In den USA verschärft sich der Abrüstungsstreit
Mehrheit der Republikaner will atomare Arsenale ausbauen
Von Hubert Thielicke *
In seiner
Rede zur Lage der Nation
sprach sich USA-Präsident Barack
Obama für weitere nukleare Abrüstungsschritte
mit Russland aus. Doch
Hürden dafür bestehen schon im eigenen
Land.
Bereits im Vorfeld der Rede von
Barack Obama hatte es Spekulationen
über eine neue Abrüstungsinitiative
gegeben: Die USA könnten ihre strategischen Kernwaffen um etwa ein Drittel auf ca. 1000 Sprengköpfe verringern. Derzeit
verfügen sie über etwa 1700, die
auf Trägern installiert sind und
nach dem neuen START-Vertrag
bis 2018 auf 1550 verringert werden
sollen. Eine solche Initiative
entspräche nicht nur Obamas Vision
einer kernwaffenfreien Welt, sondern auch der neuen US-Nuklearstrategie.
Ausgangspunkt ist, dass die aus dem Kalten Krieg
überkommenen riesigen atomaren
Arsenale – neben den strategischen
gehören dazu noch die taktischen
Kernwaffen sowie auch
eingelagerte Sprengköpfe – weit
über die für die Abschreckung nötigen
Mittel hinausgehen. Sie nützen
auch nichts gegen heutige Bedrohungen
wie nuklearer Terrorismus
oder die weitere Verbreitung
von Atomwaffen.
Zudem muss angesichts der
akuten Haushaltskrise auch beim
Militär gespart werden. So geben
die USA nach Expertenschätzungen
derzeit jährlich mehr als 30
Milliarden Dollar für ihre Nuklearstreitkräfte
aus, ganz zu schweigen
von den vielen Milliarden, die
für künftige Modernisierungsprogramme
angedacht sind. Zugleich möchte man jedoch die kostenintensive
Entwicklung von Mitteln der Kriegführung auf anderen Gebieten
vorantreiben – Drohnen, Schießroboter, Cyberwar, Raketenabwehr,
Laser- und Kosmoswaffen usw.
Das wird seit Inkrafttreten des
neuen START-Vertrages vehement
im US-Kongress diskutiert. Während
sich die Obama-Administration,
unterstützt von den Demokraten
und einigen republikanischen
Abgeordneten, für weitere
Einschnitte bei den Kernwaffen
ausspricht, fordert die Mehrheit
der Republikaner einen forcierten
Ausbau. Nach dem jüngsten nordkoreanischen
Test scheint sie ihre
Positionen weiter zu verhärten. So
sprechen konservative Abgeordnete
offen davon, dass jetzt nicht
die Zeit sei, die Zahl der strategischen
Waffen zu verringern.
Diese Fragen wurden auch in
den Senatsanhörungen zur Ernennung
von John Kerry und
Chuck Hagel zum Außen- bzw.
Verteidigungsminister debattiert.
Beide befürworteten Reduzierungen
in Absprache mit Russland.
Das könnte bald Gegenstand amerikanisch-
russischer Gespräche
werden. In den vergangenen Tagen
weilte Rose Gottemoeller,
stellvertretende Außenministerin
für Abrüstungsfragen, in Moskau;
im März soll Obamas Sicherheitsberater
Tom Donilon folgen.
Jedoch ist nicht zu übersehen,
dass es hier immense Probleme
gibt. Russland betont als Bedingung
für weitere nukleare Abrüstung,
dass alle Faktoren berücksichtigt
werden müssen, die die
strategische Stabilität beeinflussen.
Dabei geht es vor allem um
das von den USA geplante globale
Raketenabwehrsystem. Viel wird
davon abhängen, ob Barack Obama
bereit ist, sein 2011 dem damaligen
russischen Präsidenten
Dmitri Medwedjew gegebenes
Versprechen zu erfüllen: Nach seiner
Wiederwahl hätte er mehr
Flexibilität in dieser Hinsicht.
Weitere kritische Fragen betreffen
die taktischen Kernwaffen,
Rüstungen im Kosmos, die konventionellen
Waffen in Europa. Nicht zuletzt drängt Russland darauf,
dass die USA endlich den
umfassenden Teststoppvertrag
ratifizieren. Ein solcher Schritt
würde auch China zu einem analogen
Vorgehen veranlassen und
nicht zuletzt den Druck auf Nordkorea
erhöhen.
* Aus: neues deutschland, Montag, 18. Februar 2013
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