Windpark statt Bombodrom
Bürgerinitiative Freie Heide mit konstruktiven Ideen für eine friedliche Zukunft ihrer Region
Nach dem Aufsehen erregenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Dezember 2000 und der Ankündigung der Bundeswehr, den Übungsplatz nicht aufzugeben, gab die Bürgerinitiative "Freie Heide" konkrete eigene Planungen bekannt. Die Frankfurter Rundschau berichtete am 12. Januar 2001 über Absichten, einen Windpark zu errichten und im Übrigen viel erlebbare Natur zu öffnen. Doch da die Rechnung der Bürgerinitiative nicht ohne den Wirt, das Verteidigungsministerium, gemacht wurde, stehen noch jede Menge Auseinanersetzungen bevor. Hierfür brauchen die Bombodrom-Gegner in Brandenburg weiterhin einen langen Atem und die Solidarität der Friedensbewegung.
Die Heide ist die Heide ist die Heide
Bürger planen eine zivile Zukunft für das "Bombodrom"
Von Karl-Heinz Baum (Berlin)
Die Bürgerinitiative "Freie Heide" hat konkrete Ideen, was aus dem
ehemaligen Bombenabwurfplatz bei Wittstock in Brandenburg werden
könnte. Devise: "Die Botschaft der Heide ist die Heide." Ein Windpark soll
die Umwandlung in ein zugängliches Stück Natur finanzieren - wenn die
Bundeswehr eines Tages das Feld räumt.
"Will die Bundeswehr jetzt den Windpark bauen?" fragt Roland Vogt, Vorsitzender
der Bündnisgrünen Brandenburgs. Zu Neujahr demonstrierte die Bürgerinitiative
"Freie Heide" erneut gegen einen Luft-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide, 80
Kilometer nördlich Berlins. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zwar im Dezember
vorerst die militärische Nutzung des Geländes untersagt; doch die Bundeswehr
plant nun eine nicht-militärische Verwendung.
Die Bürgerinitiative hat aber schon eigene Vorstellungen dazu entwickelt, was aus
dem "Bombodrom" werden sollte, wenn die Bundeswehr abziehen muss. Ein
Projekt trägt den Namen "Aufwind". Das Konzept: "Die Botschaft der Heide ist die
Heide." Das mehr als 50 Jahre für Zivilisten unzugängliche Gelände aus Wäldern,
Heide und Seen des einstigen sowjetischen Truppenübungsplatzes soll dadurch
wieder "erlebbare" Natur werden.
Knapp die Hälfte, 6000 Hektar, besteht aus Wald. 3500 Hektar sind Heideland.
Hinzu kommen 1500 Hektar Sandgelände, genau soviel Grünfläche und 150 Hektar
Feuchtgebiete. 400 Hektar sind bebaut. Der größte Teil davon könnte in das
Naturparkprojekt "Stechlin-Ruppiner Land" einbezogen werden. Know-how für
Umwandlungen militärischer Flächen (Fachwort "Konversion") gibt es in
Brandenburg genug: Zu DDR-Zeiten hatte die Rote Armee eine Fläche so groß wie
das Saarland unter ihrer Regie.
Zuerst soll nach den Vorstellungen der Bürgerinitiative der "Sperr-Riegel" fallen.
Wer jetzt vom Tucholsky-Städtchen Rheinsberg nach Kyritz fahren möchte, muss
noch fast hundert Kilometer Umweg in Kauf nehmen. Deshalb werde die Straße
übers Gelände, die die Sowjet-Kommandantur im Jahr 1990 schon einmal freigab,
die Spaltung der Region überwinden. Ein Netz von Radwegen könnte folgen.
Der umgewandelte Übungsplatz Döberitzer Heide rund ums Olympische Dorf von
1936 bei Nauen ist das Vorbild. Dessen Wanderwege sind 15 Meter rechts und
links der Wege von Munition und militärischem Abfall geräumt. Vor dem übrigen
Teil warnen Schilder: "Betreten verboten." In der Kyritz-Ruppiner Heide sollen zehn
Meter rechts und links reichen.
Vollständige Entmunitionierung können weder Bund noch private Nutzer sofort
bezahlen. Geschätzte Kosten: 120 Millionen Mark. Das soll auf lange Sicht der
Windpark schaffen. Für ihn bietet sich eine hochgelegene Ebene an. Mehr als
hundert Leute wollen bei der 1998 gegründeten Aktiengesellschaft "Aufwind Freie
Heide" Anteile erwerben. Teile der Gewinne sollen in eine Stiftung zur Umwandlung
des Geländes fließen.
Hoteliers freuen sich, dass aus dem Schießplatz wohl nichts wird. Sie sehen das
Berliner Urteil als Beginn eines möglichen Aufschwungs für den Tourismus. Hätte
die Bundeswehr Recht bekommen, hätten sie in ihren Prospekten auf Tiefflüge
hinweisen müssen. Der Bau eines nahen Freizeitparks verzögerte sich um Jahre.
Noch im Frühjahr 2000 legte die Bundeswehr Widerspruch gegen einen Radweg
um den Dranser See ein.
Aus: Frankfurter Rundschau, 12. Januar 2001
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