Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Mursi gibt Inhaftierte frei

Machtkampf mit Ägyptens Militärs verschärft sich

Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat die Freilassung von 572 durch das Militär verurteilten und inhaftierten Zivilisten angeordnet.

Staatschef Mursi habe entschieden, die Gefangenen zu begnadigen, berichtete die ägyptische Nachrichtenagentur Mena. Seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar 2011 hatte der regierende Oberste Militärrat fast 12 000 Zivilisten inhaftiert. Mehr als 9700 von ihnen wurden inzwischen wieder freigelassen.

Mursi, der im Juni vereidigt worden und nach seiner Wahl zum Staatschef aus der islamistischen Muslimbruderschaft ausgetreten war, traf zudem den politischen Führer der im Gaza-Streifen streifen regierenden Palästinenserorganisation Hamas, Chaled Meschaal. Bei dem Gespräch habe er »Ägyptens Unterstützung für die Palästinenser in Gaza« zugesagt, berichtete Mena. Das Büro des palästinensischen Regierungschefs im Gaza-Streifen, Ismail Hanija, teilte zudem mit, für kommende Woche sei ein Treffen mit Mursi in Kairo geplant.

Nachdem die Hamas 2007 die Macht im Gaza-Streifen übernommen hatte, hatten Ägypten und Israel die dortige Führung mit Strafmaßnahmen belegt. Mubarak lockerte die ägyptischen Sanktionen 2010 zwar ein wenig, ließ aber weiterhin keinen Handel über die gemeinsame Grenze hinweg zu. Mursi, der in Ägypten einen Machtkampf mit dem Militärrat austrägt, stellte sich vor seiner Wahl hinter die Palästinenser.

Unterdessen hat sich in Ägypten der Machtkampf zwischen Mursi und den Militärs weiter verschärft. Das Verwaltungsgericht in Kairo wies nach Berichten des Staatsfernsehens eine Klage gegen die vom Obersten Militärrat erlassene Übergangsverfassung ab. Demzufolge sahen sich die Richter nicht zuständig, über die Rechtmäßigkeit der Verfassungserklärung zu entscheiden. Der Militärrat hatte damit im vergangenen Monat die meisten Machtbefugnisse an sich gerissen und die Kompetenzen des Präsidenten deutlich begrenzt. Beobachter werteten die Entscheidung als weitere Niederlage für Mursi.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte zum Abschluss eines Besuchs in Kairo ein Ende des politischen Kampfes in Ägypten. Die Europäische Union wolle eine »gesamtheitliche Lösung« sehen, erklärte Ashton inmitten Gerangels zwischen Mursi und den Militärs.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 21. Juli 2012


Zurück zur Ägypten-Seite

Zurück zur Homepage