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Weichenstellung für Afghanistan

NATO-Gipfel in Chicago soll "Vereinbarung über ein 'Zwischenziel' für 2013" erzielen - Rede von Philip Gordon, Abteilungsleiter für europäische und eurasische Angelegenheiten im US-Außenministerium


Im Folgenden dokumentieren wir eine Zusammenfassung der Rede des Abteilungsleiters für europäische und eurasische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Philip Gordon, vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats, die am 10. Mai 2012 von Stephen Kaufman vom Büro für internationale Informationsprogramme auf DipNote, dem offiziellen Blog des US-Außenministeriums, veröffentlicht wurde. Der Text wurde vom Amerika Dienst ins Deutsche übersetzt.

Übergangsplan für Afghanistan beim NATO-Gipfel

Von Stephen Kaufman *

Der Schwerpunkt des NATO-Gipfels vom 20. bis 21. Mai in Chicago wird die Mission des Bündnisses in Afghanistan sein, einschließlich des Übergangs von einem Kampfeinsatz zu einer Rolle der Unterstützung für die afghanischen Sicherheitskräfte. Außerdem werden sich die Gespräche auf die Verteidigungsfähigkeiten und Partnerschaften der Mitgliedsländer zur Bewältigung der sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts konzentrieren.

Bei seiner Anhörung vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats am 10. Mai erklärte der Abteilungsleiter für europäische und eurasische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Philip Gordon, den US-Gesetzgebern, er sei überzeugt, dass der Gipfel zu einer Vereinbarung über ein „Zwischenziel“ für 2013 führen werde, wenn die von der NATO geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF), wie von den Bündnismitgliedern beim Gipfel in Lissabon 2011 vereinbart, ihren Kampfeinsatz beenden und sich auf Ausbildung und Unterstützung konzentrieren wird.

„Unser Leitsatz lautete immer: zusammen rein, zusammen raus. In Lissabon haben sich das Bündnis und die ISAF als Ganzes darauf geeinigt, dass die Kampftruppen bis 2014 bleiben, ihre Aufgaben erfolgreich erfüllen und danach abziehen würden,“ so Gordon.

Er bezifferte die Höchstzahl der Soldaten bei den nationalen afghanischen Sicherheitskräften (ANSF) auf etwa 350.000, wobei die Anzahl der Soldaten in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich auf 230.000 sinken werde.

„Unser Grundgedanke war dabei schon immer, dass die ANSF ausreichend groß sein muss, um die Aufgaben zu erfüllen, aber auch nachhaltig, also langfristig bezahlbar”, sagte er.

Er fügte hinzu: „Die Afghanen können es nicht allein schaffen“, und die internationale Gemeinschaft „wird Verantwortung übernehmen und in den nächsten zehn Jahren eine große Rolle spielen müssen um zu gewährleisten, dass die ANSF tragbar ist“.

Der stellvertretende Abteilungsleiter im Verteidigungsministerium für Europa- und NATO-Politik, James Townsend, sagte, 2013 werde die Übergabe der sicherheitspolitischen Verantwortung an die ANSF abgeschlossen sein, die dann die Führung in einem Großteil des Landes übernehmen kann.

Townsend lobte die Leistungen der ANSF bei den jüngsten Sicherheitsvorfällen wie beispielsweise dem Angriff der Taliban auf Ziele in Kabul am 15. April.

„Wir sind ziemlich beeindruckt von der Arbeit der ANSF“, sagte er. „Sie sind zweifellos bereit, die Führung bei Kampfeinsätzen zu übernehmen.“

„Ungeachtet der Unterschiede innerhalb der NATO sind sich alle Mitglieder einig, dass das Bündnis „stark und geeint“ sein muss, sagte Townsend.

„Zukünftige Herausforderungen für die Vereinigten Staaten und ihre Bündnispartner können von der Verbreitung von ballistischen Flugkörpern, Cyber-Angriffen, Terrorismus, Massenvernichtungswaffen sowie von der Instabilität ausgehen, die durch die Umbrüche in Ländern entsteht, die darum ringen, die für sie geeignete Regierungsform einzuführen. Wir müssen bereit sein, neu entstehenden Bedrohungen zu begegnen. Wir würden diese Herausforderungen lieber mit unseren Bündnispartnern meistern als allein“, sagte er.

Er erwähnte die Rolle der NATO als „Mittelpunkt und Integrationsmechanismus eines Netzwerks von Partnern für die globale Sicherheit“, das es dem Bündnis ermöglicht habe, den politischen Entscheidungen militärische Stärke zu verleihen, wie beispielsweise seine Rolle beim Schutz libyscher Zivilisten vor den Sicherheitskräften des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar Gaddafi im Jahr 2011.

Libyen ist „ein Beispiel dafür, wie wir politisch zusammenkommen und mit den Vereinten Nationen sowie der internationalen Gemeinschaft arbeiten können – nicht nur mit unseren europäischen Bündnispartnern, sondern umfassender – und uns dann auf eine Vorgehensweise einigen“ und „diese erfolgreich umsetzen“, sagte er.

Gordon erklärte, die Zusammenkunft in Chicago sei kein „Erweiterungsgipfel“, bei dem die aktuelle Mitgliedschaft der NATO erweitert wird, obwohl die Vereinigten Staaten „die Politik der offenen Tür nach wie vor unterstützen“. Außenministerin Clinton plane, sich mit Vertretern der vier Kandidatenstaaten Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Georgien zu treffen.

„Die Tür der NATO steht allen demokratischen Staaten in Europa offen, die bereit und in der Lage sind, die Verantwortung und Pflichten der Mitgliedschaft zu übernehmen“, sagte er, und alle vier Länder „arbeiten eng mit den Bündnispartnern zusammen, um die Kriterien für eine Mitgliedschaft in der NATO zu erfüllen“.

In Bezug auf die Beziehungen der NATO zu Russland werde die Zusammenarbeit in Bereichen von gemeinsamem Interesse trotz der Meinungsverschiedenheiten bei der Raketenabwehr und der militärischen Besetzung von Teilen Georgiens fortgesetzt, so Gordon.

„Das beste Beispiel für die Zusammenarbeit sind unsere gemeinsamen Bemühungen in Afghanistan, wo die Transitunterstützung durch Russland für den Erfolg der Mission entscheidend war“, sagte er.

„Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Weder stellt die NATO eine Bedrohung für Russland dar, noch ist Russland eine Bedrohung für die NATO“, sagte Gordon.

* Originaltext: NATO Summit to Reaffirm Afghan Transition Plan; siehe: http://iipdigital.usembassy.gov

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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