Bundeswehr baut auf "Bombodrom"
Sofortige Räumung des Schießplatzes bei Wittstock verweigert - Der Kampf der Bürgerinitiativen um die Freie Heide geht weiter
Die Bundeswehr und ihr oberster Minister Scharping bleiben hart: Sie wollen ihren Schießplatz behalten und sind nicht bereit, die Wittstock-Ruppiner Heide zu räumen. Dazu einen Bericht aus der jungen welt:
Die Bundeswehr will auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das ihr die
Nutzung des sogenannten »Bombodrom«-Schießgeländes in der Wittstock- Ruppiner
Heide untersagt hat, auf dem Gelände bleiben. »Von Räumung war in dem Verfahren
überhaupt keine Rede«, erklärte eine Sprecherin des Verteidigungsministers am
Donnerstag in Berlin. Der Rechtsanwalt der »Bombodrom«-Gegner, Reiner Geulen,
hatte gefordert, die Soldaten bis zum Samstag von dem über 140 Quadratkilometer
großen Gelände abzuziehen und die Zäune abzubauen.
Nach Ansicht der Ministeriumssprecherin verbietet das Urteil nur die Nutzung als
Truppenübungsgelände oder Luft- Boden-Schießplatz für Bombenabwurfübungen.
»Bevor wir irgend etwas in der Angelegenheit tun, warten wir erst einmal die schriftliche
Urteilsbegründung ab«, erläuterte sie. Geulens Kanzleikollege Remo Klinger droht dem
Verteidigungsministerium nun damit, den Bundeswehrabzug zum Beispiel mit einem
Zwangsgeld durchzusetzen. »Theoretisch könnten wir sogar Zwangshaft gegen Minister
Scharping beantragen«, sagte Klinger. Sollte die Bundeswehr bis Samstag tatsächlich
nicht aus der Wittstocker Heide abgezogen sein, würden die »Bombodrom«-Gegner
nach Weihnachten ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren anstrengen. »In dem Gebiet
stehen eine Kommandantur, Zäune und Schilder >Betreten verboten! Vorsicht,
Schußwaffengebrauch!<. Das ist das, was die Bundeswehr jahrelang als militärische
Nutzung bezeichnet hat und die hat das Gericht untersagt«, argumentierte der Jurist.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 14. Dezember ein Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Frankfurt an der Oder bestätigt, daß die Bundeswehr den
1993 von der Russischen Armee übernommenen Truppenübungsplatz südlich der
brandenburgischen Stadt Wittstock zunächst nicht weiter nutzen darf. Die Bundeswehr
wollte dort das größte Manövergelände Europas einrichten. Mehrere
Anliegergemeinden hatten dagegen geklagt.
Aus: junge welt, 22. Dezember 2000
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