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Keine Panzer in die Türkei!

Pressemitteilung 1999-10-02

Frankfurt am Main / Kassel, 23. Oktober 1999

Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat die Entscheidung des Bundessicherheitsrates, wonach die Türkei einen deutschen Kampfpanzer vom Typ "Leopard" für Testversuche geliefert bekommt, mit Entsetzen zur Kenntnis genommen. Mit dieser Entscheidung verstößt die Bundesregierung gegen den Koalitionsvertrag vom Oktober 1999 sowie gegen die geplanten Richtlinien zur Rüstungsexportpolitik. Damit hat die Bundesregierung bereits vor der Verabschiedung ihre politischen Grundsätze für den Export von Rüstungsgütern ad absurdum geführt.

Die Ansätze der rot-grünen Koalitionsvereinbarung die eine friedenspolitische Erneuerung versprachen und der Friedensbewegung Anlass zur Hoffnung gaben, werden mit dieser Entscheidung weiter zerstört. Eine auf Frieden und Abrüstung gerichtete Kurskorrektur in der Außen- und Sicherheitspolitik ist mit der Entscheidung des Bundessicherheitsrates in weite Ferne gerückt.

Das Argument, dass "nur" ein Muster-Panzer geliefert und dieser der Türkei "lediglich" zu Testzwecken dienen soll, ist nach Ansicht des Bundesauschusses fadenscheinig. Auch wenn es bei diesem Testpanzer bleiben sollte, ist dies eine klare Fehlentscheidung, denn es wird nicht nur ein falsches Signal gesetzt, sondern auch Hoffnung, sowohl beim türkischen Militär als auch bei der deutschen Rüstungsindustrie, geweckt. Darüber hinaus muß gefragt werden, warum eigentlich ein Testpanzer geliefert und die eigentliche Lieferung später unterbleiben soll - das Testen macht nur dann Sinn und Zweck, wenn auch weiterhin die Option für die eigentliche Lieferung bestehen bleibt. Durch Waffenlieferungen in die Türkei unterstützt die Bundesregierung, gewollt oder ungewollt, die türkischen Machthaber in ihrem Krieg gegen das kurdische Volk. Als der PKK-Führer Abdullah Öcalan Ende letzten Jahres in Italien aufgrund eines in der BRD vorliegenden Haftbefehls verhaftet wurde, die Bundesregierung aber dann auf eine Ausweisung verzichtete, wurde dies mit der Notwendigkeit einer internationalen Lösung des Kurdenproblems begründet. Die Entscheidung des Bundessicherheitsrates untergräbt gerade eine solche Lösung des Kurdenproblems.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag appelliert an die Bundesregierung die Entscheidung des Bundessicherheitsrates zu revidieren und generell für ein Verbot von Waffenexport einzutreten.

Die Friedensbewegung wird alle außerparlamentarischen Initiativen unterstützen, die sich gegen die drohenden Rüstungsexporte in die Türkei richten. Darüber hinaus muss die Bundesregierung gezwungen werden, auch gegenüber anderen Staaten endlich eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu betreiben.