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"Oberst Charles" von Mine getötet

Erneuter Schlag gegen tamilische Befreiungstiger. Internationale Besorgnis über Aggressionskurs der srilankischen Regierung

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Der Entscheidung der Regierung Sri Lankas, einseitig das Friedensabkommen mit den tamilischen Befreiungstigern (LTTE) vom Februar 2002 offiziell zu kündigen, folgten am Wochenende schwere Gefechte im Norden der Insel, bei denen laut Angaben des Verteidigungsministerium in Colombo über 30 Guerilleros und ein srilankischer Soldat getötet wurden.

Die LTTE bestätigte einen weiteren schweren Schlag gegen ihre Leitungsstrukturen. Shanmuganathan Ravi­shankar alias »Oberst Charles«, Leiter des Militärgeheimdienstes der Befreiungsbewegung, sei am Samstag abend bei einem Angriff der srilankischen Armee (SLA) in Pa’l’lamadu in Mannaar getötet worden. Charles war verantwortlich für den internen Geheimdienst der LTTE-Bodenstreitkräfte und führte ein Korps für externe Operationen sowie eine reguläre Kampfeinheit, die im Distrikt Mannaar eingesetzt ist. Er starb zusammen mit drei LTTE-Leutnants, als ihr Fahrzeug zwischen Iluppaikkadavai und Pa’l’lamadu von einer Mine zerstört wurde. Ende vorigen Jahres war bereits bei einem Bombardement der srilankischen Luftwaffe der Leiter der politischen Abteilung der Rebellen, S.P. Tamilchelvan, ums Leben gekommen.

Indessen begannen am Wochenende die Mitglieder der skandinavischen Sri Lanka Monitoring Mission, die das 2002 unter Mitwirkung Norwegens geschlossene Waffenstillstandsabkommen überwachen sollten, damit, ihre Abreise vorzubereiten. Sie müssen bis Mitte des Monats Sri Lanka verlassen haben. Dann legt Colombo den Pakt über den Waffenstillstand zu den Akten. Ein Aufschrei der Empörung begleitete diese Entscheidung. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Minority Rights Group International befürchten eine drastische Zunahme von Verletzungen der Menschenrechte und eine generelle Eskalation von Gewalt. Jetzt sei es um so dringlicher, daß die UNO in Sri Lanka eine Überwachungsfunktion erhält, was Colombo bis dato energisch ablehnt. In einer gemeinsamen Erklärung verwiesen die Außenminister Norwegens, Schwedens, Dänemarks, Finnlands und Islands darauf, daß die Monitoring Mission in den ersten drei Jahren ihres Bestehens immerhin rund 10 000 Menschenleben gerettet hat.

Mitte voriger Woche hatte die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse den offiziellen Ausstieg verkündet, eine nicht überraschende Konsequenz aus ihrer militärischen Offensive, die seit anderhalb Jahren zunächst im Osten und später auch im Norden Sri Lankas läuft. Offensichtlich will die Regierung erneut versuchen, eine Lösung des 1983 offen ausgebrochenen ethnisch-sozialen Konflikts mit Waffengewalt zu erzwingen. Der srilankische Außenminister Rohita Bogollagama signalisierte mittlerweile, daß Colombo auch an der Vermittlung Norwegens kein Interesse mehr hat. »Neue Umstände« machten eine »neu definierte Rolle« für Oslo notwendig, meinte er. Das Waffenstillstandsabkommen sei von »Anfang an fehlerhaft« gewesen. Man werde weiter die »Geißel des Terrorismus« ausmerzen und gleichzeitig an einer »praktikablen und nachhaltigen politischen Lösung« arbeiten. Den letzten Teil dieser Aussage bezweifeln inzwischen nicht nur die Rebellen, sondern auch viele Beobachter im Ausland. Als Rajapakse Ende 2005 die Regierungübernahm, ließ das Bemühen um eine Verhandlungslösung des Konflikts schlagartig nach.

Die instabile Lage und hoffnungslose Aussicht auf Frieden hat Indiens Premier Manmohan Singh, der zum 60. Jahrestag der Unabhängigkeit Sri Lankas am 4. Februar nach Colombo eingeladen worden war, am Wochenende zu einer Absage bewogen. Ein klarer ein Ausdruck der beträchtlichen Skepsis und »tiefen Besorgnis«, mit der zunehmend auch international Colombos gegenwärtiger Kurs verfolgt wird.

* Aus: junge Welt, 8. Januar 2008

Sri Lanka: Minister bei Anschlag getötet

Bei einem Bombenanschlag in Sri Lanka ist am Dienstag (8. Jan.) ein Regierungsmitglied getötet worden. Eine Woche vor dem von Colombo aufgekündigten Ende des Waffenstillstands mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) fielen Bauminister D.M. Dassanayake und einer seiner Begleiter einem Attentat zum Opfer. Der Anschlag schürte die Angst vor einer Eskalation der Kämpfe zwischen der LTTE-Guerilla und Regierungstruppen.
Präsident Mahinda Rajapakse machte die LTTE für den Anschlag verantwortlich und kündigte ein »verschärftes Vorgehen gegen Terrorismus und Gewalt« an. Bei Gefechten zwischen Befreiungsbewegung und Regierungstruppen im Norden des Landes wurden am Dienstag zehn Rebellen getötet, wie das Verteidigungsministerium mitteilte.
(Agenturberichte 8. Januar 2007

Erneut 20 Tote bei Kämpfen in Sri Lanka ein

Bei Kämpfen im Norden Sri Lankas sind nach Angaben der Armee vom 9. Januar 20 Menschen getötet worden. Damit sind innerhalb der letzten fünf Tage mindestens 118 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Regierungstruppen ums Leben gekommen.
Am Dienstagabend (8. Jan.) hätten Soldaten eine Gebiet in Distrikt Mannar im Norden des Landes eingenommen. Bei einem Feuergefecht seien 19 Rebellen und ein Soldat getötet sowie fünf weitere Soldaten verletzt worden, sagte ein Armeesprecher. Zuvor war Bauminister D.M. Dassanayake nach einem Bombenanschlag nahe der Hauptstadt Colombo seinen schweren Verletzungen erlegen. Eine weitere Person wurde ebenfalls getötet, zehn Menschen wurden verletzt.
Die Regierung hatte angesichts der anhaltenden Kämpfe in der vergangenen Woche ein 2002 in Kraft getretenes Waffenstillstandsabkommen aufgekündigt. Es endet offiziell am 16. Januar.
(Agenturberichte 9. Januar 2007




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