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Gefechte statt Guttenberg

Schnelle Eingreiftruppe blieb ohne Besuch des Militärministers

Gefechte mit Aufständischen haben am Freitag (16. Juli) einen Truppenbesuch von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in Nordafghanistan verhindert.

Guttenbergs Besuch bei Soldaten der Schnellen Eingreiftruppe in der Provinz Baghlan musste in letzter Minute abgesagt werden, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte. Der Minister befand sich demnach bereits mit dem Hubschrauber auf dem Flug zu den Soldaten der Quick Reaction Force (QRF). Wegen der Kampfhandlungen sei dann aber entschieden worden, in das Feldlager Kundus umzukehren, von dem aus Guttenberg gestartet war.

Nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam wurde die deutsche Patrouille etwa 70 Kilometer südlich des Lagers in Kundus angegriffen, als sie ein festgefahrenes Fahrzeug vom Typ Dingo bergen wollte. Die Angreifer hätten unter anderem Panzerabwehrwaffen eingesetzt. Die Bundeswehrsoldaten hätten Luftnahunterstützung angefordert, diese sei auch zum Einsatz gekommen. Deutsche Soldaten seien nicht verletzt worden.

Guttenberg war wegen eines Schadens an seinem Flugzeug in der Nacht zu Freitag (16. Juli) bereits mit 16 Stunden Stunden Verspätung in Afghanistan eingetroffen. Bei einer Zwischenlandung in der ukrainischen Hauptstadt Kiew kam es wegen eines Laufwerkschadens zu einer »starken Rauchentwicklung«, so der Sprecher. Guttenberg musste daher auf eine Ersatzmaschine warten.

Erste Station war das Regionalkommando der Internationalen Schutztruppe ISAF in Masar-i-Scharif im Norden des Landes, wo 40 US-Hubschrauber in den Dienst des Regionalkommandos gestellt wurden. Bei seiner Rede sagte Guttenberg laut dem vom Verteidigungsministerium verbreiteten Redetext, die Situation im Norden habe sich nicht so positiv entwickelt wie erhofft. Zwar seien viele Fortschritte erzielt worden, es gebe aber noch viel zu tun.

»Vor uns liegen schwierige Monate«, erklärte Guttenberg. Die Afghanen müssten bei der Entwicklung ihres Landes die Hauptrolle spielen, Deutschland und die internationale Gemeinschaft seien dabei »starke Partner«.

Nach dem Besuch in Masar-i-Scharif reiste Guttenberg in das deutsche Feldlager bei Kundus weiter. Dort wurde ihm unter anderem eine der in Afghanistan eingesetzten Panzerhaubitzen 2000 vorgestellt. Das Geschützsystem kann Ziele in 30 bis 40 Kilometer Entfernung treffen.

Guttenberg hatte im April die Verlegung von zwei Panzerhaubitzen nach Afghanistan angeordnet, sie kamen dort inzwischen auch zum Einsatz. »Die Panzerhaubitze bietet mehr Schutz und Sicherheit für unsere Soldaten«, sagte Guttenberg nach Angaben seines Ministeriums. Das habe sich bei den ersten Einsätzen gezeigt.

Es war die vierte Afghanistan-Reise Guttenbergs seit seinem Amtsantritt im Oktober 2009. Derzeit sind rund 4300 deutsche Soldaten am Hindukusch im Einsatz.

Die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« hat die Debatte über eine engere Verzahnung von humanitärer Hilfe und Militäreinsatz in Afghanistan kritisiert. »Allein die Diskussion über eine Kooperation erschwert unsere Arbeit ungemein«, sagte Vorstandsvorsitzender Tankred Stöbe am Freitag (16. Juli) in Berlin. »Es entsteht der Eindruck, alle westlichen Organisationen gehörten zusammen.« Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat sich wiederholt für eine stärkere Abstimmung zwischen militärischem und humanitärem Engagement ausgesprochen.

* Aus: Neues Deutschland, 17. Juli 2010


Mit Stahlhelm im Kriegsgebiet **

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Freiherr und Verteidigungsminister, besuchte am Freitag (16. Juli) erneut seine Besatzungstruppen in Afghanistan. Die vierte Reise an den Hindukusch seit seinem Amtsantritt im Oktober 2009 war von einigen Turbulenzen begleitet. Zunächst erreichte er wegen eines Maschinenschadens bei einer Zwischenlandung in Kiew das Regionalkommando der »Internationalen Schutztruppe« (ISAF) im nordafghanischen Masar-i-Scharif in der Nacht zu Freitag erst mit 16 Stunden Verspätung. Dadurch fiel das geplante Gespräch mit dem neuen ISAF-Oberkommandierenden, US-General David Petraeus, aus.

Später dann mußte er das Vorhaben, Soldaten der Schnellen Eingreiftruppe (Quick Reaction Force; QRF) in der Provinz Baghlan mit seiner Anwesenheit zu beglücken, aufgeben. Seinem Sprecher zufolge befand er sich bereits mit dem Hubschrauber auf dem Weg dorthin, als Meldungen über Kampfhandlungen eintrafen. Demnach befanden sich die Soldaten der QRF »in einem Gefecht mit Aufständischen«. Später erklärte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam, daß eine deutsche Patrouille etwa 70 Kilometer südlich des deutschen Feldlagers in Kundus attackiert worden war, als sie ein festgefahrenes Fahrzeug vom Typ »Dingo« bergen wollte. Die Angreifer hätten unter anderem Panzerabwehrwaffen eingesetzt. Luftnahunterstützung sei angefordert worden und auch »zum Einsatz gekommen«. Ob es dabei Opfer gegeben hat, wurde nicht bekannt.

Auf alle Fälle wurde schließlich »aus Sicherheitsgründen« entschieden, daß der Hubschrauber mit dem Minister nach Kundus zurückkehren sollte. Dort wurde Freiherr zu Guttenberg unter anderem eine der in Afghanistan eingesetzten »Panzerhaubitzen 2000« vorgestellt. Mit dem Geschützsystem können Ziele in 30 bis 40 Kilometer Entfernung getroffen werden. Guttenberg persönlich hatte im April die Verlegung von zwei Panzerhaubitzen angeordnet. Sie wurden von den deutschen besatzern bereits »gegen Aufständische« eingesetzt.

Der Verteidigungsminister nahm in Masar-i-Scharif an einer »feierlichen militärischen Zeremonie« teil. Mit dieser wurden 40 US-Hubschrauber in den Dienst des Regionalkommandos gestellt. In seiner Rede erklärte Guttenberg, daß sich die militärische Situation im Norden des Landes »nicht so positiv entwickelt hat wie erhofft«. Es seien zwar »viele Fortschritte erzielt worden«, meinte er, ohne konkret zu werden, es gebe aber noch viel zu tun. »Vor uns liegen schwierige Monate«, so der Minister. Bereits Anfang Juli hatte er von einem »harten Sommer« in Afghanistan gesprochen. Man müsse mit weiteren Todesopfern rechnen.

** Aus: junge Welt, 17. Juli 2010


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