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Hamburg: Kriegsgegner zu Geldstrafe verurteilt

"Widerstand gegen die Staatsgewalt"

Am Mittwoch, dem 17. Januar 2001 wurde der Kriegsgegner Hans F. wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt" zu einer Geldstrafe von 450 DM verurteilt.

Hans hatte sich am 24.März des vergangenen Jahres anlässlich der Demonstration zum Jahrestag des Beginns der Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO gegen den Versuch der Feststellung seiner Personalien und seine anschließend erfolgte Festnahme gewehrt.

Der Vorfall ereignete sich, nachdem während der Abschlusskundgebung am Rathausmarkt ein Transparent mit der Aufschrift "CLINTON SCHRÖDER BEIDE MÖRDER" angebracht worden war. Die Einsatzleitung der Polizei sah darin zunächst "den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung", wie ein Zugführer vor dem Gericht aussagte und veranlasste daraufhin die Feststellung der Personalien dort anwesender Personen.

In einer Erklärung ging der angeklagte Kriegsgegner auf den Inhalt des Transparents mit den Worten ein: "Auf dem Transparent stand nichts als die Wahrheit, eine Wahrheit die allen bekannt war und ist." und führte weiter aus: "Im Verlauf der Bombardierung wurden über 600 Zivilisten getötet... Hinter dem Begriff 'Kollateralschaden' sollte die Wahrheit versteckt werden, dass der Krieg ein Krieg gegen die Bevölkerung war", was durch die allgemein bekannten Tatsachen, wie die Bombardierung von Flüchtlingstrecks, Fabriken, Schulen, Krankenhäusern, einem voll besetzten Personenzug, Brücken, Wohngebieten, Elektrizitätswerken, Treibstofflagern, der chinesischen Botschaft sowie des staatlichen Fernsehens ausreichend belegt sei. "Es ging in diesem Krieg nicht im Entferntesten um irgend etwas annähernd Humanitäres."

Auf die aktuelle Debatte um die Verwendung uranhaltiger Munition ging er mit folgenden Worten ein: "Der Krieg gegen Jugoslawien geht auch heute noch weiter. Nicht mehr offiziell und nicht mehr in Form von Bomben aus der Luft. Aber sein Ausmaß steigert sich von Tag zu Tag und frisst sich über Generationen in alles Lebende. Das ist bewusster und kalkulierter Teil dieses Krieges. Ich meine den Einsatz von Uranmunition.

Hierzulande haben die Medien das Thema (wieder)entdeckt und klagen über an Krebs und Leukämie erkrankte Soldaten. Den Tausenden erkrankter Menschen aus der Bevölkerung Iraks, Bosniens, Jugoslawiens wird keine weitere Beachtung geschenkt. Aufgrund der Tatsache, dass ein Clinton, ein Schröder, genauso auch ein Scharping und Fischer und wie sie noch alle heißen mögen, genau wussten, welches Gift sie auf dieses Land werfen und dass sie mit diesem 'humanitären Einsatz' weite Teile der Region verseuchen, ist die momentane Betriebsamkeit mit der (angeblich) aufgeklärt werden soll und die (scheinheilige) Betroffenheit nur noch als Verhöhnung der Opfer in den betroffenen Regionen zu verstehen."

Zum Schluss der Erklärung betonte der angeklagte Kriegsgegner: "Diese Kriegführung, Erpressung, Ausbeutung, Zerstörung und Verseuchung ist 'Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln'. Und die Schröder, Scharping, Fischer, etc. sind die mörderischen Akteure dieser Verbrechen, die sie im Namen der 'westlichen Werte', ihrer 'Demokratie' und der Menschenrechte anzetteln und durchführen. Doch in Realität geht es einzig und allein um Megaprofite der Industrie und ihrer Konzerne, die nur einer kleinen Schicht zugute kommen, während sich die Kluft zwischen arm und reich vergrößert. ...So stehen allerorts GegnerInnen des NATO-Angriffskrieges vor Gericht, während diejenigen, die ihn angezettelt und durchgeführt haben, weiterhin an den Schalthebeln der Macht sitzen."

Während die Verteidigung für Freispruch plädierte, weil der Polizeieinsatz auf der Verletzung von Grundrechten basierte (Versammlungsrecht, etc.) und noch einmal die politische Dimension und die Ungeheuerlichkeit der NATO-Verbrechen gegen Jugoslawien darstellte, war das Gericht bemüht, eben diese politische Dimension aus seiner Urteilsfindung herauszunehmen. So kam Amtsrichter Wolfram schließlich zum Urteilsspruch von 30 Tagessätzen zu je 15.- DM.

Es bleibt der Schlusssatz von Hans F.: "Dieses (kapitalistische) System kann die Probleme der Menschheit nicht lösen, doch die Probleme werden gelöst werden, ganz gleich, wie heute hier geurteilt wird."

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