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Panne: Kein AWACS über Afghanistan

Überflugrechte verweigert - der eilige Bundestagsbeschluss war wohl übereifrig gefasst worden

Von René Heilig *

Noch vor wenigen Wochen schien es so, als würden über Afghanistan massenweise Flugzeuge zusammenstoßen, wenn AWACS nicht aufgeboten wird. Der Bundestag handelte zügig, doch die Maschinen sind noch immer nicht am Hindukusch.

Es war am 2. Juli. In einer Abendsitzung mussten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages noch mal ran. In namentlicher Abstimmung votierten 461 von 557 für die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Bis zu 300 deutsche Soldaten können seither mit vier AWACS-Maschinen den afghanischen Luftraum überwachen.

Die Eile war angeblich geboten, denn die Zunahme des militärischen und zivilen Flugverkehrs über der Kampfregion verlange »die Koordination und die Erhöhung der Sicherheit des Luftraumes«. Die afghanischen Einrichtungen zur Flugsicherung, so argumentierte das Verteidigungsministerium, seien noch in einem »rudimentären Stadium«. Die AWACS übernähmen die Funktion eines »fliegenden Towers«. Das sei auch im Interesse der Deutschen, denn die leisteten 51 Prozent der Transportflüge für Material und Personal in Afghanistan. Sagte Minister Franz Josef Jung.

Doch was so eilig schien, hat offenbar viel Zeit. Auch fast zwei Monate nach dem Bundestagsbeschluss kreist nicht eines der NATO-Radarflugzeuge aus Geilenkirchen im Auftragsgebiet. Zwar waren im Juni drei Maschinen auf dem türkischen Fliegerhorst Konya stationiert. Doch sie blieben am Boden, denn Turkmenistan und Aserbaidschan verweigerten die notwendige Überfluggenehmigung. Deshalb konnten die AWACS-Systeme Afghanistan nicht erreichen. Am 26. Juni hat man sie nach Geilenkirchen zurückbeordert.

Der Rechnungshof wird sich wohl mit dieser Geldverschwendungsschlamperei befassen müssen, zumal die Bundesregierung bislang nicht bereit ist, die Ablehnungsgründe der beiden Staaten offenzulegen.

Nun versucht die NATO auf diplomatischem Wege einen anderen Zugang nach Afghanistan zu erreichen. Man verhandelt mit den Vereinigten Arabischen Emiraten Über eine Stationierung der AWACS-Flugzeuge. Von dort aus kann nur Pakistan als Überflugland angefragt werden. Dessen Zustimmung gilt als sicher.

Nach wie vor dagegen vermuten Oppositionsabgeordnete, dass der Aufbau einer zivilen Luftsicherheit mit Hilfe der AWACS-Maschinen nur ein »Täuschungsversuch« ist. AWACS ist als Instrument der Kriegsführung entwickelt worden. In Afghanistan werden die Flugzeuge vor allem der Koordinierung von Aufklärungs- und Bombeneinsätzen dienen.

* Aus: Neues Deutschland, 27. August 2009


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