, teilte die Stiftung Freie und Faire Wahlen in Afghanistan (FEFA) in Kabul mit. Wahlbeobachter der Stiftung hätten aus 389 von insgesamt etwa 4600 Wahllokalen Unregelmäßigkeiten gemeldet. In "vielen Fällen" hätten Wähler ihre Stimme nicht abgeben können, weil Stimmzettel fehlten. Einige Wahllokale hätten zudem verfrüht geschlossen.
  • Bei der Parlamentswahl in Afghanistan hat es nach Angaben der NATO mehr gewaltsame Zwischenfälle, aber weniger Tote gegeben als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Wie die NATO-Truppe ISAF am 19. Sep. mitteilte, wurden bei der Wahl am Vortag bei 485 Vorfällen insgesamt 22 Menschen getötet, darunter sieben Zivilisten, elf afghanische Sicherheitskräfte sowie vier NATO-Soldaten. Bei der Präsidentschaftswahl im August vergangenen Jahres hatte die NATO 479 Zwischenfälle gezählt. Damals kamen nach UN-Angaben 57 Menschen ums Leben.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat "Mut und Entschlossenheit" der Afghanen gelobt, die an der Parlamentswahl teilgenommen haben. Die Wahlen seien trotz einer problematischen Sicherheitslage abgehalten worden, sagte Ban am 19. Sep. Er verurteilte die Gewalttaten im Zuge der Wahl. Mit Blick auf Berichte über Unregelmäßigkeiten rief der UN-Generalsekretär "alle Beteiligten auf, die angemessenen rechtlichen Wege zu beschreiten, um Beschwerden einzureichen".
Montag, 20. September, bis Sonntag, 26. September
  • Der Kommandeur der NATO-Truppe in Afghanistan, US-General David Petraeus, hat sich anerkennend über deutsche Generäle im Ersten und Zweiten Weltkrieg geäußert. Als Student habe er "Bücher über die deutschen Generäle gelesen. Wir sind damit groß geworden", sagte er der "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 20. Sep.). Es gebe unter US-Offizieren "große Bewunderer der deutschen Schlachtfeld-Helden" aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. "Ich glaube, dass die guten Teile dieser Tradition bewahrt worden sind", sagte der Kommandeur der ISAF-Truppen in Afghanistan mit Blick auf die Bundeswehr.
  • Die britische Armee hat in der Nacht zum 20. Sep. die Kontrolle in dem besonders gefährlichen Bezirk Sangin im Süden Afghanistans an das US-Militär abgegeben. Die bereits im Juli angekündigte Übergabe des Bezirks in der Unruheprovinz Helmand wurde nun vom britischen Verteidigungsministerium mitgeteilt. Die britischen Truppen dürften "stolz sein auf ihre geleistete Arbeit in einer der schwierigsten Regionen Afghanistans", erklärte Verteidigungsminister Liam Fox.
  • Zwei Tage nach den Parlamentswahlen in Afghanistan reißt die Zahl der Beschwerden über den Ablauf des Urnengangs nicht ab. Bei der Wahlbeschwerdekommission (ECC) gingen allein in den 24 Stunden nach dem Abstimmungsende rund 700 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten ein. In hunderten Wahllokalen registrierten Wahlbeobachter Fälle von Wahlbetrug und Einschüchterung. Die Stiftung Freie und Faire Wahlen in Afghanistan (FEFA), die mit rund 7000 Wahlbeobachtern den Urnengang verfolgte, schrieb in ihrem ersten Bericht zur Parlamentswahl, dass in rund 350 Wahllokalen gefälschte Wahlkarten gefunden wurden. Zudem seien in etwa 1200 Wahllokalen Mehrfach-Stimmabgaben festgestellt worden. In knapp 1300 Wahlbüros hätten auch Minderjährige gewählt. Mancherorts seien die Wahlbeobachter an ihrer Arbeit gehindert worden. Auch viele Wähler seien von Verantwortlichen oder Kandidaten bei der Abstimmung eingeschüchtert worden. "Die Einschüchterung ist eines der größten Probleme", sagt FEFA-Präsident Nader Nadery. Hinweise auf möglichen Wahlbetrug gab es auch aus Wahllokalen, die zu spät öffneten oder in denen die Urnen außergewöhnlich voll waren.
    Die Nichtregierungsorganisation forderte die Wahlkommission auf, bei der Aufklärung der Betrugsvorwürfe mit der Beschwerdekommission zusammenzuarbeiten und "dem politischen Druck zu widerstehen, die Endergebnisse schnell ohne vollständige Prüfung der rechtmäßigen Stimmen zu verkünden". Erste Teilergebnisse werden für Mittwoch erwarten. Das Endergebnis soll Ende Oktober bekanntgegeben werden.
    Laut ECC wurden in den 702 bis Sonntagabend eingegangenen Beschwerden Fälle von abwaschbarer Tinte und gefälschten Wahlkarten moniert. Zahlreiche gefälschte Wahlkarten seien zwar rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen worden, allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass einige nicht doch eingesetzt worden seien, sagte ECC-Vertreter Ahmed Sia Rafaat. Der Geheimdienst hatte am Wahlabend die Beschlagnahmung von 22.000 gefälschten Karten vermeldet.
  • Beim Absturz eines Hubschraubers im Süden des Landes kamen neun NATO-Soldaten ums Leben. Nach Angaben der internationalen Schutztruppe ISAF vom 21. Sep. wurden bei dem Hubschrauberabsturz zudem zwei ausländische sowie ein afghanischer Soldat und ein US-Zivilist verletzt. Die Ursache des Absturzes werde untersucht, hieß es in der Erklärung der NATO. Bislang gebe es indes keine Hinweise darauf, dass der Helikopter beschossen wurde. Angaben zur Nationalität der Toten sowie zum exakten Ort des Unglücks machte die ISAF nicht.
    Einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP zufolge, die auf der unabhängigen Website icasualties.org basiert, ist das Jahr 2010 damit bereits jetzt das blutigste Jahr für die NATO-Soldaten seit Beginn des Einsatzes 2001. Mit den neun Toten kamen in diesem Jahr bereits 529 ausländische Streitkräfte ums Leben. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 521.
  • Die Grünen haben Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zum Abzug der Bundeswehr-Tornados aus Afghanistan aufgefordert. "Sie binden wichtige finanzielle und personelle Ressourcen und werden vor Ort nicht mehr gebraucht", erklärte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, am 21. Sep. Dabei berief er sich auf einen entsprechenden Vorschlag des Oberkommandierenden der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, David Petraeus. Dieser hält den Tornadoeinsatz nach Angaben des Verteidigungsministeriums für "nicht mehr zwingend notwendig". Guttenberg werde "in den nächsten Tagen" über den Abzug entscheiden, sagte ein Ministeriumssprecher.
  • An der Parlamentswahl in Afghanistan haben sich nach neuen offiziellen Angaben 47 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Landesweit hätten am 18. Sep. rund 4,33 Millionen Menschen ihre Stimme abgegeben, teilte die Unabhängige Wahlkommission (IEC) am 21. Sep. in der Hauptstadt Kabul mit. Demnach konnten mehr als 1300 Wahllokale aus Sicherheitsgründen nicht öffnen, nachdem die Taliban mit Gewalt gedroht hatten. Das offizielle Endergebnis des Urnengangs soll erst Ende Oktober verkündet werden.
  • Bei zwei US-Drohnenangriffen im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind am 21. Sep. mindestens 19 Menschen getötet worden. Ein Geheimdienstmitarbeiter sagte, Ziel der ersten Attacke sei ein Haus von Taliban-Kämpfern gewesen. Später, als die Leichen abtransportiert wurden, sei der zweite Angriff erfolgt.
    Seit Monatsbeginn gab es damit mehr als 15 Angriffe von unbemannten Flugzeugen in der Region. Insgesamt starben mehr als 100 Menschen, die meisten davon mutmaßliche Aufständische.
  • Die Zahl der Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei den Parlamentswahlen in Afghanistan ist weiter gestiegen. Wie die Wahlbeschwerdekommission (ECC) am 22. Sep. in Kabul mitteilte, gingen allein über Vorfälle während der Wahlen am 18. Sept. mehr als 2000 Beschwerden ein. Zu Vorfällen während des Wahlkampfes in den Wochen zuvor hatte die Kommission zudem 1700 weitere Beschwerden erhalten.
  • Bei der Suche nach seiner Afghanistan-Strategie hat US-Präsident Barack Obama einem neuen Buch zufolge ein heftig zerstrittenes Beraterteam zur Seite gestanden: US-Starjournalist Bob Woodward enthüllt in seinem neuen Werk, wie Obama seine Haltung mit Hilfe von entgegengesetzten Vorstellungen seiner Berater im Weißen Haus und im Pentagon finden musste - und dabei selbst manchmal seine Haltung verlor. Bei seinen Entscheidungen habe sich der Präsident auch von innenpolitischen Erwägungen leiten lassen, berichtete die "Washington Post" am 22. Sep. vorab aus dem Buch. (Siehe auch unseren Bericht: "Wasserwanzen im Weißen Haus".)
  • Die Bundesregierung plant einem Zeitungsbericht zufolge dem Willen des ISAF-Oberbefehlshabers David Petraeus zu entsprechen und mehr Bundeswehrsoldaten zur Ausbildung der afghanischen Streitkräfte an den Hindukusch zu entsenden. Im Gegenzug wolle die Bundesregierung die sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge von dort abziehen, berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" am 23. Sep. unter Berufung auf führende Koalitionskreise.
  • Nach dreijährigem Einsatz zieht Deutschland die in Afghanistan zur Aufklärung eingesetzten Tornado-Kampfflugzeuge ab. Das Verteidigungsministerium schickte den Obleuten der Bundestagsfraktionen am 23. Sep. eine entsprechende Mitteilung. Die sechs Tornados sollen demnach bereits bis November rückverlegt werden. Sie liefern seit April 2007 für die NATO-Truppe ISAF Lagebilder über Afghanistan mit einer hochauflösenden Kamera.
  • In Afghanistan haben die ersten Frauen die Ausbildung zum Offizier abgeschlossen. In einer feierlichen Zeremonie im Armee-Trainingslager in einem Vorort der Hauptstadt Kabul erhielten am 23. Sep. 29 Frauen ihre Abschlussdokumente. "Ich wollte schon immer Mitglied der afghanischen Armee sein und ich bin so stolz, diese Uniform zu tragen", sagte die 25-jährige Meena Scharifi. "Ich will mein Land gegen seine Feinde verteidigen."
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat Berichte über eine angebliche manisch-depressive Erkrankung zurückgewiesen. "Der Präsident ist gesund. Er wird nicht medizinisch behandelt, auch nicht wegen einer Depression", sagte Karsais Sprecher der Nachrichtenagentur AFP am 23. Sep. in Kabul. Der US-Enthüllungsreporter Bob Woodward berichtet in seinem Buch "Obama's Wars" (Obamas Kriege) über Verstimmungen zwischen der US-Regierung und Kabul und begründet dies auch mit der angeblichen Erkrankung Karsais.
    Unter Berufung auf den US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, listet Woodward in seinem am Montag erscheinenden Buch Medikamente auf, die der afghanische Staatschaf angeblich einnimmt. Die Erkenntnisse über eine manisch-depressive Erkrankung sollen vom US-Geheimdienst stammen. Karsais Sprecher bezeichnete dies als "hetzerische" Angriffe auf die "persönliche Integrität" des Präsidenten.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die zügige Freilassung dreier von Koalitionstruppen und dem afghanischen Geheimdienst festgehaltener Journalisten gefordert. Ein NATO-Sprecher bestätigte die Festnahme von zwei Journalisten am 13. und 15. Sep. Ein weiterer Journalist wurde nach Informationen der Organisation Reporter ohne Grenzen am 18. Sep. von afghanischen Polizeieinheiten festgenommen und in die Hauptstadt gebracht.
    Die NATO erklärte am 23. Sep., sie habe Informationen, dass sich zwei Reporter als Sprachrohr der Taliban betätigt hätten. Damit hätten sie die Akzeptanz der ausländischen Truppen und der afghanischen Regierung in der Bevölkerung untergraben, hieß es. Anwälte der Festgenommenen teilten mit, viele Journalisten unterhielten enge Verbindungen zu Aufständischen und Regierungsstellen, um vollständig über den seit neun Jahren andauernden Krieg berichten zu könnten. Auch Reporter ohne Grenzen schaltete sich ein. "Journalisten haben das Recht, mit allen Konfliktparteien zu reden, und dafür dürfen sie nicht verhaftet werden", erklärte die Organisation.
    Rund zwei Dutzend ihrer Kollegen demonstrierten am 22. Sep. vor dem Büro des Provinzgouverneurs in Kandahar für die Freilassung der drei Journalisten. Flugblätter der Taliban, Videos und anderes Material der Aufständischen könnten bei jedem von ihnen gefunden werden, sagten sie. Falls dies die einzigen Beweise der NATO seien, dann solle die Koalition sie gleich alle verhaften.
    Die Vorgehensweise der NATO erinnert an eine Strategie, die US-Streitkräfte bereits im Irak verfolgten. Seit der Invasion 2003 sollen US-Truppen im Irak nach Informationen des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) insgesamt 14 Journalisten zeitweise festgenommen haben, um Propagandanetzwerke von Aufständischen zu stören.
    "Es ist gefährlich, Parallelen zwischen Irak und Afghanistan zu ziehen, aber die Festnahme von Journalisten scheint dieselbe Strategie zu sein", sagte Bob Dietz, Asienkoordinator des CPJ. "Diese Aktionen bringen die Leute in Verruf, die versuchen, eine gesellschaftliche Basis aufzubauen", warnte er.
  • Die Zahl der Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan soll bis Ende Oktober auf 5000 steigen. Das sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am 23. Sep. am Rande eines informellen EU-Verteidigungsministertreffens im belgischen Gent. Dann werde ein weiteres Ausbildungs- und Schutzbataillon am Hindukusch sein.
  • In Afghanistan ist einer der beiden von der NATO festgenommenen Journalisten des arabischen Nachrichtensenders El Dschasira wieder freigelassen worden. "Ich bin wieder frei", sagte der afghanische Kameramann Mohamed Nader am 24. Sep. im südafghanischen Kandahar, wo er in der Nacht zum 22. Sep. von Soldaten der NATO-Truppe ISAF festgenommen worden war. Die ISAF warf ihm und einem weiteren afghanischen Kameramann des Senders vor, für die radikalislamischen Taliban gearbeitet und deren Propaganda verbreitet zu haben.
    Wenig später hieß es:
    Drei von den Koalitionstruppen unter dem Vorwurf der Verbreitung von Taliban-Propaganda in Afghanistan festgenommene Journalisten sind wieder frei. Die NATO erklärte am 24. Sep., sie habe den Kameramann des Fernsehsenders Al Dschasira, Mohammad Nadir, und Rahmatullah Naiksad, der für Al Dschasira und die Nachrichtenagentur AP arbeitet, wieder auf freien Fuß gesetzt. Ein dritter Journalist, Hodschatullah Mudschadadi, der einen Radiosender in der Provinz Kapisa leitet und vom afghanischen Geheimdienst festgehalten wurde, kam nach NATO-Angaben ebenfalls frei. Alle drei waren im Verlauf der vergangenen Woche in Gewahrsam genommen worden.
  • Deutschland sollte sich aus Afghanistan zurückziehen. Das sagt frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher in einem Gespräch mit der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung Halle (Ausgabe vom 25. Sep.). "Das Bemühen von Präsident Obama, diesen Einsatz in Afghanistan zu Ende zu bringen, ist richtig. Das bedeutet für uns Deutsche das Gleiche." Die Vorstellung, Probleme mit militärischer Macht zu lösen, seien von gestern. Bemühungen der Bundesrepublik um einen ständigen Platz im Weltsicherheitsrat halte er für nicht zeitgemäß. "Wenn wir es ernst meinen mit der europäischen Vereinigung, dann brauchen wir dort einen Sitz der Europäischen Union - unter Beibehaltung der beiden Sitze Frankreichs und Englands."
  • Der Sprecher des Enthüllungsportals Wikileaks in Deutschland hat dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» seinen Rückzug angekündigt. Grund sei ein Zerwürfnis mit Wikileaks-Gründer Julian Assange, erklärte Daniel Schmitt, der wie viele Mitstreiter stets einen fremden Namen angab, dem Magazin am 25. Sep. Auch andere Mitarbeiter seien unzufrieden: «Da gibt es eine Menge Unmut, und einige werden wie ich aussteigen.» Ursache des Streits sei vor allem, dass sich die Plattform aus seiner Sicht - und der von Kollegen - zu sehr auf große Projekte konzentriert habe, sagte Schmitt, der seinen richtigen Namen nun mit Daniel Domscheit-Berg angab. Kleinere, nationale Dokumente seien vernachlässigt worden. «Ich habe mehrfach versucht, das anzustoßen, aber Julian Assange hat auf jede Kritik mit dem Vorwurf reagiert, ich würde ihm den Gehorsam verweigern und dem Projekt gegenüber illoyal sein.»
  • In Afghanistan kommen jeden Tag im Schnitt drei Polizisten durch die Gewalt der Aufständischen ums Leben. Insgesamt starben von April bis September 595 Polizisten bei Rebellenangriffen, 1345 weitere wurden verletzt, wie das afghanische Innenministerium am 26. Sep. mitteilte. Die Polizisten wurden demnach bei der Explosion von Sprengfallen, Selbstmordanschlägen und in Feuergefechten getötet. Mehr als 4000 Angriffe verübten Aufständische den Angaben zufolge in den vergangenen sechs Monaten. Ein Vergleich zum Vorjahreszeitraum war nicht möglich, da das Innenministerium keine entsprechenden Zahlen vorlegte.
  • In Afghanistan sind erneut zwei NATO-Soldaten getötet worden. Die Soldaten der Internationalen Afghanistantruppe ISAF wurden von einer Bombe im Süden des Landes getötet, wie die NATO am 26. Sep. mitteilte. Die Nationalitäten der Getöteten wurden wie üblich nicht öffentlich gemacht.
    Damit kamen in diesem Jahr 536 NATO-Soldaten am Hindukusch ums Leben, bereits 15 mehr als im ganzen vergangenen Jahr, wie eine Zählung der Nachrichtenagentur AFP ergab, die sich auf die Webseite icasualties.org stützt.
  • In Afghanistan ist ein britischer Staatsbürger als vermisst gemeldet worden. Das Außenministerium in London erklärte am 26. Sep., es arbeite mit internationalen Organisationen zusammen, um den Verbleib zu klären. Der Sender Sky News berichtete, es handele sich um eine Frau, die für eine US-Firma in Afghanistan arbeitete. Sie sei in der östlichen Provinz Kunar von Aufständischen überfallen und verschleppt worden.
  • Die Internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF hat mehr als 30 Aufständische auf pakistanischem Gebiet getötet. Wie die ISAF am 26. Sep. mitteilte, hatten die Extremisten am 24. Sep. einen entlegenen afghanischen Militärposten in der Provinz Khost attackiert. Zivilisten seien bei dem ISAF-Angriff nach ersten Erkenntnissen weder verletzt noch getötet worden, hieß es. Wie die pakistanische Zeitung «The Dawn» schreibt, sind solche Verfolgungen über die Grenze sehr selten.
Montag, 27. September, bis Donnerstag, 30. September
  • Wegen eines Einsatzes in Afghanistan, bei dem fünf Kinder ums Leben kamen, müssen sich drei australische Soldaten vor einem Militärgericht verantworten. Die Chefanklägerin der australischen Armee, Lyn McDade, teilte am 27. Sep. mit, gegen die Soldaten werde Anklage erhoben. Nach Angaben des australischen Verteidigungsministeriums wird mindestens einem der drei Soldaten fahrlässige Tötung vorgeworfen. Die Soldaten waren an einem nächtlichen Einsatz in der afghanischen Provinz Urusgan im Februar beteiligt. Die australische Einheit durchsuchte ein Haus, in dem sie einen Taliban-Anführer vermutete. Laut der Zeitung "Sydney Morning Herald" lieferten sich die etwa 30 australischen Soldaten Feuergefechte mit einem Afghanen. Dann hätten sie Granaten geworfen. Fünf Kinder wurden getötet, darunter zwei Babys, außerdem starb ein mutmaßlicher Aufständischer. Insgesamt vier Frauen und Kinder wurden verletzt. Zwei der Beschuldigten ließen durch ihre Anwälte mitteilen, sie setzten sich "entschieden" gegen die Vorwürfe zur Wehr.
    Bundeswehroberst Klein, der am 4. September 2009 einen Angriffsbefehl auf zwei Tanklastzüge bei Kundus erteilte, in dessen Folge ca. 140 Menschen, darunter mehr als 100 Zivilpersonen, zahlreiche Kinder und Jugendliche starben, ist hingegen ungeschoren geblieben. Weder die Bundesanwaltschaft hat ein Verfahren eröffnet, noch hat die Bundeswehr ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Mittlerweile ist Oberst Klein sogar noch befördert worden.
  • Wegen der Tötung von Zivilisten in Afghanistan soll am 27. Sep. in den USA ein Soldat vor einem Militärgericht erscheinen. Dem 22-Jährigen wird vorgeworfen, zusammen mit vier Kameraden zwischen Januar und Mai diesen Jahres zum Spaß afghanische Zivilisten getötet zu haben.
  • Nach monatelanger Vorbereitung geht die Internationale Schutztruppe ISAF verstärkt gegen Aufständische in der südafghanischen Taliban-Hochburg Kandahar vor. Hunderte ausländische und afghanische Sicherheitskräfte durchsuchten am 27. Sep. in Kandahar-Stadt verdächtige Häuser und Fahrzeuge, wie der Polizeichef der Provinz Kandahar, Fasel Ahmad Schersad, sagte. Das Büro des Provinzgouverneurs teilte am 27. Sep. mit, vier mutmaßliche Aufständische - darunter ein Kommandeur - seien in der Nacht zuvor im Distrikt Arghandab gefangen genommen worden. Unter dem Namen «Operation Dragon Strike» (Operation Drachenschlag) hatten ausländische und einheimische Truppen Kampfhandlungen gegen die Taliban um die Stadt herum bereits am Wochenende verschärft. «Wir erwarten harte Kämpfe», sagte ISAF-Sprecher Josef Blotz am 26. Sep. Afghanische und ausländische Sicherheitskräfte würden Stellungen der Aufständischen zerstören und ihnen ihre Zufluchtsorte nehmen. «Wenn das erledigt ist, werden die Aufständischen gezwungen sein, die Gegend zu verlassen oder zu kämpfen und getötet zu werden.» Eine ursprünglich im Juni geplante Offensive gegen die Taliban in Kandahar war mehrfach verschoben worden.
  • Bei einem Angriff von NATO-Hubschraubern im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan wurden am 27. Sep. nach offiziellen pakistanischen Angaben fünf Stammesangehörige getötet. Zwei NATO-Hubschrauber hätten einen Checkpoint einer regierungsfreundlichen Miliz beschossen, sagte Mehboob Khan von der Verwaltung des halbautonomen Stammesgebiets Kurram. Es habe sich nicht um Taliban-Kämpfer gehandelt. «Die Verwaltung in Kurram verurteilt den Angriff und die Verletzung des pakistanischen Territoriums.»
    Wenige Stunden später beschoss eine US-Drohne ein Gebäude im pakistanischen Stammesgebiet Nord-Waziristan. Ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte, sagte, zwei Menschen seien getötet worden. Zwei Raketen hätten das Haus eines Taliban-Unterstützers getroffen.
  • Die pakistanischen Grenztruppen haben in der Region Khyber Unmengen gestohlenen Materials der NATO entdeckt. Die Güter, unter anderem Ersatzteile für Helikopter, Ausrüstung zum Aufspüren von Landminen sowie Fernrohre, seien bei Razzien in Lagerhäusern in der Stadt Jamrud in der unruhigen Grenzregion entdeckt worden, sagte ein Sprecher der Truppen am 27. Sep. vor Journalisten. Durch die Region Khyber im Nordwesten des Landes laufen die Versorgungsrouten der NATO für die ISAF-Truppen im benachbarten Afghanistan. Die Konvois werden auf ihrer Durchfahrt immer wieder von radikalislamischen Gruppen wie etwa der Lashkar-e-Islam angegriffen.
  • Pakistan hat am 27. Sep. ungewohnt scharf gegen einen Luftangriff der NATO auf pakistanischem Gebiet protestiert und der Militärallianz einen Bruch ihres UN-Mandats vorgeworfen. Die NATO-Hubschrauber seien im Rahmen einer Militäraktion gegen Aufständische in Afghanistan zweimal bis auf pakistanisches Gebiet vorgedrungen, erklärte das pakistanische Außenministerium in Islamabad. "Diese Vorfälle sind ein klarer Bruch und eine Verletzung des UN-Mandats, unter dem der ISAF-Einsatz steht", hieß es. Die Mission ende an der afghanischen Grenze. Die NATO hatte erklärt, im Rahmen der Aktion, die sich im Grenzgebiet abspielte, am 24. und 25. Sep. insgesamt 30 Aufständische getötet zu haben.
  • Im Osten Afghanistans sind sechs Menschen bei einem Selbstmordanschlag getötet worden, darunter auch der stellvertretende Gouverneur der Provinz Ghasni. Mohammed Kasim Allahjar sei am 28. Sep. auf dem Weg in sein Büro gewesen, als nahe der gleichnamigen Provinzhauptstadt Ghasni ein Selbstmordattentäter sein Auto angegriffen habe, sagte Polizeichef Delawar Sahid. Unter den sechs Toten waren demnach neben dem Vize-Gouverneur auch dessen Sohn und ein Neffe. Acht Menschen wurden verletzt.
  • Neun Jahre nach dem Sturz der Taliban gibt es erste Anzeichen für Versöhnungsgespräche zwischen den Islamisten und der Regierung in Kabul. NATO-Kommandeur David Petraeus sagte am 28. Sep. der Nachrichtenagentur AFP, mehrere Taliban-Gruppen hätten bereits Kontakt zur Regierung und zu den ISAF-Truppen gesucht.
    "Es gab bereits ungefähr 20 Angebote seitens kleiner Gruppen aus dem ganzen Land", sagte Petraeus AFP und bezog sich dabei auf ein von Präsident Hamid Karsai aufgelegtes Versöhnungsprogramm. Dieses sieht vor, gemäßigten Taliban im Gegenzug dafür, dass sie ihre Waffen niederlegen, etwa einen Job zu garantieren. Bei den nun aufgenommenen Kontakten über Diskussionen über eine Waffenniederlegung könne aber "noch nicht von Verhandlungen gesprochen" werden, betonte Petraeus. Vielmehr handle es sich um "die allerersten Diskussionen". "Sie kommen zur Regierung und sie kommen auch zu uns", sagte Petraeus mit Bezug auf die NATO-Truppen.
  • Die Taliban haben die Aufnahme von Gesprächen mit der afghanischen Regierung dementiert. Entsprechende Äußerungen von NATO-Kommandeur David Petraeus seien "ohne Grundlage" und "falsch", sagte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid der Nachrichtenagentur AFP. "Nicht ein einziger unserer Kämpfer würde Verhandlungen mit den ausländischen Angreifern oder ihren Marionetten aufnehmen." Die Taliban forderten weiter den "vollständigen und bedingungslosen Rückzug" der ausländischen Truppen aus Afghanistan.
  • Der Chef des Terrornetzwerks El Kaida in Afghanistan und Pakistan ist nach Angaben pakistanischer Verantwortlicher getötet worden. Der unter dem Namen Sheikh Fateh bekannte Extremistenführer sei bereits am vergangenen Samstag (25. Sep.) beim Angriff einer US-Drohne im Nordwesten des Landes ums Leben gekommen, sagten mehrere Vertreter der Sicherheitskräfte am 28. Sep. der Nachrichtenagentur AFP. Der Ägypter sei auf seinen im Mai bei einem US-Drohnenangriff getöteten Landsmann Mustafa Abu el Dschasid gefolgt, der in der Führungsriege von El Kaida an Nummer drei gestanden hatte.
  • Die US-Marine hat für ihre Flugzeugträger insgesamt 124 neue Kampfjets geordert. Der Wert des Auftrags liegt bei 5,3 Mrd. Dollar (3,9 Mrd. Euro), wie der Flugzeugbauer Boeing am 28. Sep. in St. Louis mitteilte. Die Maschinen werden in den Jahren 2012 bis 2015 ausgeliefert. Es handelt sich um 66 Flugzeuge vom Typ Super Hornet und 58 der neueren Bauart Growler. Die Super Hornet ist der Standardflieger der Navy und wird aktuell unter anderem im Afghanistan-Krieg eingesetzt.
  • Westliche Geheimdienste haben Medienberichten zufolge Terroranschläge auf Deutschland, Frankreich und Großbritannien verhindert. Bei den von Pakistan aus geplanten Anschlägen hätten zeitgleich London sowie große Städte in Deutschland und Frankreich angegriffen werden sollen, berichtete in der Nacht zum 29. Sep. der britische Fernsehsender Sky News. Die Anschläge standen den Angaben zufolge aber nicht unmittelbar bevor. Sky News berief sich bei seinem Bericht auf britische Geheimdienstkreise, denen zufolge die Hintermänner Kontakte zum Terrornetzwerk El Kaida hatten. Die Anschläge hätten Kommando-Aktionen ähnlich wie in Mumbai im November 2008 sein sollen. Bei Angriffen auf zwei Luxushotels und andere Orte in der indischen Metropole hatten aus Pakistan eingereiste Islamisten damals 166 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt. Auch der US-Sender ABC News berichtete von den Anschlagsplänen. Auch die USA seien womöglich ein Ziel gewesen; Präsident Barack Obama sei über die Gefahr bereits informiert worden, hieß es in dem Sender unter Berufung auf US-Beamte. Die wichtigsten Informationen über die drohende Gefahr kamen dem US-Sender zufolge von einem mutmaßlichen deutschen Terroristen, der auf dem Weg nach Europa gefasst worden sei und nun in Afghanistan festgehalten werde.
  • Die USA haben erneut einen El-Kaida-Anführer getötet. Nach Angaben der NATO-geführten Afghanistan-Truppe (ISAF) vom 29. Sep. wurde Kommandeur Abdallah Umar el Kuraischi am 25. Sep. bei einem Luftangriff in der ostafghanischen Provinz Kunar getötet. Der Angriff habe einem geheimen Treffen des Führungszirkels um Kuraischi gegolten, erklärte die ISAF. Neben Kuraischi seien auch der regionale Sprengstoffexperte des Terrornetzwerks, Abu Atta el Kuwaiti, und "mehrere ausländische arabische Kämpfer" unter den Toten.
  • Der deutsche General Wolf-Dieter Langheld zeichnet ab sofort für den NATO-Einsatz in Afghanistan verantwortlich. Langheld übernahm am 29. Sep. bei einer feierlichen Zeremonie die Leitung des NATO-Hauptquartiers im niederländischen Brunssum. Von dort aus koordiniert die NATO den Einsatz der Afghanistan-Truppe ISAF mit rund 120.000 Soldaten aus 47 Ländern. Der Oberbefehlshaber der Allianz in Europa, der US-General James Stavridis, betraute Langheld mit seiner neuen Aufgabe. Der 59-Jährige befehligte zuletzt das Kommando Operative Führung Eingreifkräfte in Ulm.
  • Im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Luftschlag von Kundus 2009 hat sich der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, gegen Vertuschungsvorwürfe verwahrt. Bei seiner zweiten Aussage vor dem Gremium bekräftigte Schneiderhan am 29. Sep. in Berlin, er habe keine Informationen unterschlagen - weder gegenüber dem damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) noch gegenüber dessen Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Er räumte jedoch ein, dass er einen umstrittenen Feldjägerbericht erst spät weitergeleitet habe. Der Bericht wirft Oberst Georg Klein nach dem Luftangriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklastzügen am 4. September in Nordafghanistan Versäumnisse vor. Schneiderhan betonte, er habe dem damals zuständigen Minister Jung alle Informationen weitergeleitet. Er sprach von einer im Wesentlichen "engsten bilateralen Beziehung". Das Einzige worüber er ihn spät informiert habe, sei der Feldjägerbericht gewesen, "dafür habe ich die Verantwortung übernommen". Er betonte, er sei noch heute der Meinung, dass der Bericht so nicht hätte abgefasst und verschickt werden dürfen, da einige der Inhalte Oberst Klein hätten gefährlich werden können. Für eine Bewertung der Ereignisse sei dieser Bericht nicht relevant gewesen, sondern vielmehr die Ergebnisse der Untersuchungen der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF. Der Ex-Generalinspekteur kritisierte bei seiner Befragung den Pressestab Jungs scharf. Nach dem Luftschlag habe es ein "lustiges Telefonieren", aber "kein orchestriertes Vorgehen" gegeben. Das habe nicht zu einer stringenten Beurteilung der Lage beigetragen.
  • Bei einem NATO-Angriff sind in Pakistan nach Angaben aus Militärkreisen drei pakistanische Soldaten getötet worden. NATO-Hubschrauber seien am Morgen des 30. Sep. von Afghanistan aus in den pakistanischen Luftraum eingedrungen und hätten dort einen Kontrollposten angegriffen, sagte ein hochrangiger pakistanischer Sicherheitsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Dabei seien drei Soldaten getötet und drei weitere verwundet worden. Der Angriff ereignete sich demnach im Stammesbezirk Kurram nahe der afghanischen Grenze.
  • Die Opium-Produktion in Afghanistan ist einem UN-Bericht zufolge in diesem Jahr um rund die Hälfte gesunken. 2010 seien in Afghanistan bislang 3600 Tonnen Opium hergestellt worden, heißt es in einem am 30. Sep. in Kabul veröffentlichten Bericht des UN-Büros für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC). Das sei knapp die Hälfte der Produktion im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Der Wert des angebauten Opiums sei allerdings um 38 Prozent auf umgerechnet rund 444 Millionen Euro gestiegen - etwa fünf Prozent des afghanischen Bruttoinlandsproduktes. Grund für den Rückgang bei der Produktion war demnach eine Pflanzenkrankheit.
  • Nach dem Tod von drei Soldaten bei einem mutmaßlichen NATO-Angriff hat Pakistan die Versorgungswege der internationalen Truppen nach Afghanistan blockiert. Aus Sicherheitsgründen dürften Konvois der NATO die Grenze vorübergehend nicht überqueren, sagte ein Vertreter der pakistanischen Grenzeinheiten am 30. Sep. der Nachrichtenagentur AFP. Ein US-Diplomat bestätigte, dass Lastwagen der internationalen Truppen den Grenzposten Torkham in der nordwestpakistanischen Region Khyber nicht passieren durften. Durch die Region laufen die Versorgungsrouten der NATO für die ISAF-Truppen im benachbarten Afghanistan.


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