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Kämpfe in Afghanistan

Bundeswehr kehrt in Provinz Badachschan zurück. Ostermarschierer fordern sofortigen Abzug der deutschen Armee aus allen Auslandseinsätzen

Von Arnold Schölzel *

Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen afghanischer Armee und Aufständischen in der nordöstlichen Provinz Badachschan streben einem neuen Höhepunkt zu. Am Donnerstag unterrichtete die Bundesregierung den Bundestag, das deutsche Regionalkommando habe zur Unterstützung der einheimischen Streitkräfte wieder Truppen in die Region verlegt. Erst am 9. Oktober 2012 hatte die Bundeswehr die Schließung ihres Feldlagers in Faisabad gefeiert und die Provinz an afghanische Sicherheitskräfte übergeben. Fünf Monate danach häufen sich Meldungen über Angriffe von Aufständischen, bei denen in den vergangenen Wochen etwa 60 Militärangehörige und Polizisten ums Leben kamen. Bei einer der verlustreichsten Attacken der letzten Jahre wurden allein am 6. März 17 Soldaten getötet. Am Sonnabend vergangener Woche tötete das afghanische Militär 50 gegnerische Kämpfer. Dennoch ist die Kabuler Marionettenregierung in weiten Teilen der Provinz nicht präsent.

Die Bundeswehrführung in Afghanistan versucht laut Spiegel online, das Desaster herunterzuspielen. Sie bezeichnete die Rückkehr deutscher Soldaten nach Badachschan als Routine im Übergabeprozeß. Die Bundeswehr solle nicht in die Kämpfe eingreifen, sondern nur bei der Operationsführung behilflich sein. Wörtlich heißt es aber bei Spiegel online: »Seit Tagen fliegen Kampfjets der NATO-Schutztruppe Luftangriffe auf die Stellungen der Angreifer in den Bergen. Dabei wurde laut der Unterrichtung der Bundeswehr ›eine erhebliche Anzahl‹ an feindlichen Kämpfern getötet.« Radio Free Europe/Radio Liberty zitierte am Donnerstag den US-Militärexperten David Young, der vom »Scheitern« der afghanischen Streitkräfte bei der »Sicherung« Badachschans sprach.

Ungeachtet der Lage bereiten sich die 15 NATO-Staaten, die ab 2014 an der weiteren Besetzung Afghanistans teilnehmen wollen, auf die Mission »Resolute Support – Energische Unterstützung« vor. Das Bundesverteidigungsministerium teilte am Donnerstag mit, daß sich Vertreter der 15 Länder in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin zu ersten Abstimmungsgesprächen getroffen haben. Derweil erklärte Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Spiegel laut Vorabmeldung zum Afghanistan-Krieg: »Die Entscheidung war zum damaligen Zeitpunkt richtig.« Ob aber der ganze Einsatz »über mehr als zehn Jahre richtig war, das wird man erst später, vielleicht sogar erst in Jahrzehnten, beurteilen können«.

Mit Ostermärschen und Mahnwachen in verschiedenen deutschen Städten protestierte dagegen die deutsche Friedensbewegung am Karfreitag gegen Krieg, Gewalt und atomare Bedrohungen. Eine der vorrangigen Forderungen sei der sofortige Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und der Abzug der »Patriot«-Raketen aus der Türkei, teilte die koordinierende Friedens- und Zukunftswerkstatt in Frankfurt am Main mit. Insgesamt sind am Osterwochenende bis zu 80 Kundgebungen geplant. Erste Aktionen in Kehl, Biberach, Suhl und Erfurt am Donnerstag hätten »eine gute Resonanz« gefunden. Am Freitag gab es Veranstaltungen unter anderem in Dortmund, Münster und Biberach. Dabei wurden auch Militärstandorte wie etwa Ramstein oder Büchel, wo US-Atomraketen lagern, einbezogen.

In diesem Jahr stehen vor allem der Protest gegen deutsche Rüstungsexporte und gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen im Mittelpunkt der Ostermärsche.

* Aus: junge Welt, Ostersamstag, 30. März 2013


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