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Geiseldrama am Horn von Afrika

In Äthiopien entführte Deutsche werden zum Spielball regionaler Interessen

Von Philipp Hedemann, Addis Abeba *

Eine äthiopische Rebellengruppe behauptet, dass die Regierung des Landes am Horn von Afrika die Freilassung der zwei in der Danakilwüste entführten Deutschen verhindere.

Die beiden deutschen Touristen wurden am 17. Januar nach einem Überfall im Nordosten Äthiopiens verschleppt. Bei dem Angriff waren zudem zwei Deutsche, zwei Ungarn und ein Österreicher getötet worden.

»Frau Bianca Bianca I. und Jürgen Q. sind in unserem Gewahrsam und in Sicherheit. Wir sind mehr als gewillt, sie freizulassen. Aber die äthiopischen Behörden in der Afar-Region tun nichts anderes, als diese Bemühungen zunichte zu machen, um einen plausiblen Grund zu haben, einen Krieg mit dem benachbarten Eritrea vom Zaun zu brechen und das Afar-Volk weiterhin zu terrorisieren «, heißt es in einer Erklärung, die die Afar Revolutionary Democratic Unity Front (ARDUF) per E-Mail verschickte.

Die äthiopische Regierung bestreitet dies. Gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg erklärte Informationsminister Bereket Simon: »Das sind Terroristen, die die Touristen angegriffen haben ... Wir haben keinen Kontakt mit der eritreischen Regierung, aber wir wissen mit Sicherheit, dass sie die Verantwortung für die Freilassung übernehmen muss. Anderenfalls werden Konsequenzen folgen.«

Die Entführer behaupten, dass die Touristen während eines Feuergefechts der Rebellen mit der äthiopischen Armee getötet wurden. Die äthiopische Regierung weist dies zurück.

Addis Abeba hatte unmittelbar nach dem Überfall Eritrea vorgeworfen, hinter dem tödlichen Anschlag und der Entführung zu stehen. Das Regime in Asmara bestreit dies. Die Erzfeinde Äthiopien und Eritrea führten von 1998 bis 2000 einen Krieg, in dem über 70 000 Menschen starben.

ARDUF warnte die äthiopische Regierung vor dem Versuch, die beiden Deutschen und zwei ebenfalls verschleppte Äthiopier gewaltsam zu befreien. »Jegliche militärische Konfrontation mit ARDUF würde nicht nur das Leben der beiden Deutschen gefährden, sondern auch die Sicherheit aller ausländischen Touristen, die die Vulkane in der Afar-Region besuchen«, verkündet die Erklärung. Die Rebellen stellten in Aussicht, die Geiseln nach Verhandlungen mit Ältesten rasch freizulassen. Aus dem Schreiben wird nicht klar, wo die Geiseln sich aufhalten und ob Lösegeldforderungen gestellt wurden. ARDUF kämpft nach eigenen Angaben für die Befreiung, die politische, wirtschaftliche und soziale Teilhabe des Afar-Volkes in Äthiopien. Die Gruppe rühmt sich, bereits mehrmals Ausländer entführt, sie jedoch stets unverletzt freigelassen zu haben.

* Aus: neues deutschland, 31.01.2012


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