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Obama setzt auf Ägypten

Mubarak auf US-Visite / Gedankenspiele von Rice ad acta gelegt

Von Max Böhnel, New York *

Als Höhepunkt seines dreitägigen USA-Besuchs trifft der ägyptische Präsident Hosni Mubarak heute (18. Aug.) mit Barack Obama zusammen.

Nach fünfjähriger Abwesenheit von den Washingtoner Führungsetagen tourt der ägyptische Präsident Hosni Mubarak seit seiner Ankunft am Samstag durch die Hauptstadt der USA. Der 81-Jährige, der seit 1981 im Amt ist, wird von der Kairoer Nummer zwei, dem Geheimdienstchef Omar Suleiman, und zahlreichen Ministern begleitet.

Am Montag (17. Aug.) traf die Delegation mit Vizepräsident Joseph Biden, Außenministerin Hillary Clinton, nationalen Sicherheitsberatern und Vertretern von jüdischen Organisationen zusammen. Auf der Themenliste standen der israelisch-palästinensische Friedensprozess, der Umgang mit Sudan, dem südlichen Nachbarn Ägyptens, sowie Iran.

Aus Protest gegen die Politik der Bush-Regierung war Mubarak seit dem Jahr 2004 nicht mehr in den USA. Gründe waren nicht nur der Irakkrieg, sondern auch die öffentliche Kritik Washingtons an Kairoer Menschenrechtsverletzungen. Die damalige Außenministerin Condoleezza Rice hatte darüberhinaus Gedankenspiele für eine »Demokratisierung« Ägyptens, das heißt ohne Mubarak, angestellt. Am Regime in Saudi-Arabien hatte die Bush-Regierung dagegen nichts auszusetzen. Vielmehr kehrte Washington damals Kairo den Rücken und wandte sich Riad zu, um es als regionales Gegengewicht gegen Teheran zu stärken.

Doch die Obama-Regierung, in der neokonservative Einflüsse in der Außenpolitik keine große Rolle mehr spielen, setzt wieder auf die traditionell »pragmatische« Nahostpolitik aus den Zeiten vor Bush: Ermahnungen an die Adresse Israels, Friedensgespräche zu führen sowie Druck auf die Araber, davor Gesten guten Willens zu zeigen.

Saudi-Arabien lehnte die von Washington geforderten vertrauensbildenden Maßnahmen gegenüber Israel ab mit dem Hinweis auf seine Friedensinitiative, die von allen 22 Mitgliedern der Arabischen Liga unterstützt wird. Darin ist die Rede von einem umfassenden arabisch-israelischen Frieden im Gegenzug zur Rückgabe der 1967 von Israel besetzten Gebiete. So wird in Zukunft wieder Kairo der arabische Hauptansprechpartner Washingtons werden. In einem Vorbericht der »New York Times« zum Treffen Mubaraks mit Obama hieß es dazu, das Weiße Haus scheine »zu kalkulieren, dass Ägypten als die größte arabische Nation, die ähnliche regionale Ziele hat wie Washington, die beste Adresse bleibt, an die man sich wenden kann.»

Beim Fototermin am heutigen Dienstag mit Obama wird Mubarak Berichten zufolge »die arabische Sichtweise« auf israelisch-palästinensische Friedensverhandlungen präsentieren. Als vertrauensbildende Maßnahmen muss Israel demzufolge seinen Siedlungsbau in der Westbank einfrieren, die wirtschaftliche Situation in den palästinensischen Gebieten verbessern und den Druck auf Gaza zurücknehmen.

Darüberhinaus, so Kairos Vorschlag, müsse sich Israel bereit erklären, auch die schwierigen Verhandlungsthemen anzugehen, etwa den Status von Jerusalem und die Frage der Kompensation von palästinensischen Flüchtlingen. Laut »New York Times« handelt es sich dabei allerdings um die »Neuauflage einer alten Schrift«. Araber und Israelis würden darüber streiten, wer den ersten Schritt zu machen habe.

Die politischen Kräfteverhältnisse in der Region würden -- nicht zuletzt aufgrund der internen Probleme Irans -- wieder ihr altgewohntes Maß einnehmen. Nicht zuletzt würden die USA ihre Kritik an der ägyptischen Innen- und Menschenrechtspolitik zurücknehmen, um Kairo wieder voll unter die amerikanischen Fittiche zu nehmen.

Dass die Obama-Regierung diesen Weg beschreiten will, war bereits im Juni deutlich geworden, als der USA-Präsident Kairo als Bühne für seine Rede an die Araber und Muslime wählte. Mubarak habe seinen Besuchszeitpunkt gut gewählt, notierte die Denkfabrik »Washington Institute for Near East Policy«. Einige regionale Krisen könnten danach möglicherweise beigelegt werden. Aber die politischen und wirtschaftlichen Probleme Ägyptens selbst würden bleiben.

* Aus: Neues Deutschland, 18. August 2009


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