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Dialogrunde mit Schatten

Strategietreffen USA-China in Peking *

Überschattet von der Affäre um den Bürgerrechtler Chen Guangcheng haben die USA und China eine neue Runde ihres strategischen Dialogs begonnen. Chinas Präsident Hu Jintao forderte zum Auftakt der zweitägigen Gespräche in Peking, Meinungsverschiedenheiten im gegenseitigen Respekt zu lösen. US-Außenministerin Hillary Clinton verlangte ihrerseits eine Wahrung von Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit, ohne dabei Chens Namen zu nennen.

Der blinde Aktivist war vergangene Woche aus dem Hausarrest entkommen und in die US-Botschaft geflohen. Er hatte diese am Mittwoch aber wieder verlassen. Nach US-Angaben gab die Regierung in Peking Zusicherungen für seine Sicherheit in China; Vertraute Chens berichteten aber von Druck auf seine Familie. Chen bat in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP mittlerweile um Unterstützung Washingtons beim Verlassen des Landes.

Die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt müssten zusammenarbeiten, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen gebe, sagte Hu zum Auftakt des Dialogs. »Wir müssen unsere Differenzen auf die richtige Weise angehen, die Interessen und Sorgen eines jeden respektieren und uns dem anpassen.« Ziel müsse ein »besseres gegenseitiges Verständnis« sein. Denn eine Konfrontation zwischen China und den USA könne »schwerwiegende« Risiken für die Welt bergen.

Neben US-Außenministerin Clinton nimmt an dem bis diesen Freitag laufenden Strategietreffen auch US-Finanzminister Timothy Geithner teil, der von Peking zum Auftakt der Runde forderte, den Wechselkurs des Yuan zum Dollar weiter zu lockern.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 4. Mai 2012


Der Krieg ist lange her

Von René Heilig **

Philip Hammond, Verteidigungsminister der britischen Krone, hat seinen deutschen Kollegen besucht und mitgeteilt, dass der Zweite Weltkrieg lange vorbei ist. Das mag Thomas de Maizière bereits aufgefallen sein, denn zum Glück werden Deutsche von der Insel her schon lange nicht mehr als »Hunnen« tituliert. Doch Hammond verband mit seiner historischen Betrachtung keineswegs den Wunsch nach ewigem Frieden auf Erden. Vielmehr, so meinte er, solle Deutschland endlich seine historische Zurückhaltung aufgeben und das militärische Engagement seiner globalen wirtschaftlichen wie politischen Bedeutung anpassen.

Mehr weltweit verfügbare Feuerkraft für die NATO verlangt Hammond. Mit sehr selbstsüchtigen Gedanken. Es ist schon jetzt deutlich, dass die USA, die wichtigste NATO-Macht, ihren strategischen Schwerpunkt mehr und mehr in die pazifische Region und nach Asien verlegen. Die Atom- und UN-Vetomächte Großbritannien und Frankreich haben zwar Ambitionen, frei werdende Räume zu füllen, doch bereits beim Libyen-Abenteuer zeigten sich objektive Grenzen. Dazu kommen Sparzwänge. Gerade in London fährt man die Rüstungsanstrengungen derzeit spürbar zurück. Den Ruf »Germans to the front!« sollte man in Berlin - so diplomatisch wie deutlich - mit »Nein danke!« beantworten.

** Aus: neues deutschland, Freitag, 4. Mai 2012 (Kommentar)


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