Protestmarsch gegen Atomwaffen
Freiburger Friedensaktivist "geht" ins Gefängnis
Freiburg, 12. Februar 2001
Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen
I. Pressemitteilung
FREIBURG. Der Freiburger Friedensaktivist Armin Simon (25) tritt am 19.
Februar 2001 eine 20-tägige Haftstrafe in der JVA Kehl an. Die 90 Kilometer
lange Strecke von Freiburg nach Kehl wird er zu Fuß zurücklegen, begleitet
von Menschen, die ebenfalls für die Abschaffung aller Atomwaffen eintreten.
Start der dreitägigen Friedenswanderung mit Unterschriftensammlung ist am
Freitagmorgen (16. Februar) in Freiburg (genauer Zeitplan und weitere Orte
siehe Flugblatt).
Simon war im April 1997 im Rahmen einer gewaltfreien Aktion über den Zaun
des Militärflughafens Büchel in der Eifel geklettert, um die illegale
Atomwaffenpolitik der Bundeswehr offen zu legen. Dafür wurde er wegen
"Hausfriedensbruchs" zu einer Geldstrafe verurteilt. In Büchel trainieren
deutsche Tornado-Piloten den Abwurf von Atombomben. Auf dem Gelände des
Bundeswehr-Flughafens liegt das atomare Potenzial von 150 Hiroshima-Bomben
zum Einsatz bereit.
Weil Simon die Verurteilung seiner Aktion als Straftat nicht akzeptiert,
weigert er sich, die Geldstrafe zu zahlen. "Atomare Abschreckung ist
völkerrechtswidrig. Die Bundeswehr bricht in Büchel geltendes Recht.", meint
der Student unter Hinweis auf ein Rechtsgutachten des Internationalen
Gerichtshofs in Den Haag von 1996. Seine Aktion habe dies lediglich
öffentlich gemacht und somit dem Schutz des Völkerrechts gedient. Die
Gerichte hingegen bezogen den Rechtsbruch der Bundeswehr in allen drei
Instanzen nicht in ihre Urteilsfindung mit ein.
Die Freiburger Gruppe der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA)
und ihre MitstreiterInnen hoffen auf eine rege Beteiligung an ihrer
Friedens-Wanderung und an weiteren Aktionen. Geplant sind unter anderem eine
gewaltfreie "Osterblockade" der europäischen Atomwaffen-Kommandozentrale am
Ostermontag in Stuttgart und eine "Zivile Inspektion" des
Atomwaffenstützpunkts Büchel am 30. September.
Infos
Protestmarsch-Infotelefon: 0160 - 4 65 36 48
Information zu den weiteren Aktionen: Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen, Lenzhalde 53, 70806 Kornwestheim, Tel. 07154/22026, www.gaaa.org
II. Einladung
Wir laden Sie herzlich ein, uns in der Zeit von 16.-19. Februar 2001 (Fr-Mo)
auf unserem Weg nach Kehl bzw. während der Stationen in den einzelnen Orten
einen Besuch abzustatten. Eine Mahnwache/Infostand wird unsere Ankunft dort
jeweils kurz vorher ankündigen. Einen ungefähren Zeitplan finden Sie auf
beigefügtem Flugblatt; unseren genauen Aufenthaltsort können Sie jederzeit
unter den Telefonnummern 0173 - 1 54 74 53 und 0160 - 4 65 36 48 erfahren.
Herrn Simon erkennen Sie am gestreiften Sträflingsanzug. Die Abschlussaktion
findet am Montag, 19. Februar um 11 Uhr vor dem Gefängnis in Kehl,
Nibelungenstr. 2, statt.
Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen bis zum 16.
Februar auch unter der Telefonnummer 0761 - 2 91 57 (Armin Simon) jederzeit
gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Verena Baumann
Flugblatttext
Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der Eifel, April 1997: Zwei Dutzend
FriedensaktivistInnen klettern über den Zaun des Atomwaffenlagers ...
... und deckten auf, was geheim bleiben sollte: Die Bundeswehr trainiert in
Büchel den Einsatz von Atombomben. Auf dem Gelände des Bundeswehr-Flughafens
liegt das atomare Potenzial von 150 Hiroshima-Bomben zum Einsatz bereit! Wie
alle Massenvernichtungswaffen sind auch Atomwaffen völkerrechtswidrig.
Um den Rechtsbruch in Büchel öffentlich zu machen, riskierten die
FriedensaktivistInnen mit ihrer gewaltfreien Aktion einen Prozess wegen
Haus-"Friedens-"Bruchs. Auch der Freiburger Armin Simon (25) wurde
verurteilt und tritt am 19. Februar 2001 eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20
Tagen im Gefängnis in Kehl an.
Atomwaffen in Deutschland ...
Noch immer werden an verschiedenen Orten in Deutschland Atomwaffen zum
Einsatz bereitgehalten, deren Sprengkraft zusammen der von mehr als 1.000
Hiroshima-Bomben entspricht. Auch Soldaten der Bundeswehr üben den Einsatz
dieser Massenvernichtungswaffen: Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel
werden sie im Rahmen der "nuklearen Teilhabe" der Bundesrepublik dazu
ausgebildet, im Ernstfall unter NATO-Befehl Atombomben an ihre Zielorte zu
fliegen und abzuwerfen.
... sind Unrecht
Atomwaffen sind Massenvernichtungswaffen. Angesichts ihrer unvorstellbar
grausamen Zerstörungskraft kann es nichts auf der Welt geben, das ihren
Einsatz rechtfertigen könnte. Diese Ansicht vertritt auch das höchste
Gericht der Welt, der Internationale Gerichtshof in Den Haag. Er hat im Juli
1996 entschieden, dass sowohl die Drohung mit als auch der Einsatz von
Atomwaffen gegen das Völkerrecht verstößt. Was jedoch kann die
NATO-Abschreckungsstrategie anderes sein als eine Drohung, zumal sie nicht
einmal den atomaren Erstschlag ausschließt? Die Atombomben in Büchel sind
völkerrechtswidrig. Darf die Bundeswehr ihre Soldaten dazu ausbilden,
illegale Massenvernichtungswaffen einzusetzen und somit Kriegsverbrechen zu
begehen?
Wenn niemand handelt, handeln wir
Alle Demonstrationen, Gespräche und Briefe blieben ohne Erfolg: Bundeswehr
und Regierung sahen keinen Anlass, dem Völkerrechtsbruch in Büchel Einhalt
zu gebieten; die Polizei erklärte sich für "nicht zuständig". Niemand sollte
wissen, niemand in Frage stellen, was auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel
passiert. Doch in einem demokratischen Rechtsstaat muss sich auch die
Atomwaffenpolitik einer öffentlichen und einer juristischen Kontrolle
unterwerfen. Weil der Zaun um den Militärstützpunkt in der Eifel genau das
zu verhindern sucht, haben inzwischen 28 Menschen im Rahmen von öffentlich
angekündigten und gewaltfreien Inspektionen die Barriere symbolisch
überwunden und sich festnehmen lassen.
Das Urteil
Armin Simon und seine MitstreiterInnen wurden wegen Haus-"Friedens-"Bruchs
zu Geldstrafen von jeweils 20 Tagessätzen verurteilt. Der
(Völker-)Rechtsbruch auf dem Gelände des Fliegerhorsts Büchel interessierte
die Gerichte nicht: Durch drei Instanzen hindurch weigerten sie sich, das
Geschehen hinter dem Zaun überhaupt in ihre Urteilsfindung mit
einzubeziehen. Da Armin Simon den Schutz des Friedens und der Menschenrechte
als seine staatsbürgerliche und menschliche Verantwortung betrachtet, ist er
nicht bereit, die Verurteilung seiner Aktion als Straftat anzuerkennen. Aus
diesem Grunde weigert er sich, die Geldstrafe zu bezahlen. Dafür wird er vom
19. Februar 2001 an für 20 Tage im Gefängnis in Kehl eine
Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Er ist bereits die vierte Person, die wegen
Aktionen gegen die Atomwaffen in Büchel ins Gefängnis geht; insgesamt sind
bereits mehr als 25 Menschen zu Geldstrafen verurteilt worden.
Das können Sie tun
Einer Forsa-Umfrage vom Juni 1998 zufolge sprechen sich 87% der
BundesbürgerInnen dafür aus, alle Atomwaffen abzuschaffen. Die
Bundesregierung (gleich welcher Couleur) ignoriert dies bisher beharrlich
und lässt stattdessen die Menschen einsperren, die den bestehenden
Rechtsbruch in der Atomwaffenpolitik offen legen.
Helfen Sie mit, die PolitikerInnen an ihre Verantwortung zu erinnern:
-
Machen Sie mit bei unserer Unterschriftenaktion!
- Schreiben Sie Ihre Meinung an die Zuständigen in der Regierung!
- Begleiten Sie uns ein Stück auf unserem Marsch nach Kehl (siehe Rückseite)
und zeigen Sie damit, dass auch Sie die Verurteilung einer gewaltfreien
Aktion, welche die Atomwaffenlagerung in Deutschland offen legt, nicht
gutheißen.
- Nehmen Sie an den nächsten Aktionen gegen Atomwaffen teil:
-
Gewaltfreie Osterblockade des EUCOM in Stuttgart (Europäische
Kommandozentrale für alle in Europa stationierten US-Atomwaffen) am
Ostermontag (16. April 2001), organisiert von Ohne Rüstung Leben (ORL),
GAAA, DFG-VK, Pax Christi u.a.
- Zivile Inspektion des Atomwaffenstützpunkts Büchel am Sonntag, 30.
September 2001, organisiert von der GAAA
- Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende*.
* Förderverein für Frieden/Abrüstung, Konto-Nr. 0563131004, BLZ 60090400,
Stichwort: "Atomwaffen" (Steuern abzugsfähig)
Zu weiteren Beiträge über Atomwaffen und atomare Abrüstung:
Atomwaffen
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