Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Chronik des Krieges gegen Afghanistan

Oktober 2004

Freitag, 1. Oktober, bis Sonntag, 3. Oktober
  • Die Sicherheitsstrategie der internationalen ISAF-Schutztruppen ist nach Einschätzung von NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer einen großen Schritt vorangekommen. Mit der Arbeitsaufnahme des fünften Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in der Nordprovinz Bakhlan am 1. Okt. sei die "erste Phase der ISAF-Ausdehnung" über Kabul hinaus beendet, betonte de Hoop Scheffer in Brüssel. Dies hatte der NATO-Gipfel von Istanbul im Juni förmlich beschlossen.
    Damit existierten jetzt fünf solcher militärisch-zivilen Teams im Norden Afghanistans: die zwei unter deutschem Kommando stehenden PRTs in Kundus und Faisabad, die zwei britischen PRTs in Mazar-i-Sharif und Maimana sowie das neue PRT in Pol-i Khomri unter niederländischem Kommando.
    Zur Unterstützung der Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober hat die NATO gemäß ihres Beschlusses von Istanbul in den vergangenen Wochen ihre Präsenz in Afghanistans von 6500 auf mittlerweile 9000 Soldaten deutlich erhöht und weitere Luftkampfeinheiten verlegt. Ferner steht ein US-Bataillon im bayerischen Vilseck in Bereitschaft.
  • Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) schließt nach dem Angriff auf die Bundeswehr im nordafghanischen Kunduz weitere Anschläge nicht aus. "Wir müssen sogar damit rechnen, dass der Anschlag vom vergangenen Donnerstag nicht der letzte war, sondern eher der Auftakt zu weiteren Anschlägen auf unsere Camps und unsere Soldaten", sagte Struck der "Welt am Sonntag". (Vorabveröffentlichung am 1. Okt.) Je näher die Präsidentschaftswahlen vom 9. Oktober rückten, desto kritischer werde die Situation in Afghanistan. Die Bundeswehr werde sich deshalb aber nicht aus Afghanistan zurückziehen, betonte der Minister.
  • Eine Woche vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat der Geheimdienst des Landes 25 mutmaßliche Terroristen festgenommen. Wie ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) vor Journalisten mitteilte, fand die Festnahme am frühen Morgen des 2. Okt. in der afghanischen Hauptstadt Kabul statt. Der afghanische Geheimdienst sei bei dem Einsatz von Soldaten der internationalen Koalition und der ISAF unterstützt worden. Die Festgenommenen hätten vermutlich Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida, zu den radikalislamischen Taliban und zur Gruppe Hesb-i-Islami, sagte der Sprecher weiter.
  • Ungeachtet des jüngsten Raketenanschlages auf deutsche Soldaten hält die Bundesregierung an ihren umfangreichen Hilfen für Afghanistan fest. Das versicherte Außenminister Joschka Fischer am 3. Okt. in Berlin dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, der eine Woche vor der Präsidentschaftswahl zu einem Kurzbesuch nach Deutschland gekommen war. Fischer nannte als nächste Schritte verstärkte Hilfen beim Aufbau der afghanischen Polizei sowie Unterstützung bei der Grenzsicherung. Die Sicherheit der Außengrenzen Afghanistans sei auch im Kampf gegen Drogen wichtig. Karsai zeigte sich zuversichtlich, dass aufgrund der starken NATO-Präsenz in seinem Land die Wahlen am 19. Oktober erfolgreich durchgeführt werden können. "Die Wahlen sind wichtig für die demokratische Legitimierung der Regierung", betonte Karsai, der seit zwei Jahren Chef der Übergangsregierung ist. Zugleich fordert er einen Verbleib der deutlich aufgestockten internationalen Schutztruppe ISAF in seinem Land mindestens bis zu den Parlamentswahlen im kommenden Jahr.
Montag, 4. Oktober, bis Sonntag, 10. Oktober
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai rechnet mit einem jahrelangen Einsatz der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF). Die ISAF-Truppen müssten noch "so lange im Land bleiben, bis unsere eigenen Sicherheitskräfte aufgebaut sind, unsere Armee, unsere Polizei und die Infrastruktur in unserem Land hergestellt ist", sagte Karsai am 4. Okt. dem Nachrichtensender n-tv. Dies werde "noch einige Jahren dauern".
  • Bei Gefechten im Süden Afghanistans haben afghanische Soldaten und Polizisten sieben Aufständische getötet. Die Sicherheitskräfte reagierten damit auf einen Angriff der mutmaßlichen Taliban-Kämpfer auf eine Polizeiwache, wie der Polizeichef der Provinz Urusgan, Matiullah Chan, am 5. Okt. mitteilte. Die Beamten seien am Vortag einigen Angreifern in die Berge gefolgt, wo sie auf Dutzende weitere Aufständische gestoßen seien. Sieben seien bei dem Gefecht getötet und fünf weitere festgenommen worden.
  • Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan zieht die Johanniter-Auslandshilfe ihre deutschen Helfer aus Sicherheitsgründen vorübergehend aus dem Land ab. Die beiden deutschen Helfer sollten am 6. Okt. ausgeflogen werden, teilte die Hilfsorganisation am 5. Okt. in Berlin mit. "Die Sicherheit unserer Mitarbeiter hat oberste Priorität", erklärte die Berliner Projektkoordinatorin Birgit Spiewok. Die Übergriffe auf humanitäre Organisationen seien in der Vergangenheit immer brutaler geworden.
  • Vier Tage vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan sind bei einem Anschlag sieben afghanische Polizisten ums Leben gekommen. Die Männer starben nach Polizeiangaben am 5. Okt. in der südlichen Provinz Kandahar, als ein ferngezündeter Sprengsatz neben ihrem Fahrzeug explodiert sei.
  • In der afghanischen Hauptstadt Kabul wurde unterdessen eine Bombe entdeckt und entschärft. Der 65-Kilogramm-Sprengsatz sei am Morgen des 5. Okt. bei einer Razzia in einem Haus weniger als zwei Kilometer vom Lager der kanadischen Friedenssoldaten entfernt gefunden worden, erklärte ein Sprecher der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF
  • Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat Amtsinhaber Hamid Karsai erstmals einen Wahlkampfauftritt außerhalb der Hauptstadt Kabul gewagt. Eskortiert von mehreren Hubschraubern und Kampfjets reiste der Wahlfavorit am 5. Okt. in die Stadt Ghasni südlich von Kabul, wo er von rund 10.000 Menschen begeistert empfangen wurde. Mitte September hatte Karsai nach einem Attentatsversuch eine erste geplante Wahlkampfreise abbrechen müssen.
  • In der nordafghanischen Stadt Faisabad sind bei einer Bombenexplosion während einer Wahlkampfveranstaltung zwei Menschen ums Leben gekommen. Zwei weitere Menschen wurden bei der Versammlung von einem der Vizepräsidentschaftskandidaten des afghanischen Staatschefs Hamid Karsai verletzt, sagte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums der Nachrichtenagentur AFP am 6. Okt. in Kabul. In Faisabad sind im Rahmen eines NATO-geführten Wiederaufbauteams 110 Bundeswehrsoldaten stationiert.
  • Der afghanische Kriegsherr Abdul Raschid Dostum will das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht anerkennen - es sei denn, er selbst gewinnt den Urnengang am Samstag. "Erst einmal sage ich euch, dass wir gewinnen werden. Und wenn nicht, wird die künftige Regierung keine Legitimität besitzen", sagte der Usbekenführer am 6. Okt. bei einer Wahlkampfveranstaltung in Kabul.
  • Afghanistans Regierung hat mächtige Drogenhändler für den Anschlagsversuch auf einen Vize-Präsidentschaftskandidaten des afghanischen Staatschefs Hamid Karsai verantwortlich gemacht. Erste Ermittlungen deuteten darauf hin, dass die "Drogenmafia" hinter dem Anschlag am Vortag in Faisabad stecke, sagte Innenminister Ali Ahmad Dschalali am 7. Okt. in Kabul. Die Drogenhändler lehnten die anstehenden Wahlen ab, weil sie fürchteten, die neue Regierung könnte ihre Aktivitäten stören. Deshalb unterstützten sie Versuche von Taliban-Kämpfern und ausländischen "Terroristen", die Wahlen zu sabotieren.
  • Einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben afghanische Sicherheitskräfte offenbar einen geplanten schweren Anschlag vereitelt. Am Rande der ehemaligen Taliban-Hochburg Kandahar im Süden des Landes entdeckten Sicherheitsbeamten am 8. Okt. einen mit 40.000 Litern Treibstoff, Raketen und Panzerminen präparierten Tanklastwagen, der im Falle seiner Explosion ein Blutbad hätte anrichten können, wie Sprecher der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF und des afghanischen Verteidigungsministeriums in Kabul mitteilten. Drei pakistanische Verdächtige seien festgenommen worden.
  • Einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist im Botschaftsviertel von Kabul eine Rakete eingeschlagen. Das Geschoss sei rund 150 Meter von der deutschen Botschaft entfernt niedergegangen, sagte ein Sprecher der afghanischen Botschaft am 8. Okt. in Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will dennoch am 11. Oktober wie geplant nach Afghanistan fliegen. Bei einem Angriff mutmaßlicher Taliban im Grenzgebiet zu Pakistan wurden vier Menschen verletzt.
    Insgesamt schlugen am 7. und 8. Okt. US-Militärangaben zufolge etwa zwei Dutzend Raketen in ganz Afghanistan ein, meist in der Nähe von US-Militärstützpunkten. Drei Menschen wurden dabei verletzt.
  • Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben 14 der 18 Kandidaten Neuwahlen gefordert. Die Gruppe erkenne die Wahl nicht an, sagte Ramatullah Dschalil, ein Vertreter eines der Kandidaten, am 9. Okt. in Kabul. Als Grund nannten sie Unregelmäßigkeiten beim Einsatz der wasserfesten Tinte, mit deren Auftragen auf den Daumen der Wähler sichergestellt werden sollte, dass jeder seine Stimme nur einmal abgibt. Amtsinhaber Hamid Karsai wies die Forderung umgehend zurück. Es sei zu spät für einen Boykottaufruf, nun, da Millionen Afghanen trotz Regens und Schnees zur Wahl gegangen seien, sagte Karsai vor Journalisten. "Wir sollten den Willen des Volkes respektieren."
  • Die erste "freie und demokratische" Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist ohne gewalttätige Zwischenfälle verlaufen, meldet AFP am 9. Oktober. Die Wahllokale schlossen am 9. Oktober (Ortszeit, 15.30 Uhr), obwohl immer noch Wähler anstanden, um ihre Stimme abzugeben. Sie hatten zwei Stunden länger als geplant geöffnet. Der Urnengang hatte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden, um mögliche Anschläge von Taliban und anderen Extremisten zu verhindern.
  • Bei einem Überfall auf einen Konvoi mit Wahlurnen sind am 9. Okt. in Afghanistan drei Polizisten getötet worden. Der Konvoi sei in der zentralen Provinz Urusgan angegriffen worden, teilte UN-Sprecher Manoel de Almeida e Silva in Kabul mit. Die Wagen seien auch von US-Soldaten begleitet worden. Die Wahlurnen blieben nach Angaben des Sprechers unversehrt.
  • Die Beteiligung bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan war nach Einschätzung der UNO sehr hoch. Im ganzen Land sei die Beteiligung "gewaltig" gewesen, sagte UN-Sprecher Manoel de Almeida e Silva am 10. Okt. in Kabul. Er räumte ein, dass es einige "Probleme" bei der Abstimmung gegeben habe, vor allem mit der Tinte, die die Daumen der Wähler kennzeichnen sollte. Diese Unregelmäßigkeiten würden von der Wahlkommission untersucht.
  • Die Präsidentenwahl
    Der afghanische Staatschef Hamid Karsai hat die weit gehend gewaltfreie erste Präsidentschaftswahl am 10. Okt. als "Sieg über den Terrorismus" gewürdigt. Sieger der Wahl am 9. Oktober sei das afghanische Volk, das Terroristen und Skeptikern zum Trotz in großer Zahl von seinem Stimmrecht Gebrauch gemacht habe, sagte Karsai dem BBC-Fernsehen. Die von den Taliban angedrohte Welle der Gewalt blieb aus; die Abstimmung war jedoch von Unregelmäßigkeiten überschattet. Karsai nannte es "unerhört inspirierend", dass Millionen Afghanen aus teils abgelegenen Gebirgsregionen stundenlange Reisen durch Regen, Schnee und Staubstürme auf sich genommen hätten, um "sehr geordnet" an die Urnen zu gehen. Die Wahlurnen wurden in regionale Wahlzentren in acht Städten gebracht. Die Auszählung per Hand soll zwei bis drei Wochen dauern. Mit Teilergebnissen wurde Anfang der Woche gerechnet.
    Zum Schutz vor Anschlägen erhielten die afghanischen Sicherheitskräfte für die Bewachung der rund 5.000 Wahllokale Unterstützung von den 27.000 Mann starken US-geführten Koalitionstruppen. Dennoch kam es vereinzelt zu gewaltsamen Zwischenfällen. Bei einem Überfall auf einen Konvoi mit Wahlurnen wurden in der Provinz Urusgan drei Polizisten getötet. Wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale töteten die US-geführten Streitkräfte im Süden des Landes 25 mutmaßliche Taliban-Kämpfer.
    Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nannte die Forderung von 14 der 18 Präsidentschaftskandidaten "ungerechtfertigt", den Urnengang wegen Unregelmäßigkeiten zu wiederholen. Wegen der Probleme, die durch abwaschbare Tinte in den Wahllokalen verursacht wurden, hatten die Kontrahenten des favorisierten Amtsinhabers Karsai den Abbruch der Wahl gefordert. Allgemein sei ein "leidlich demokratisches Umfeld" zu beobachten gewesen, teilte die unabhängige Afghanische Stiftung für freie und unabhängige Wahlen (FEFA) mit.
    Mehrere Kandidaten forderten eine unabhängige UN-Untersuchung zu den Unregelmäßigkeiten. Sollte sich dabei weit verbreiteter Wahlbetrug erweisen, müsse die Wahl wiederholt werden, sagte der Hasara-Warlord Mohammed Mohakek.
    US-Präsident George W. Bush nannte es eine "großartige Sache", dass die Afghanen, die noch vor drei Jahren unter den Taliban gelitten hätten, nun ihren Präsidenten selbst wählten.
    Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer hat den Verlauf der afghanischen Präsidentschaftswahl als "entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einem sicheren, stabilen, freien und demokratischen Afghanistan" gewertet. Die nach ersten Angaben "außerordentlich hohe Wahlbeteiligung" sei angesichts von "20 Jahren Krieg, Bürgerkrieg und Gewaltherrschaft in Afghanistan ein überaus beeindruckender Erfolg", erklärte Fischer am 10. Okt. in Berlin.
Montag, 11. Oktober, bis Sonntag, 17. Oktober
  • Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen ist Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 11. Okt. in Afghanistan eingetroffen. Bei seinem Besuch im deutschen Feldlager in Kabul lobte er den Einsatz der Bundeswehrsoldaten. "Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der jungen Leute hier", sagte Schröder er bei einem Rundgang durch das Lager. "Ohne ihre Tätigkeit wäre das alles nicht möglich gewesen, es sähe grausam aus in diesem Land." Schröder bezeichnete es als Erfolg, dass die afghanische Präsidentschaftswahl am Samstag ohne nennenswerte Sicherheitsprobleme verlaufen sei. Wenn es Unregelmäßigkeiten gegeben haben sollte, würden diese aufgeklärt.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der afghanische Präsident Hamid Karsai haben die Präsidentschaftswahl in Afghanistan als "historisch" begrüßt. Das Votum sei ein wichtiger Schritt für die Verbesserung der Stabilität des Landes, sagten beide Politiker nach einem Treffen in Kabul am 11. Okt. Die Wahl sei "ein historischer Durchbruch", weil sie friedlich verlaufen sei, fügte Schröder hinzu. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Karsai aus dem Votum am Samstag als Sieger hervorgegangen sei und sich bereits in ersten Runde seine Wiederwahl sichern konnte.
    Worauf Schröder diese Zuversicht gründet, ist unklar. Die Auszählung der Stimmen wird nämlich nach UN-Angaben spätestens am 13. Okt. beginnen.
    "Das ist seine persönliche Meinung, die er nicht öffentlich äußern sollte", hieß es denn auch aus der Wahlbehörde. Schröder nehme Einfluss auf einen Wahlprozess, der noch nicht abgeschlossen sei.
  • Der ehemalige afghanische Bildungsminister Junis Kanuni hat angekündigt, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nach der geplanten Prüfung durch eine unabhängige UN-Kommission zu akzeptieren. "Um den Willen von Millionen von Afghanen und unsere nationalen Interessen zu respektieren, werde ich das Resultat der Wahl nach der Untersuchung anerkennen", sagte Kanuni, der bei der Wahl als aussichtsreichster Kontrahent von Amtsinhaber Karsai galt, am 11. Okt. vor Journalisten in Kabul. Er werde dann auch zur Wahl gehen. Am Wahltag (9. Okt.) hatte Kanuni sich aus Protest gegen Unregelmäßigkeiten geweigert abzustimmen.
  • Beim Beschuss durch eine Rakete ist in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein Kind leicht verletzt worden. Dies teilte die Polizei in Kabul am Abend des 11. Okt. mit. Unbekannte hätten am Flughafen eine Rakete gezündet, die einen Kilometer weiter eingeschlagen sei, sagte ein Sprecher der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF.
    AP meldete: Mindestens drei Raketen sind am Abend des 11. Okt. in Kabul eingeschlagen. Eine Person wurde getötet und ein Haus beschädigt, wie die afghanischen Behörden mitteilten. Das Personal der US-Botschaft, in deren Nähe ein Geschoss niederging, suchte die Bunker auf. Wer hinter der offenbar koordinierten Attacke steckte, war zunächst unklar. Der Verdacht fiel jedoch auf Taliban-Kämpfer, die vor der historischen Präsidentschaftswahl am 9. Okt. mit einer Weller der Gewalt gedroht hatten.
  • Die Vereinten Nationen haben die Präsidentschaftswahl in Afghanistan als "Meilenstein" auf dem politischen Weg des Landes gewürdigt. Die Weltgemeinschaft müsse die afghanische Regierung und Bevölkerung weiterhin dabei unterstützen, "ihren rechtmäßigen Platz in der Gemeinschaft der Staaten einzunehmen", erklärte der Sicherheitsrat am Sitz der UNO in New York am 12. Okt. Das Gremium rief die afghanischen Behörden zugleich auf, "ohne Verzug" Parlamentswahlen zu organisieren und durchzuführen, und forderte die internationale Gemeinschaft auf, das Land dabei zu unterstützen.
  • US-Außenminister Colin Powell hat sich nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan zuversichtlich über den Irak geäußert. "Ich glaube, dass das Gleiche im Irak geschehen kann", sagte er in einem am 12. Okt. ausgestrahlten Gespräch mit dem arabischsprachigen US-Fernsehsender El Hurra. "Ich glaube, dass die irakische Bevölkerung das Gleiche will wie das afghanische Volk und andere Länder: Wählen können, um über ihre Zukunft und über ihre Führung zu entscheiden." Zwar gehe er davon aus, dass die Wahlen im Irak wie geplant im Januar stattfinden würden - aber "der Aufstand" dort dürfe nicht unterschätzt werden.
  • Vier Tage nach der Präsidentenwahl in Afghanistan haben der amtierende Präsident Hamid Karsai und drei weitere Kandidaten Klagen bei der amtlichen Wahlkommission eingereicht. Neben Karsai hätten sein Hauptkonkurrent Junis Kanuni, Mohammed Mohakik und Ghulam Faruk Nidschrabi schriftliche Eingaben gemacht, teilte ein Sprecher des Gremiums am 13. Okt. in Kabul mit. Über den Inhalt der Klagen machte der Sprecher keine Angaben. Die klagenden Kandidaten hätten die am Vorabend abgelaufene Frist für Eingaben bei der Wahlkommission genutzt.
  • Die USA wollen die Verantwortung für die Jagd auf Al Kaida und Taliban-Kämpfer in Afghanistan an die NATO abgeben. Dazu soll die Stabilisierungstruppe (ISAF) mit den 18.000 amerikanischen Soldaten zusammengelegt werden, wie Washingtons NATO-Botschafter Nicholas Burns vor dem Verteidigungsministertreffen der Allianz im rumänischen Poiana Brasov am 13. Okt. erklärte.
    Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat US-Forderungen nach einer Zusammenlegung der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF und des Anti-Terrorismus-Einsatzes "Operation Enduring Freedom" (EOF) eine klare Absage erteilt. Die Bundesregierung sehe sich vor allem im Schutz- und Hilfseinsatz der ISAF engagiert und nicht im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, sagte Struck vor Beginn des informellen Treffens mit den NATO-Kollegen am 13. Okt. im rumänischen Poiana Brasov. Deshalb sei die Bundesregierung gegen eine Zusammenlegung dieser beiden Mandate.
    NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hat die Verteidigungsminister der Allianz zu einem stärkeren Engagement bei ihren zugesicherten Auslandseinsätzen aufgerufen. Das Bündnis müsse "mehr tun", um die politischen Zusagen vor Ort umzusetzen, sagte de Hoop Scheffer zu Beginn der informellen Beratungen in dem rumänischen Karpaten-Skiort Poiana Brasov am 13. Okt. Auch müssten die Mitgliedsregierungen mehr dafür unternehmen, um die öffentliche Meinung für das Engagement der NATO zu gewinnen.
  • Der einflussreiche afghanische Kriegsherr Abdul Raschid Dostum will das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nach der geplanten Untersuchung durch eine unabhängige Kommission akzeptieren. "Wenn das Gremium unparteiisch ist, werden wir die Ergebnisse natürlich annehmen", sagte ein Sprecher des Usbekenführers am 13. Okt. der Nachrichtenagentur AFP.
  • Fünf Tage nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat am 14. Okt. die Auszählung der Stimmen begonnen. "Die Auszählung der Wahlzettel hat in allen Zentren angefangen", sagte ein Sprecher der afghanischen Wahlkommission. Die Auszählung war verschoben worden, nachdem mehrere Kandidaten Protest wegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl am Samstag eingelegt hatten. Eine Kommission internationaler Experten entschied, die Stimmzettel der Urnen von zehn der rund 4800 Wahllokale im Land für ihre Untersuchung zu reservieren. Die anderen Stimmen wurden zur Auszählung freigegeben. Einer Nachwahl-Umfrage zufolge erreichte Karsai bei dem Urnengang die absolute Mehrheit.
  • Wegen des Todes zweier Afghanen in US-Gefangenschaft sind Ermittlungen gegen insgesamt 28 US-Soldaten aufgenommen worden. Den Mitgliedern einer Reserveeinheit der Militärpolizei und Angehörigen einer Aufklärungstruppe drohe eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung, Misshandlung und Verstümmelung, sagte ein Pentagon-Sprecher am 14. Okt. in Washington. Die Ermittlungen liege in der Hand der Vorgesetzten. Im Dezember 2002 waren zwei afghanische Gefangene am US-Militärstützpunkt Bagram in Afghanistan unter bislang ungeklärten Umständen ums Leben gekommen.
  • Knapp eine Woche nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan liegt Amtsinhaber Hamid Karsai einem Teilresultat zufolge deutlich in Führung. Nach Auszählung von 36.000 Wählerstimmen kam Karsai auf 56,2 Prozent, wie die Wahlkommission am 15. Okt. mitteilte. Sein stärkster Rivale Junis Kanuni erhielt 17,2 Prozent, der usbekische Milizenchef Abdul Raschid Dostum 15 Prozent.
  • Durch eine fern gezündete Bombe sind im Osten Afghanistans fünf Menschen getötet worden, unter ihnen ein Polizist. Wie von amtlicher Seite am 16. Okt. mitgeteilt wurde, explodierte der Sprengsatz im Distrikt Asmar in der Provinz Kunar in der Nähe eines Lastwagens, der Nahrungsmittel für US-Militärstützpunkte transportierte. Der Anschlag ereignete sich den Angaben zufolge am Abend des 15. Okt. auf der Hauptstraße im Gebiet von Dap, etwa 125 Kilomter östlich der Hauptstadt Kabul. Zuvor sei der Lastwagen von mutmaßlichen Anhängern der radikalislamischen Taliban in Brand gesetzt worden. Als sich daraufhin Polizisten und Dorfbewohner um den Lastwagen versammelten, sei die Bombe hochgegangen, sagte Provinzgouverneuer Said Fasel Akbar Aga. Der Polizeichef des Distrikts Asmar sei verletzt worden.
  • Erstmals seit der Präsidentenwahl vergangene Woche sind in Afghanistan bei der Explosion einer Bombe wieder US-Soldaten getötet worden. Zwei Soldaten kamen ums Leben, als ihr Fahrzeug in der südlichen Provinz Urusgan auf einen Sprengsatz fuhr. Wie das US-Militär am 16. Okt. mitteilte, wurden drei weitere Soldaten verletzt. Urusgan ist eine frühere Hochburg der radikalislamischen Taliban. Die Wahlen waren trotz Androhungen von Gewalt durch die Taliban friedlich verlaufen.
  • Die "New York Times" hat neue Vorwürfe wegen Gefangenenmisshandlungen im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba erhoben. In dem Lager seien bis zum April dieses Jahres zahlreiche Terror-Verdächtige brutal misshandelt worden, berichtete die Zeitung am 17. Okt. unter Berufung auf Mitarbeiter des Gefängnisses. Die Methoden kämen teilweise Folter gleich. So seien "nicht kooperationsbereite" Gefangene gezwungen worden, sich auszuziehen und sich so auf einen Stuhl zu setzen, dass Hand- und Fußgelenke an einen Ring im Boden gefesselt waren. Dann seien sie teilweise bis zu 14 Stunden lang mit überlauter Musik und Stroboskop-Licht traktiert worden, während die Klimaanlage auf maximale Kälte eingestellt worden sei.
Montag, 18. Okt., bis Sonntag, 24. Okt.
  • Bei einem Anschlag auf Wahlhelfer in Afghanistan sind am 18. Okt. fünf Menschen getötet worden. Wie die Wahlkommission mitteilte, wurde ein Fahrzeug der Kommission in der Provinz Paktika im Südosten des Landes von einer Explosion zerstört. Ein Mitarbeiter, der Fahrer und drei weitere Zivilpersonen seien ums Leben gekommen.
  • Der amtierende afghanische Übergangspräsident Hamid Karsai liegt nach Auszählung von einem Fünftel der Wählerstimmen klar in Führung. Wie die Wahlbehörde auf ihrer Internetseite am 18. Okt. bekannt gab, erhielt Karsai 61,7 Prozent der über 1,6 Millionen ausgewerteten Stimmen. An zweiter Stelle mit 18,4 Prozent lag der frühere Erziehungsminister Junus Kanuni. Auf Platz drei mit 8,6 Prozent der Stimmen weit abgeschlagen folgte demnach der Usbeken-General und Kriegsherr Abdul Rashid Dostum.
  • Der stärkste Gegenkandidat des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai hat eine Woche nach der Wahl den Vorwurf der Manipulation bekräftigt. Die aus Vertretern der Vereinten Nationen und Afghanen zusammengesetzte Wahlkommission ignoriere seine Beschwerden, sagte Junus Kanuni am 18. Okt. in einer Pressekonferenz. Der ehemalige Bildungsminister Kanuni und andere Präsidentschaftskandidaten werfen Wahlhelfern vor, nach Abschluss der Abstimmung Urnen mit zusätzlichen Stimmzetteln für Karsai gefüllt zu haben. Weiter kritisierte Kanuni, seine Beobachter hätten den Transport der Wahlurnen zu den Auszählungszentren nicht begleiten dürfen. Die Organisatoren haben eingeräumt, dass dort einige Urnen mit aufgebrochenem Siegel eintrafen, führten dies jedoch auf Transportschäden zurück. Nach Angaben der Wahlkommission lehnten Vertreter Kanunis das Angebot ab, den Transport von Urnen aus Flüchtlingslagern im Iran und in Pakistan zu begleiten.
  • Am Abend des 18. Okt. und am Morgen des 19. Okt. wurden US-Militärstützpunkte in den Provinzen Kunar und Nangahar mit sechs Raketen beschossen. Es seien keine Schäden entstanden, teilte ein Armeesprecher mit.
  • Das Kommando für die unter NATO-Oberbefehl stehende internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF ist bis zum Jahr 2007 beschlossen. Ab Februar 2005 werden die Türkei, Italien, Großbritannien und Spanien jeweils für sechs bis acht Monate die ISAF führen, wie am 20. Okt. aus dem NATO-Hauptquartier in Brüssel berichtet wurde. Durch die im Militärausschuss vereinbarte Rotation sei der Einsatz langfristig gesichert, hieß es. Für den Flughafen von Kabul sei entsprechend eine Kommando-Rotation mit der Türkei, Portugal, Griechenland, Rumänien, Bulgarien und Tschechien vereinbart worden. Die NATO führt das ISAF-Oberkommando seit August 2003.
  • Amtsinhaber Hamid Karsai liegt nach Auszählung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen bei der afghanischen Präsidentschaftswahl in Führung. Karsai kam auf 59,8 Prozent der Stimmen und damit deutlich mehr als die für einen Sieg im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit, wie die afghanische Wahlkommission am Abend des 20. Okt. auf ihrer Website vermeldete. Sein wichtigster Herausforderer Junis Kanuni erhielt nach Auszählung von 50,7 Prozent der Stimmzettel 17,2 Prozent der Stimmen. Auf dem dritten Platz landeten der usbekische Kriegsherr Abdul Raschid Dostum und der Hasaren-Führer Mohammed Mohakek mit je 8,3 Prozent.
  • Bundeswehrsoldaten in Afghanistan sollen Berichte über gewaltsame Auseinandersetzungen im äußersten Nordosten des Landes überprüfen. Das in Kundus stationierte deutsche Wiederaufbauteamwerde die Lage in der Provinz Badachschan erkunden und gegebenenfalls eingreifen, sagte ein Sprecher der internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) am 21. Okt. in Kabul. Die Konfliktzone sei rund fünf Stunden vom Bundeswehr-Stützpunkt in Kundus entfernt.
  • Alle 18 Kandidaten der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben bei der internationalen Untersuchungskommission zu möglichen Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang vom 9. Oktober Beschwerden eingereicht. Bei dem unabhängigen Gremium seien insgesamt rund hundert Eingaben eingegangen, sagte ein Sprecher der Vereinten Nationen am 21. Okt. vor Journalisten in Kabul. Anfang der kommenden Woche träfen sich die drei Experten der Untersuchungskommission - ein Kanadier, ein Schwede und ein Brite - zum zweiten Mal mit den Kandidaten, um die Beschwerden zu erörtern.
  • Eine US-Bundesrichterin hat vertrauliche Treffen von Häftlingen im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba mit ihren Verteidigern erlaubt. Dies sei ein "grundlegendes Recht" der Gefangenen, sagte Richterin Colleen Kollar-Kotelly am 21. Okt. in Washington. Die Entscheidung betrifft unter anderem drei Kuwaiter, die in dem Lager seit etwa drei Jahren ohne Anklage und ohne Rechtsbeistand inhaftiert sind. Der Oberste Gerichtshof der USA hatte Ende Juni entschieden, dass die Häftlinge in Guantánamo das Recht auf einen Anwalt und eine Anhörung vor einem Zivilgericht hätten. Andernfalls müsse die US-Regierung die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung nachweisen.
  • Zwei französische Soldaten der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) sind bei einem Verkehrsunfall in Afghanistan ums Leben gekommen. Ein dritter Franzose sei bei dem Unfall nahe der Hauptstadt Kabul verletzt worden, teilte ein Sprecher des französischen ISAF-Kontingents am 22. Okt. mit. Nach seinen Angaben ereignete sich der Unfall bereits am 21. Okt. Es sei das erste Mal, dass französische Soldaten seit Beginn ihres Afghanistan-Einsatzes im Januar 2002 umkamen.
  • Rund zehn ehemalige Guantánamo-Häftlinge haben nach ihrer Freilassung laut US-Verteidigungsministerium den Kampf gegen die NATO-Truppen in Afghanistan wieder aufgenommen. Einige der zuvor in dem US-Militärlager auf Kuba inhaftierten Männer wurden erneut gefasst, andere wurden getötet oder gelten als unauffindbar, wie das Pentagon am 22. Okt. mitteilte. Der US-Kommandeur Alvin Plexico sagte: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass es ein Risiko sei, zu entscheiden, ob ein Gefangener freigelassen werden könne oder nicht."
  • Zwei Wochen nach der Präsidentenwahl in Afghanistan sind drei Viertel der Stimmen ausgezählt. Auf Amtsinhaber Hamid Karsai entfielen bis zum 23. Okt. 54,5 Prozent. Sein Vorsprung vor seinen Gegenkandidaten ist damit abermals leicht geschrumpft, aber dennoch kaum einzuholen: Sein wichtigster Herausforderer, der ehemalige Bildungsminister Junus Kanuni, kommt bislang auf 17,3 Prozent.
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 23. Okt. im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul ein elfjähriges Mädchen mit in den Tod gerissen. Neun Menschen wurden verletzt, darunter drei isländische Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF. Dem isländischen Außenministerium zufolge erlitt keiner der Soldaten schwere Verletzungen. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Den Angaben zufolge verkaufte das Mädchen in einer belebten Einkaufstraße Bücher, als die Bombe detonierte. Das Kind wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, wo es am Abend starb. Unter den Verletzten waren neben den Soldaten eine Ausländerin, deren Herkunft nicht bekannt war, und fünf Afghanen. Ein Sprecher der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF sprach von insgesamt drei Explosionen in der Einkaufsstraße. Norwegische ISAF-Soldaten seien vor Ort, um den Vorfall zu untersuchen.
    Bei dem Selbstmordanschlag ist auch eine US-Bürgerin ums Leben gekommen. Dies teilte ein Sprecher der US-geführten Koalition am 24. Okt. in Kabul mit. Genauere Angaben machte er nicht.
  • Bei einem Bombenanschlag im Osten Afghanistans ist ein US-Soldat leicht verletzt worden. Nach US-Angaben explodierte der Sprengsatz am 23. Okt. in der Provinz Nangarhar, als der Soldat mit seinem Fahrzeug vorüberfuhr. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Dabei seien "ein paar amerikanische Soldaten getötet worden", behauptete Taliban-Sprecher Abdul Latif Hakimi.
  • Amtsinhaber Hamid Karsai hat nach Angaben seines Wahlkampfteams die Präsidentschaftswahl in Afghanistan gewonnen. Karsai habe im ersten Wahlgang am 9. Oktober bereits die absolute Mehrheit der Stimmen errungen, teilte ein Sprecher am 24. Okt. mit. Mit 4,1 Millionen ausgezählten Wählerstimmen sei ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen. Nach Angaben der Wahlkommission lag Karsai nach Auszählung von knapp 90 Prozent der abgegebenen Stimmen am Morgen des 24. Okt. mit 54,6 Prozent vor seinem wichtigsten Herausforderer Junus Kanuni. Dieser lag mit 16,9 Prozent auf Platz zwei. (Hier geht es zu einer Wahlanalyse: Wahlfarce am Hindukusch.)
Montag, 25. Oktober, bis Sonntag, 31. Oktober
  • Die Koalitionsstreitkräfte in Afghanistan halten einem UN-Menschenrechtsexperten zufolge mehrere hundert Gefangene ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren fest. Bei ihrem Vorgehen in Afghanistan verletzten die Truppen internationales Recht, kritisierte Cherif Bassiouni, ein Experte der UN-Menschenrechtskommission, vor der UN-Vollversammlung in New York am 25. Okt. Bassiouni zitierte Berichte, wonach mehrere Häftlinge gedemütigt und zu Tode geprügelt wurden. Lokale Kriegsherren und Drogenhändler seien für die meisten Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, räumte Bassiouni am Montagabend ein. Ein Problem sei auch die allgemein schlechte Sicherheitslage im Land. Allerdings sollten die Koalitionssoldaten eine Vorbildfunktion für die örtlichen Behörden haben, was oft nicht der Fall sei. So seien Truppen Berichten zufolge ohne Durchsuchungsbefehl in Wohnungen eingedrungen und hätten Festnahmen ohne die notwendige gerichtliche Anordnung durchgeführt. Internationale Menschenrechtsorganisationen hätten von mehreren Todesfällen in Gefängnissen berichtet. Einige Häftlinge seien den Angaben zufolge offenbar gefoltert worden, sagte Bassiouni.
  • Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) die beiden Kandidaten George W. Bush und John Kerry aufgefordert, sich öffentlich zu einem Engagement gegen Folter in US-Gewahrsam zu verpflichten. Ein am 27. Okt. in London vorgelegter Amnesty-Bericht belegt die Verstrickung der US-Regierung in den Skandal um die Folterungen von Gefangenen im Irak, in Guantánamo und in Afghanistan. Der Bericht räumt mit der Behauptung auf, dass es sich um Einzelfälle gehandelt habe, und fordert vom neuen Präsidenten der USA die sofortige Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission sowie Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung weiterer Folter und Misshandlung.
  • In Afghanistan sollen US-Soldaten einem Fernsehbericht zufolge Gefangene systematisch misshandelt haben. Ein früherer afghanischer Polizist berichtete dem ARD-Magazin "Kontraste", er und seine Mitgefangenen seien gefesselt, auf den Boden geworfen, mit Schläuchen nassgespritzt und stundenlang geprügelt worden. Auf drei Totenscheinen von in Gefangenschaft gestorbenen Afghanen laute das Ergebnis der Ärzte auf Totschlag, berichtete das Magazin vorab am 27. Okt. (die Sendung wird am 28. Okt. gesendet). Als Todesursache sei jeweils "Verletzungen durch stumpfe Gewalt" vermerkt. Gegen 28 Soldaten ermittle die US-Armee im Zusammenhang mit den bisher ungeklärten Todesfällen. Der Missbrauch sei gravierender als im Irak, sagte einer der Verfasser des Afghanistan-Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
  • Die Bundesregierung hat am 27. Okt. die Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Anti-Terror-Mission "Enduring Freedom" für ein weiteres Jahr beschlossen. Es gebe keine Änderungen am bisherigen Mandat, sagte Regierungssprecher Béla Anda am Mittwoch in Berlin. Die Obergrenze für das Mandat liegt bei 3.100 Bundeswehrsoldaten. Derzeit sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums etwa 300 Soldaten am Horn von Afrika und bei den Einsätzen der NATO im Mittelmeer und in der Straße von Gibraltar im Einsatz.
  • Ein bewaffnetes Kommando hat am 28. Okt. drei ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen verschleppt, darunter eine Irin und eine Kosovarin. Nach Angaben eines Sprechers des afghanischen Innenministeriums arbeiteten die drei für die Wahlkommission. Laut der internationalen ISAF-Schutztruppe waren sie gegen Mittag in einem UN-Fahrzeug in der Hauptstadt Kabul unterwegs, als sie von den Kidnappern in einem schwarzen Geländefahrzeug gestoppt und verschleppt wurden. Ein UN-Vertreter sagte, die Geiselnehmer hätten Uniform getragen.
  • Der UN-Sonderbeauftragte Lakhdar Brahimi hat sich dafür ausgesprochen, nach der Präsidentenwahl in Afghanistan die Versöhnung der Volksgruppen in dem Land voranzutreiben. Auch die angeblich "schlechten Elemente" müssten mit einbezogen werden, sagte Brahimi der "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 28. Okt.). Es sei "höchste Zeit, dass wir damit aufhören, jeden als Feind Afghanistans zu bezeichnen, der mit den Taliban kooperiert hat", forderte der UN-Beauftragte. Er appellierte an die USA, Friedensstiftung und nationale Versöhnung nicht hinter die Ziele ihres Anti-Terror-Kampfes zurückzustellen. Die Gefahr, die von den Taliban ausgehe, werde oft überschätzt. "Ich glaube nicht, dass irgendein Teil des Landes heute noch unter ihrer Kontrolle ist", sagte Brahimi.
  • Ein NATO-Soldat ist am 29. Okt. bei einem Schusswechsel mit unbekannten Angreifern in der afghanischen Hauptstadt Kabul leicht verletzt worden. Wie NATO-Sprecher Hauptmann Valery Putz mitteilte, wurde eine Patrouille der NATO-geführten Schutztruppe ISAF gegen 20.30 Uhr im Zentrum Kabuls von zwei Männern unter Feuer genommen. Die Angreifer seien unerkannt entkommen. Der Soldat, über dessen Nationalität nichts mitgeteilt wurde, wurde den Angaben zufolge am Fuß verletzt.
  • Vier Tage vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat Osama bin Laden im arabischen Fernsehsender El Dschasira den USA mit neuen Anschlägen wie denen vom 11. September 2001 gedroht. Der Chef des El-Kaida-Netzwerks sagte in seiner am 29. Okt. im katarischen Satellitensender ausgestrahlten Videobotschaft "an das amerikanische Volk", die "Gründe" für die Wiederholung dessen, was am 11. September 2001 geschehen sei, blieben bestehen. Die Sicherheit der US-Bürger sei "weder in der Hand von (John) Kerry noch von (George W.) Bush". Der Zeitpunkt der Aufnahme und die Authentizität des Videos standen zunächst nicht fest.
    Das Videotape von Extremistenführer Osama bin Laden ist nach Einschätzung der US-Geheimdienste authentisch. Dies teilte das Weiße Haus mit.
  • Die US-Armee vermutet, dass sich El-Kaida-Chef Osama bin Laden weiter im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan aufhält. Der Aufenthaltsort sei aber "nicht genau" bekannt, sagte ein Armeesprecher am 30. Okt. in Kabul.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai will die Bekämpfung der florierenden Drogenproduktion zum Schwerpunkt seiner kommenden Amtszeit machen. "Wir werden alle unsere Anstrengungen bündeln, um Drogenlabore zu vernichten und zu verbieten", hieß es in einer am 30. Okt. in Kabul veröffentlichten Erklärung Karsais. Afghanistan sei aber auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen, um den Bauern Alternativen zum Drogenanbau zur Verfügung zu stellen. Das Land gilt als weltgrößter Produzent von Opium, dem Rohstoff von Heroin.
  • Die Vereinten Nationen haben die umgehende Freilassung der in Afghanistan entführten UN-Wahlhelfer gefordert. "Sie fehlen uns und wir machen uns Sorgen um sie", sagte der UN-Sprecher in Afghanistan, Manoel de Almedia e Silva, am 31. Okt. vor der Presse in Kabul. Er forderte die Entführer auf, den Geiseln kein Leid anzutun. Die "beste Lösung" sei die "sofortige Freilassung".
    Die Entführer von drei UN-Wahlhelfern in Afghanistan haben deren Herkunftsländer zur Erfüllung ihrer Forderungen innerhalb von drei Tagen aufgefordert. Andernfalls würden die drei UN-Mitarbeiter getötet, sagte der Sprecher der Geiselnehmer, Mullah Mohammed Ischak, am 31. Okt. in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP. Im Namen der aus den radikalislamischen Taliban hervorgegangenen "Moslem-Armee" forderte Ischak die UNO auf, Afghanistan zu verlassen sowie "die Angriffe und den Einmarsch ausländischer Truppen in Afghanistan" zu verurteilen.


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