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Diagnose: Leukämie - Krebskranke Kinder im Kosovo

Pressemitteilung der Hilfsorganisation "Kinderberg International"

Von Kinderberg International e.V. haben wir folgende Pressemitteilung erhalten, die wir gern dokumentieren - auch um vielleicht zur ein oder anderen Spende zu animieren. Die Erklärung ging am 12. Januar 2001 an die Presse, blieb dort aber - soweit wir sehen können - unbeachtet.

Pressemitteilung, 12. Januar 2001
Humanitäre Helfer im Kosovo und ihre Stellungnahme zum Einsatz uranangereicherter Munition im Kosovo

KINDERBERG INTERNATIONAL ist eine humanitäre Hilfsorganisation, die seit 1992 medizinische und psycho-soziale Projekte für Kinder und Jugendliche in Ex-Jugoslawien durchführt. Seit über 4 Jahren ist der Verein im Kosovo mit kindermedizinischen Projekten vertreten und hat ein profundes Wissen über die gesundheitliche Versorgungslage im Kosovo vor, während und nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien erworben.

Im Kosovo leben 1.7 Mio. Menschen, von denen 47 % unter 18 Jahre alt sind. Wenn durch uranangereicherte Munition ein Gesundheitsrisiko besteht, dann betrifft dies sowohl zahlenmäßig, also auch durch den erhöhten Kontakt mit krebserregenden Stoffen in erster Linie die Zivilbevölkerung. KFOR-Soldaten sind i.d.R. höchstens 6 Monate im Einsatz. Sie leben, wohnen und arbeiten größtenteils in ihrer militärischen Basis und sofern diese nicht mit DU-Munition belastet ist, kommen sie nur während eines kurzfristigen speziellen Auftrags im freien Feld mit radioaktiv belasteten Material in Kontakt. Der Einsatz von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen ist jedoch meistens länger und viele von ihnen arbeiten permanent in zerstörten Dörfern um Häuser aufzubauen, Hilfsgüter zu verteilen und die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten.

Sofern ein KFOR-Soldat oder ein Mitarbeiter einer internationalen Hilfsorganisation im Kosovo erkrankt und nicht von einem Feldlazarett der KFOR behandelt werden kann, wird er in sein Heimatland ausgeflogen und erhält dort die bestmögliche medizinische Versorgung. Sofern ein Kosovare erkrankt hat er diese Möglichkeit nicht. Die eigentliche menschliche Katastrophe, die wir seit über 4 Jahren im Kosovo verfolgen ist, dass kein einziges krebskrankes Kind medizinisch behandelt werden kann, da es keine Kinderkrebsstation im Kosovo gibt. Jedes Kind mit Leukämie oder einer Tumorerkrankung wurde vor dem Krieg in Belgrad (Serbien), dem Referenzkrankenhaus für das Kosovo, behandelt. Dies ist seit März 1999 nicht mehr möglich. Das Leben dieser Kinder hängt davon ab, ob sich ihre Eltern eine Evakuierung und Behandlung im Ausland leisten können. Die Kosten liegen, abhängig von der Erkrankung bei 20.000,- bis 100.000,- DM! Nur einige Wenige haben das Glück eine Hilfsorganisation zu finden, die diese Kosten trägt, oder ein Krankenhaus im Ausland, dass sie kostenlos aufnimmt. Die meisten sterben jämmerlich, ohne adäquate medizinische Hilfe, an ihrem Krebsleiden . Ebenso verhält es sich mit Erwachsenen - Brustkrebs wird nur operativ behandelt und die Heilungsschancen einer nicht medikamentösen Behandlung sind gering.

KINDERBERG INTERNATIONAL e.V. wurde seit Juli 1999, sowohl von der Bundeswehr, als auch von der UNMIK über die Tatsache, daß uranangereicherte Munition im Kosovo verwendet wurde informiert. Wir bekamen die Meßdaten, die Angaben der Koordinaten betroffener Gebiete und die Schutzmaßnahmen, die zu ergreifen sind. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Meßergebnisse und nachdem wir Informationen von Fachleuten und Onkologen eingeholt haben, sehen wir uns nicht dazu veranlaßt, unsere Arbeit vor Ort aufgrund eines eigenen erhöhten Gesundheitsrisikos abzubrechen. Wir gedenken dem eigentlichen Auftrag der internationalen Staatengemeinschaft und unserem humanitären Anliegen treu zu bleiben - die Projekte weiter aufrechtzuerhalten und sie im Hinblick auf krebskranke Kinder zu vertiefen.

Unsere Forderungen an die Öffentlichkeit, die verantwortlichen Politiker und die EU-Geldgeber für humanitäre Hilfe im Balkan sind:
  1. ein Verbot des Einsatzes von DU-Munition innerhalb der NATO,
  2. die restlose Aufklärung wo diese Munition während des NATO-Krieges gegen Rest-Jugoslawien eingesetzt wurde und welche Strahlenbelastung hierdurch auch in anderen bevölkerten Gebieten hervorgerufen wurde (neben dem Kosovo wurden auch militärische Ziele in Montenegro und Serbien bombardiert),
  3. die medizinische Basisversorgung von krebskranken Kinder im Kosovo langfristig zu gewährleisten und somit dem eigentlichen Auftrag - dem Schutz der Zivilbevölkerung - die erforderliche Ernsthaftigkeit und Humanität anzueignen, die wir bei der Debatte um Risiken für
    a) KFOR-Soldaten und
    b) der wirtschaftlichen Prosperität durch weniger Touristen an der Adriaküste
    deutlich vermissen,
  4. die Möglichkeit einer kostenlosen gesundheitlichen Untersuchung in KFOR-Feldlazaretten für Mitarbeiter die bei akkreditierten Hilfsorganisationen im Kosovo tätig sind. Unsere Ärzte, die hauptsächlich aus dem Olgahospital der Stadt Stuttgart stammen und die mehrere Monate in unserem Projekt auf der Kinderstation des Krankenhauses Prizren/Kosovo arbeiten, haben bei mehreren Kindern den Verdacht bzw. die endgültige Diagnose Leukämie feststellen können. Wir wissen nicht warum sie an Krebs erkrankt sind, aber wir wissen, dass sie im Kosovo nicht behandelt werden können und ihr Leben von der Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft und der Solidarität von Spendern abhängt.

    Wir bitten um Spenden für die Kinderstation im Krankenhaus Prizren.
    Bankverbindung:
    Bank für Sozialwirtschaft BLZ 601 205 00
    Spendenkontonummer 175 0000

    gez. Suzana Lipovac

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